erstern stammt von dem letztern her; ohne dieses ist Er nichts. Er ist um des Volkes willen, nicht aber das Volk um seinetwillen da. Alle Macht, die ihm gegeben ward, ward ihm vom Volke gegeben und er soll sie zum Besten, nicht zur Unterdrückung desselben verwenden. Dafür ist er der erste Bürger im Staat, und genießt, als sol- cher, das größte Ansehen und die meisten Vorzüge und Einkünfte. Wo der Fürst sein Jnteresse als geschieden von dem des Volkes oder wohl gar als demselben entgegen gesetzt betrachtet; |wo er die Freiheiten der Staatsbürger auf alle Weise zu be- schränken, seine Gewalt immer mehr zu erweitern strebt; wo er den Staat für einen Marstall, und die Bürger für seine eigenthümlichen Rosse und Lastthiere hält, die thun und leiden müssen, was ihm beliebt; wo er sich als den Grundeigenthümer des Landes mit Allem, was auf und unter der Erde ist, ansieht; wo nach Ludwig des Vierzehnten Grundsatz: l' etat c'est moi! der Regierende der Staat, der Zweck von Allem, und die Regierten blos Werkzeuge und Mittel sind, wo man von den letztern begehrt, sie sollen als geist- und leblose Sachen mit sich schalten und walten lassen, wie es dem durchlauchtigsten Herrscher gefällt; sich allen seinen Verfügungen und thörichten Einfällen unter- werfen; Vermögen, Blut und Leben hergeben, ohne laut zu fragen: wie? wozu? und warum? ohne
erſtern ſtammt von dem letztern her; ohne dieſes iſt Er nichts. Er iſt um des Volkes willen, nicht aber das Volk um ſeinetwillen da. Alle Macht, die ihm gegeben ward, ward ihm vom Volke gegeben und er ſoll ſie zum Beſten, nicht zur Unterdruͤckung deſſelben verwenden. Dafuͤr iſt er der erſte Buͤrger im Staat, und genießt, als ſol- cher, das groͤßte Anſehen und die meiſten Vorzuͤge und Einkuͤnfte. Wo der Fuͤrſt ſein Jntereſſe als geſchieden von dem des Volkes oder wohl gar als demſelben entgegen geſetzt betrachtet; |wo er die Freiheiten der Staatsbuͤrger auf alle Weiſe zu be- ſchraͤnken, ſeine Gewalt immer mehr zu erweitern ſtrebt; wo er den Staat fuͤr einen Marſtall, und die Buͤrger fuͤr ſeine eigenthuͤmlichen Roſſe und Laſtthiere haͤlt, die thun und leiden muͤſſen, was ihm beliebt; wo er ſich als den Grundeigenthuͤmer des Landes mit Allem, was auf und unter der Erde iſt, anſieht; wo nach Ludwig des Vierzehnten Grundſatz: l’ état c’est moi! der Regierende der Staat, der Zweck von Allem, und die Regierten blos Werkzeuge und Mittel ſind, wo man von den letztern begehrt, ſie ſollen als geiſt- und lebloſe Sachen mit ſich ſchalten und walten laſſen, wie es dem durchlauchtigſten Herrſcher gefaͤllt; ſich allen ſeinen Verfuͤgungen und thoͤrichten Einfaͤllen unter- werfen; Vermoͤgen, Blut und Leben hergeben, ohne laut zu fragen: wie? wozu? und warum? ohne
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erſtern ſtammt von dem letztern her; ohne dieſes
iſt Er nichts. Er iſt um des Volkes willen,
nicht aber das Volk um ſeinetwillen da. Alle
Macht, die ihm gegeben ward, ward ihm vom
Volke gegeben und er ſoll ſie zum Beſten, nicht zur
Unterdruͤckung deſſelben verwenden. Dafuͤr iſt er
der erſte Buͤrger im Staat, und genießt, als ſol-
cher, das groͤßte Anſehen und die meiſten Vorzuͤge
und Einkuͤnfte. Wo der Fuͤrſt ſein Jntereſſe als
geſchieden von dem des Volkes oder wohl gar als
demſelben entgegen geſetzt betrachtet; |wo er die
Freiheiten der Staatsbuͤrger auf alle Weiſe zu be-
ſchraͤnken, ſeine Gewalt immer mehr zu erweitern
ſtrebt; wo er den Staat fuͤr einen Marſtall, und
die Buͤrger fuͤr ſeine eigenthuͤmlichen Roſſe und
Laſtthiere haͤlt, die thun und leiden muͤſſen, was
ihm beliebt; wo er ſich als den Grundeigenthuͤmer
des Landes mit Allem, was auf und unter der
Erde iſt, anſieht; wo nach Ludwig des Vierzehnten
Grundſatz: l’ état c’est moi! der Regierende der
Staat, der Zweck von Allem, und die Regierten
blos Werkzeuge und Mittel ſind, wo man von den
letztern begehrt, ſie ſollen als geiſt- und lebloſe
Sachen mit ſich ſchalten und walten laſſen, wie es
dem durchlauchtigſten Herrſcher gefaͤllt; ſich allen
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/166>, abgerufen am 26.11.2024.
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