Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite



Tag des Aufenthalts genannt, weil man an dem-
selben noch einen Tag länger, als eigentlich das
Laubhüttenfest dauerte, in Jerusalem bleiben mußte.

An dem Tage Azeres wird noch zu Mittage
in den Hütten gegessen; allein diese werden nicht
mehr eingesegnet, wie sonst an jedem Tage gesche-
hen muß; vielmehr trägt man schon am Morgen
unheilige Töpfe und Sachen dahin, und sucht sie
nach dem Essen noch auf andere Weise möglichst zu
verunreinigen, damit man um so mehr Ursache habe,
sich wieder in seine Häuser zu begeben. Abends
beim Auszuge aus den Hütten ertönt von allen
Seiten der sehnsuchtsvolle Wunsch: gebe doch der
Herr unser Gott, ein König der Welt, daß wir
künftiges Jahr in den Hütten des Leviathan wohn-
ten! Eine Anspielung auf den großen Fisch, womit
der Messias dereinst seine israelitischen Küchlein
bewirthen wird. Nach dieser ungeheuern Forelle
wässert Abrahams eßlustigem Saamen schon lange
der Mund!

Wegen übler Witterung, selbst wenn es noch
so sehr regnete, darf man nicht aus den Hütten
laufen, sondern muß traurig und kummervoll her-
aus schleichen, und denken, daß der heilige, hoch-
gelobte Gott zornig sey, und nicht wolle, daß man
jetzt seine Gebote halten solle. Es geht, sprechen
unsere Rabbinen gesegneten Andenkens, es geht mit
ihm, wie mit einem vornehmen Herrn, dem sein



Tag des Aufenthalts genannt, weil man an dem-
ſelben noch einen Tag laͤnger, als eigentlich das
Laubhuͤttenfeſt dauerte, in Jeruſalem bleiben mußte.

An dem Tage Azeres wird noch zu Mittage
in den Huͤtten gegeſſen; allein dieſe werden nicht
mehr eingeſegnet, wie ſonſt an jedem Tage geſche-
hen muß; vielmehr traͤgt man ſchon am Morgen
unheilige Toͤpfe und Sachen dahin, und ſucht ſie
nach dem Eſſen noch auf andere Weiſe moͤglichſt zu
verunreinigen, damit man um ſo mehr Urſache habe,
ſich wieder in ſeine Haͤuſer zu begeben. Abends
beim Auszuge aus den Huͤtten ertoͤnt von allen
Seiten der ſehnſuchtsvolle Wunſch: gebe doch der
Herr unſer Gott, ein Koͤnig der Welt, daß wir
kuͤnftiges Jahr in den Huͤtten des Leviathan wohn-
ten! Eine Anſpielung auf den großen Fiſch, womit
der Meſſias dereinſt ſeine iſraelitiſchen Kuͤchlein
bewirthen wird. Nach dieſer ungeheuern Forelle
waͤſſert Abrahams eßluſtigem Saamen ſchon lange
der Mund!

Wegen uͤbler Witterung, ſelbſt wenn es noch
ſo ſehr regnete, darf man nicht aus den Huͤtten
laufen, ſondern muß traurig und kummervoll her-
aus ſchleichen, und denken, daß der heilige, hoch-
gelobte Gott zornig ſey, und nicht wolle, daß man
jetzt ſeine Gebote halten ſolle. Es geht, ſprechen
unſere Rabbinen geſegneten Andenkens, es geht mit
ihm, wie mit einem vornehmen Herrn, dem ſein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0349" n="349"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Tag des Aufenthalts genannt, weil man an dem-<lb/>
&#x017F;elben noch einen Tag la&#x0364;nger, als eigentlich das<lb/>
Laubhu&#x0364;ttenfe&#x017F;t dauerte, in Jeru&#x017F;alem bleiben mußte.</p><lb/>
        <p>An dem Tage Azeres wird noch zu Mittage<lb/>
in den Hu&#x0364;tten gege&#x017F;&#x017F;en; allein die&#x017F;e werden nicht<lb/>
mehr einge&#x017F;egnet, wie &#x017F;on&#x017F;t an jedem Tage ge&#x017F;che-<lb/>
hen muß; vielmehr tra&#x0364;gt man &#x017F;chon am Morgen<lb/>
unheilige To&#x0364;pfe und Sachen dahin, und &#x017F;ucht &#x017F;ie<lb/>
nach dem E&#x017F;&#x017F;en noch auf andere Wei&#x017F;e mo&#x0364;glich&#x017F;t zu<lb/>
verunreinigen, damit man um &#x017F;o mehr Ur&#x017F;ache habe,<lb/>
&#x017F;ich wieder in &#x017F;eine Ha&#x0364;u&#x017F;er zu begeben. Abends<lb/>
beim Auszuge aus den Hu&#x0364;tten erto&#x0364;nt von allen<lb/>
Seiten der &#x017F;ehn&#x017F;uchtsvolle Wun&#x017F;ch: gebe doch der<lb/>
Herr un&#x017F;er Gott, ein Ko&#x0364;nig der Welt, daß wir<lb/>
ku&#x0364;nftiges Jahr in den Hu&#x0364;tten des Leviathan wohn-<lb/>
ten! Eine An&#x017F;pielung auf den großen Fi&#x017F;ch, womit<lb/>
der Me&#x017F;&#x017F;ias derein&#x017F;t &#x017F;eine i&#x017F;raeliti&#x017F;chen Ku&#x0364;chlein<lb/>
bewirthen wird. Nach die&#x017F;er ungeheuern Forelle<lb/>
wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;ert Abrahams eßlu&#x017F;tigem Saamen &#x017F;chon lange<lb/>
der Mund!</p><lb/>
        <p>Wegen u&#x0364;bler Witterung, &#x017F;elb&#x017F;t wenn es noch<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr regnete, darf man nicht aus den Hu&#x0364;tten<lb/>
laufen, &#x017F;ondern muß traurig und kummervoll her-<lb/>
aus &#x017F;chleichen, und denken, daß der heilige, hoch-<lb/>
gelobte Gott zornig &#x017F;ey, und nicht wolle, daß man<lb/>
jetzt &#x017F;eine Gebote halten &#x017F;olle. Es geht, &#x017F;prechen<lb/>
un&#x017F;ere Rabbinen ge&#x017F;egneten Andenkens, es geht mit<lb/>
ihm, wie mit einem vornehmen Herrn, dem &#x017F;ein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0349] Tag des Aufenthalts genannt, weil man an dem- ſelben noch einen Tag laͤnger, als eigentlich das Laubhuͤttenfeſt dauerte, in Jeruſalem bleiben mußte. An dem Tage Azeres wird noch zu Mittage in den Huͤtten gegeſſen; allein dieſe werden nicht mehr eingeſegnet, wie ſonſt an jedem Tage geſche- hen muß; vielmehr traͤgt man ſchon am Morgen unheilige Toͤpfe und Sachen dahin, und ſucht ſie nach dem Eſſen noch auf andere Weiſe moͤglichſt zu verunreinigen, damit man um ſo mehr Urſache habe, ſich wieder in ſeine Haͤuſer zu begeben. Abends beim Auszuge aus den Huͤtten ertoͤnt von allen Seiten der ſehnſuchtsvolle Wunſch: gebe doch der Herr unſer Gott, ein Koͤnig der Welt, daß wir kuͤnftiges Jahr in den Huͤtten des Leviathan wohn- ten! Eine Anſpielung auf den großen Fiſch, womit der Meſſias dereinſt ſeine iſraelitiſchen Kuͤchlein bewirthen wird. Nach dieſer ungeheuern Forelle waͤſſert Abrahams eßluſtigem Saamen ſchon lange der Mund! Wegen uͤbler Witterung, ſelbſt wenn es noch ſo ſehr regnete, darf man nicht aus den Huͤtten laufen, ſondern muß traurig und kummervoll her- aus ſchleichen, und denken, daß der heilige, hoch- gelobte Gott zornig ſey, und nicht wolle, daß man jetzt ſeine Gebote halten ſolle. Es geht, ſprechen unſere Rabbinen geſegneten Andenkens, es geht mit ihm, wie mit einem vornehmen Herrn, dem ſein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/349
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/349>, abgerufen am 22.11.2024.