Klippe gerathe, die ich gerne umgehen möchte. Jch lasse daher einen Mann für mich sprechen, mit dem ich in dieser Hinsicht vollkommen überein stim- me, so sehr ich in andern Dingen von ihm ab- weiche.
"Allerdings, sagt der edle, geistreiche Dohm*), ist die Lehre von der Vergebung der Sünden und der durch gewisse Heilmittel urplötzlich zu bewirken- den Seelen - Reinigkeit und Gewißheit der ewigen Seligkeit in der jüdischen und noch wohl mehr der christlichen Theologie oft so vorgestellt worden, daß sie den gesunden Menschenverstand und das gerade Gefühl von Recht und Unrecht irre führen, auf die Moralität des gemeinen Mannes einen schädlichen Einfluß beweisen, und seine ohnedem wenig ent- wickelten Begriffe von dem, was eigentlich in diesem und einem andern Leben ihn glücklich machen könne, noch mehr verwirren muß. Die leider, nur noch immer zu sehr herrschende Lehre von der allein selig machenden Kraft eines gewissen Glaubens, eines fremden, uns angerechneten Verdienstes, von der Entbehrlichkeit, Schädlichkeit sogar der guten Werke, die vermeinte Leichtigkeit auch für den verworfen- sten Menschen durch Beobachtung religiöser Ceremo- nien und die an Gottes statt erhaltene Sündenver-
*) M. s. Ch. W. Dohm über die bürgerliche Verbes- serung der Juden. Th. 2. S. 326 -- 328.
Klippe gerathe, die ich gerne umgehen moͤchte. Jch laſſe daher einen Mann fuͤr mich ſprechen, mit dem ich in dieſer Hinſicht vollkommen uͤberein ſtim- me, ſo ſehr ich in andern Dingen von ihm ab- weiche.
»Allerdings, ſagt der edle, geiſtreiche Dohm*), iſt die Lehre von der Vergebung der Suͤnden und der durch gewiſſe Heilmittel urploͤtzlich zu bewirken- den Seelen - Reinigkeit und Gewißheit der ewigen Seligkeit in der juͤdiſchen und noch wohl mehr der chriſtlichen Theologie oft ſo vorgeſtellt worden, daß ſie den geſunden Menſchenverſtand und das gerade Gefuͤhl von Recht und Unrecht irre fuͤhren, auf die Moralitaͤt des gemeinen Mannes einen ſchaͤdlichen Einfluß beweiſen, und ſeine ohnedem wenig ent- wickelten Begriffe von dem, was eigentlich in dieſem und einem andern Leben ihn gluͤcklich machen koͤnne, noch mehr verwirren muß. Die leider, nur noch immer zu ſehr herrſchende Lehre von der allein ſelig machenden Kraft eines gewiſſen Glaubens, eines fremden, uns angerechneten Verdienſtes, von der Entbehrlichkeit, Schaͤdlichkeit ſogar der guten Werke, die vermeinte Leichtigkeit auch fuͤr den verworfen- ſten Menſchen durch Beobachtung religioͤſer Ceremo- nien und die an Gottes ſtatt erhaltene Suͤndenver-
*) M. ſ. Ch. W. Dohm uͤber die buͤrgerliche Verbeſ- ſerung der Juden. Th. 2. S. 326 — 328.
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Klippe gerathe, die ich gerne umgehen moͤchte. Jch
laſſe daher einen Mann fuͤr mich ſprechen, mit
dem ich in dieſer Hinſicht vollkommen uͤberein ſtim-
me, ſo ſehr ich in andern Dingen von ihm ab-
weiche.
»Allerdings, ſagt der edle, geiſtreiche Dohm *),
iſt die Lehre von der Vergebung der Suͤnden und
der durch gewiſſe Heilmittel urploͤtzlich zu bewirken-
den Seelen - Reinigkeit und Gewißheit der ewigen
Seligkeit in der juͤdiſchen und noch wohl mehr der
chriſtlichen Theologie oft ſo vorgeſtellt worden, daß
ſie den geſunden Menſchenverſtand und das gerade
Gefuͤhl von Recht und Unrecht irre fuͤhren, auf die
Moralitaͤt des gemeinen Mannes einen ſchaͤdlichen
Einfluß beweiſen, und ſeine ohnedem wenig ent-
wickelten Begriffe von dem, was eigentlich in dieſem
und einem andern Leben ihn gluͤcklich machen koͤnne,
noch mehr verwirren muß. Die leider, nur noch
immer zu ſehr herrſchende Lehre von der allein ſelig
machenden Kraft eines gewiſſen Glaubens, eines
fremden, uns angerechneten Verdienſtes, von der
Entbehrlichkeit, Schaͤdlichkeit ſogar der guten Werke,
die vermeinte Leichtigkeit auch fuͤr den verworfen-
ſten Menſchen durch Beobachtung religioͤſer Ceremo-
nien und die an Gottes ſtatt erhaltene Suͤndenver-
*) M. ſ. Ch. W. Dohm uͤber die buͤrgerliche Verbeſ-
ſerung der Juden. Th. 2. S. 326 — 328.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/30>, abgerufen am 23.11.2024.
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