Erwerbfleiß ihrer Unterthanen durch ungeheure Ab- gaben, die zu unnützen, oft sogar zu schändlichen und schlechten Zwecken verwandt werden; durch Monopole und andere Krebsschäden niedergedrückt; nie werden sich unter ihren Fittigen Handlung, Gewerbe und Landbau zu wirklichem Flor erheben, denn das schmerzhafte, ängstigende Bewußtseyn der Unterthanen, daß ihre Rechte in Rücksicht des Er- worbenen auf keine Weise gesichert sind; daß der eigennützige habsüchtige Herrscher, wenn ihm es gefällt, die Früchte ihres Fleißes und ihrer Arbei- ten ihnen zu jeder Stunde entreißen kann; wird Kraft, Muth und Neigung bei ihnen kähmen, und sie von allen wichtigen Unternehmungen und An- strengungen zurück schrecken. Daher sticht auch das laute, rege Leben in kleinen Städten, welche unter dem Scepter eines guten Regenten stehen, und einer liberalen Verfassung sich erfreuen, gar wun- derbar ab gegen die todte Stille in jenen ungeheuern Massen von Palästen und Häusern, wo der Herr- scher von einem Sohne Ketura's sich zum Unglück seiner Unterthanen leiten läßt. Jn einem Lande, wo Jhr den Arbeiter mit mißmüthigem, kummer- vollen Blick hinter dem Pfluge herschleichen seht; wo Jhr kein frohes Lied des Schnitters, sondern vielleicht nur hin und wieder einen andächtigen Bußpsalm oder dergleichen vernehmt; wo nirgend frohes Gelächter Euch in den Dörfern und auf
Erwerbfleiß ihrer Unterthanen durch ungeheure Ab- gaben, die zu unnuͤtzen, oft ſogar zu ſchaͤndlichen und ſchlechten Zwecken verwandt werden; durch Monopole und andere Krebsſchaͤden niedergedruͤckt; nie werden ſich unter ihren Fittigen Handlung, Gewerbe und Landbau zu wirklichem Flor erheben, denn das ſchmerzhafte, aͤngſtigende Bewußtſeyn der Unterthanen, daß ihre Rechte in Ruͤckſicht des Er- worbenen auf keine Weiſe geſichert ſind; daß der eigennuͤtzige habſuͤchtige Herrſcher, wenn ihm es gefaͤllt, die Fruͤchte ihres Fleißes und ihrer Arbei- ten ihnen zu jeder Stunde entreißen kann; wird Kraft, Muth und Neigung bei ihnen kaͤhmen, und ſie von allen wichtigen Unternehmungen und An- ſtrengungen zuruͤck ſchrecken. Daher ſticht auch das laute, rege Leben in kleinen Staͤdten, welche unter dem Scepter eines guten Regenten ſtehen, und einer liberalen Verfaſſung ſich erfreuen, gar wun- derbar ab gegen die todte Stille in jenen ungeheuern Maſſen von Palaͤſten und Haͤuſern, wo der Herr- ſcher von einem Sohne Ketura’s ſich zum Ungluͤck ſeiner Unterthanen leiten laͤßt. Jn einem Lande, wo Jhr den Arbeiter mit mißmuͤthigem, kummer- vollen Blick hinter dem Pfluge herſchleichen ſeht; wo Jhr kein frohes Lied des Schnitters, ſondern vielleicht nur hin und wieder einen andaͤchtigen Bußpſalm oder dergleichen vernehmt; wo nirgend frohes Gelaͤchter Euch in den Doͤrfern und auf
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Erwerbfleiß ihrer Unterthanen durch ungeheure Ab-
gaben, die zu unnuͤtzen, oft ſogar zu ſchaͤndlichen
und ſchlechten Zwecken verwandt werden; durch
Monopole und andere Krebsſchaͤden niedergedruͤckt;
nie werden ſich unter ihren Fittigen Handlung,
Gewerbe und Landbau zu wirklichem Flor erheben,
denn das ſchmerzhafte, aͤngſtigende Bewußtſeyn der
Unterthanen, daß ihre Rechte in Ruͤckſicht des Er-
worbenen auf keine Weiſe geſichert ſind; daß der
eigennuͤtzige habſuͤchtige Herrſcher, wenn ihm es
gefaͤllt, die Fruͤchte ihres Fleißes und ihrer Arbei-
ten ihnen zu jeder Stunde entreißen kann; wird
Kraft, Muth und Neigung bei ihnen kaͤhmen, und
ſie von allen wichtigen Unternehmungen und An-
ſtrengungen zuruͤck ſchrecken. Daher ſticht auch das
laute, rege Leben in kleinen Staͤdten, welche unter
dem Scepter eines guten Regenten ſtehen, und
einer liberalen Verfaſſung ſich erfreuen, gar wun-
derbar ab gegen die todte Stille in jenen ungeheuern
Maſſen von Palaͤſten und Haͤuſern, wo der Herr-
ſcher von einem Sohne Ketura’s ſich zum Ungluͤck
ſeiner Unterthanen leiten laͤßt. Jn einem Lande,
wo Jhr den Arbeiter mit mißmuͤthigem, kummer-
vollen Blick hinter dem Pfluge herſchleichen ſeht;
wo Jhr kein frohes Lied des Schnitters, ſondern
vielleicht nur hin und wieder einen andaͤchtigen
Bußpſalm oder dergleichen vernehmt; wo nirgend
frohes Gelaͤchter Euch in den Doͤrfern und auf
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/148>, abgerufen am 24.11.2024.
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