Die Juden machen zwar einen wichtigen Unter- schied zwischen Schulen und Synagogen, der aber heutiges Tages fast ganz hinweg fällt. Synagogen nemlich werden diejenigen Gebäude genannt, wel- che blos der Verrichtung des kirchlichen Gottesdien- stes und gewisser Religionsgebräuche gewidmet sind. Jn den Schulen hingegen wird das Gesetz gelehrt und gelernt, und da dies die höchste Art der Got- tesverehrung seyn soll, so werden auch die Schulen höher, als die Synagogen geachtet. Man kann daher wohl aus einer Synagoge eine Schule ma- chen, aber nicht umgekehrt. Jetzt nimmt man in- dessen beide Benennungen für gleichbedeutend.
Die Synagogen werden, wo möglich, an den erhabensten Platz der Stadt gebauet, wo sich die Judengemeinde befindet, und müssen, wenn es ir- gend seyn kann, über alle andern Gebäude hervor-
*) Diese Abhandlung hätte vielleicht mancher Leser vor den Fest- und Feiertagen erwartet. Wichtige Ur- sachen, deren Ausführung hier zu umständlich seyn würde, veranlaßten mich aber, derselben ihren ge- genwärtigen Platz anzuweisen.
Von den Schulen und Synagogen *).
Die Juden machen zwar einen wichtigen Unter- ſchied zwiſchen Schulen und Synagogen, der aber heutiges Tages faſt ganz hinweg faͤllt. Synagogen nemlich werden diejenigen Gebaͤude genannt, wel- che blos der Verrichtung des kirchlichen Gottesdien- ſtes und gewiſſer Religionsgebraͤuche gewidmet ſind. Jn den Schulen hingegen wird das Geſetz gelehrt und gelernt, und da dies die hoͤchſte Art der Got- tesverehrung ſeyn ſoll, ſo werden auch die Schulen hoͤher, als die Synagogen geachtet. Man kann daher wohl aus einer Synagoge eine Schule ma- chen, aber nicht umgekehrt. Jetzt nimmt man in- deſſen beide Benennungen fuͤr gleichbedeutend.
Die Synagogen werden, wo moͤglich, an den erhabenſten Platz der Stadt gebauet, wo ſich die Judengemeinde befindet, und muͤſſen, wenn es ir- gend ſeyn kann, uͤber alle andern Gebaͤude hervor-
*) Dieſe Abhandlung haͤtte vielleicht mancher Leſer vor den Feſt- und Feiertagen erwartet. Wichtige Ur- ſachen, deren Ausfuͤhrung hier zu umſtaͤndlich ſeyn wuͤrde, veranlaßten mich aber, derſelben ihren ge- genwaͤrtigen Platz anzuweiſen.
<TEI><text><body><pbfacs="#f0418"n="418"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="1"><head>Von den Schulen und Synagogen <noteplace="foot"n="*)">Dieſe Abhandlung haͤtte vielleicht mancher Leſer vor<lb/>
den Feſt- und Feiertagen erwartet. Wichtige Ur-<lb/>ſachen, deren Ausfuͤhrung hier zu umſtaͤndlich ſeyn<lb/>
wuͤrde, veranlaßten mich aber, derſelben ihren ge-<lb/>
genwaͤrtigen Platz anzuweiſen.</note>.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ie Juden machen zwar einen wichtigen Unter-<lb/>ſchied zwiſchen Schulen und Synagogen, der aber<lb/>
heutiges Tages faſt ganz hinweg faͤllt. Synagogen<lb/>
nemlich werden diejenigen Gebaͤude genannt, wel-<lb/>
che blos der Verrichtung des kirchlichen Gottesdien-<lb/>ſtes und gewiſſer Religionsgebraͤuche gewidmet ſind.<lb/>
Jn den Schulen hingegen wird das Geſetz gelehrt<lb/>
und gelernt, und da dies die hoͤchſte Art der Got-<lb/>
tesverehrung ſeyn ſoll, ſo werden auch die Schulen<lb/>
hoͤher, als die Synagogen geachtet. Man kann<lb/>
daher wohl aus einer Synagoge eine Schule ma-<lb/>
chen, aber nicht umgekehrt. Jetzt nimmt man in-<lb/>
deſſen beide Benennungen fuͤr gleichbedeutend.</p><lb/><p>Die Synagogen werden, wo moͤglich, an den<lb/>
erhabenſten Platz der Stadt gebauet, wo ſich die<lb/>
Judengemeinde befindet, und muͤſſen, wenn es ir-<lb/>
gend ſeyn kann, uͤber alle andern Gebaͤude hervor-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[418/0418]
Von den Schulen und Synagogen *).
Die Juden machen zwar einen wichtigen Unter-
ſchied zwiſchen Schulen und Synagogen, der aber
heutiges Tages faſt ganz hinweg faͤllt. Synagogen
nemlich werden diejenigen Gebaͤude genannt, wel-
che blos der Verrichtung des kirchlichen Gottesdien-
ſtes und gewiſſer Religionsgebraͤuche gewidmet ſind.
Jn den Schulen hingegen wird das Geſetz gelehrt
und gelernt, und da dies die hoͤchſte Art der Got-
tesverehrung ſeyn ſoll, ſo werden auch die Schulen
hoͤher, als die Synagogen geachtet. Man kann
daher wohl aus einer Synagoge eine Schule ma-
chen, aber nicht umgekehrt. Jetzt nimmt man in-
deſſen beide Benennungen fuͤr gleichbedeutend.
Die Synagogen werden, wo moͤglich, an den
erhabenſten Platz der Stadt gebauet, wo ſich die
Judengemeinde befindet, und muͤſſen, wenn es ir-
gend ſeyn kann, uͤber alle andern Gebaͤude hervor-
*) Dieſe Abhandlung haͤtte vielleicht mancher Leſer vor
den Feſt- und Feiertagen erwartet. Wichtige Ur-
ſachen, deren Ausfuͤhrung hier zu umſtaͤndlich ſeyn
wuͤrde, veranlaßten mich aber, derſelben ihren ge-
genwaͤrtigen Platz anzuweiſen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/418>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.