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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

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chen Normen er sie regieren wolle. Die Gesetze
sind nicht um des Einzelnen, nicht um des Regie-
renden willen, sondern zum allgemeinen Besten der
Gesellschaft da. Deshalb müssen sie auch von die-
ser gegeben und vorgeschrieben werden, wie es ihr
Bestes erfodert; nicht von dem Vorsteher, wie er
es seiner Willkühr, seinen Launen, seinen Leiden-
schaften ersprießlich und zuträglich findet. Er kann,
von dem Standpunkte aus, auf welchem er steht,
nicht so gut beurtheilen, und wenn er gleich ein
Salomo wäre, was den einzelnen Klassen und dem
Ganzen nützlich und vortheilhaft seyn, was ihnen
schaden könne, als die Gesellschaft, deren Vorsteher
er ist, selbst es vermag. Darum muß er -- wenn
er anders nicht von Wahn und despotischer Will-
kühr verblendet, wenn er kein Tyrann ist -- die
Stimmen der einzelnen Klassen und der ganzen
Gesellschaft vernehmen, und sich auf die Vollziehung
ihrer Beschlüsse beschränken. Doch muß das Recht
dergleichen Beschlüsse zu fassen, nie auf gewisse
erbliche Kasten, auf Familien und auf Erdschollen
beschränkt seyn; jeder Staatsbürger muß die Be-
fugniß haben, für sein Bestes zu sprechen, oder
durch seinen Vertreter sprechen zu lassen; sonst ist
er kein Staatsbürger mehr, sondern ein elender
Sklave fremder Willkühr.

Ein Fürstenerzieher, der als erster Kammer-
diener oder Lakai demuthsvoll hinter dem Stuhle

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chen Normen er ſie regieren wolle. Die Geſetze
ſind nicht um des Einzelnen, nicht um des Regie-
renden willen, ſondern zum allgemeinen Beſten der
Geſellſchaft da. Deshalb muͤſſen ſie auch von die-
ſer gegeben und vorgeſchrieben werden, wie es ihr
Beſtes erfodert; nicht von dem Vorſteher, wie er
es ſeiner Willkuͤhr, ſeinen Launen, ſeinen Leiden-
ſchaften erſprießlich und zutraͤglich findet. Er kann,
von dem Standpunkte aus, auf welchem er ſteht,
nicht ſo gut beurtheilen, und wenn er gleich ein
Salomo waͤre, was den einzelnen Klaſſen und dem
Ganzen nuͤtzlich und vortheilhaft ſeyn, was ihnen
ſchaden koͤnne, als die Geſellſchaft, deren Vorſteher
er iſt, ſelbſt es vermag. Darum muß er — wenn
er anders nicht von Wahn und despotiſcher Will-
kuͤhr verblendet, wenn er kein Tyrann iſt — die
Stimmen der einzelnen Klaſſen und der ganzen
Geſellſchaft vernehmen, und ſich auf die Vollziehung
ihrer Beſchluͤſſe beſchraͤnken. Doch muß das Recht
dergleichen Beſchluͤſſe zu faſſen, nie auf gewiſſe
erbliche Kaſten, auf Familien und auf Erdſchollen
beſchraͤnkt ſeyn; jeder Staatsbuͤrger muß die Be-
fugniß haben, fuͤr ſein Beſtes zu ſprechen, oder
durch ſeinen Vertreter ſprechen zu laſſen; ſonſt iſt
er kein Staatsbuͤrger mehr, ſondern ein elender
Sklave fremder Willkuͤhr.

Ein Fuͤrſtenerzieher, der als erſter Kammer-
diener oder Lakai demuthsvoll hinter dem Stuhle

16 *
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[187/0187] chen Normen er ſie regieren wolle. Die Geſetze ſind nicht um des Einzelnen, nicht um des Regie- renden willen, ſondern zum allgemeinen Beſten der Geſellſchaft da. Deshalb muͤſſen ſie auch von die- ſer gegeben und vorgeſchrieben werden, wie es ihr Beſtes erfodert; nicht von dem Vorſteher, wie er es ſeiner Willkuͤhr, ſeinen Launen, ſeinen Leiden- ſchaften erſprießlich und zutraͤglich findet. Er kann, von dem Standpunkte aus, auf welchem er ſteht, nicht ſo gut beurtheilen, und wenn er gleich ein Salomo waͤre, was den einzelnen Klaſſen und dem Ganzen nuͤtzlich und vortheilhaft ſeyn, was ihnen ſchaden koͤnne, als die Geſellſchaft, deren Vorſteher er iſt, ſelbſt es vermag. Darum muß er — wenn er anders nicht von Wahn und despotiſcher Will- kuͤhr verblendet, wenn er kein Tyrann iſt — die Stimmen der einzelnen Klaſſen und der ganzen Geſellſchaft vernehmen, und ſich auf die Vollziehung ihrer Beſchluͤſſe beſchraͤnken. Doch muß das Recht dergleichen Beſchluͤſſe zu faſſen, nie auf gewiſſe erbliche Kaſten, auf Familien und auf Erdſchollen beſchraͤnkt ſeyn; jeder Staatsbuͤrger muß die Be- fugniß haben, fuͤr ſein Beſtes zu ſprechen, oder durch ſeinen Vertreter ſprechen zu laſſen; ſonſt iſt er kein Staatsbuͤrger mehr, ſondern ein elender Sklave fremder Willkuͤhr. Ein Fuͤrſtenerzieher, der als erſter Kammer- diener oder Lakai demuthsvoll hinter dem Stuhle 16 *

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/187>, abgerufen am 27.11.2024.