Der Ursprung dieses heilsamen Gebets wird von den Talmudisten auf folgende Weise erzählt:
Nach der Zerstörung Jerusalems befahl der gottlose Kaiser Vespasian, welchem die Hölle sey, drei Schiffe mit Juden zu bepacken, und sie ohne Ruder- und Steuermann ins Meer gehen zu las- sen. Durch heftigen Sturm und Ungewitter wur- den diese Schiffe getrennt, und das eine kam bei dem Lande Lovanda, das andere bei dem Lande Arlado und das dritte bei dem Lande Burdeli an. Der König von Burdeli empfieng die Jsraeli- ten sehr freundlich, gab ihnen Felder, Gärten und Weinberge, und ließ sie sich ansiedeln. Sein Nach- folger wüthete aber noch ärger gegen sie, als der böse König Pharao in Aegypten, welchem die Hölle sey, und peinigte sie sehr. Einst sprach er zu ihnen: Jch will versuchen, ob ihr rechte Juden seyd; darum will ich euch gleichfalls in einen feurigen Ofen setzen lassen, wie man ehemals mit Sadrach, Mesech und Abednego gethan hat. Wenn ihr im Feuer nicht schmelzen oder verbrennen werdet, dann will ich euch für ächte Juden halten. Bei diesen entsetzlichen Worten vom feurigen Ofen fingen Jsraels Kinder an, zu zittern und zu zagen und sprachen: Allerdurchlauchtigster König, großmächtigster König, allergnädigster König und Herr, gestatte uns noch drei Tage, wie man den heiligen drei Männern Sadrach, Mesech und Abednego bewilliget hat, um uns vorzubereiten und den heiligen hochgelobten
Der Urſprung dieſes heilſamen Gebets wird von den Talmudiſten auf folgende Weiſe erzaͤhlt:
Nach der Zerſtoͤrung Jeruſalems befahl der gottloſe Kaiſer Vespaſian, welchem die Hoͤlle ſey, drei Schiffe mit Juden zu bepacken, und ſie ohne Ruder- und Steuermann ins Meer gehen zu laſ- ſen. Durch heftigen Sturm und Ungewitter wur- den dieſe Schiffe getrennt, und das eine kam bei dem Lande Lovanda, das andere bei dem Lande Arlado und das dritte bei dem Lande Burdeli an. Der Koͤnig von Burdeli empfieng die Jſraeli- ten ſehr freundlich, gab ihnen Felder, Gaͤrten und Weinberge, und ließ ſie ſich anſiedeln. Sein Nach- folger wuͤthete aber noch aͤrger gegen ſie, als der boͤſe Koͤnig Pharao in Aegypten, welchem die Hoͤlle ſey, und peinigte ſie ſehr. Einſt ſprach er zu ihnen: Jch will verſuchen, ob ihr rechte Juden ſeyd; darum will ich euch gleichfalls in einen feurigen Ofen ſetzen laſſen, wie man ehemals mit Sadrach, Meſech und Abednego gethan hat. Wenn ihr im Feuer nicht ſchmelzen oder verbrennen werdet, dann will ich euch fuͤr aͤchte Juden halten. Bei dieſen entſetzlichen Worten vom feurigen Ofen fingen Jſraels Kinder an, zu zittern und zu zagen und ſprachen: Allerdurchlauchtigſter Koͤnig, großmaͤchtigſter Koͤnig, allergnaͤdigſter Koͤnig und Herr, geſtatte uns noch drei Tage, wie man den heiligen drei Maͤnnern Sadrach, Meſech und Abednego bewilliget hat, um uns vorzubereiten und den heiligen hochgelobten
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Der Urſprung dieſes heilſamen Gebets wird
von den Talmudiſten auf folgende Weiſe erzaͤhlt:
Nach der Zerſtoͤrung Jeruſalems befahl der
gottloſe Kaiſer Vespaſian, welchem die Hoͤlle ſey,
drei Schiffe mit Juden zu bepacken, und ſie ohne
Ruder- und Steuermann ins Meer gehen zu laſ-
ſen. Durch heftigen Sturm und Ungewitter wur-
den dieſe Schiffe getrennt, und das eine kam bei
dem Lande Lovanda, das andere bei dem Lande
Arlado und das dritte bei dem Lande Burdeli
an. Der Koͤnig von Burdeli empfieng die Jſraeli-
ten ſehr freundlich, gab ihnen Felder, Gaͤrten und
Weinberge, und ließ ſie ſich anſiedeln. Sein Nach-
folger wuͤthete aber noch aͤrger gegen ſie, als der
boͤſe Koͤnig Pharao in Aegypten, welchem die Hoͤlle
ſey, und peinigte ſie ſehr. Einſt ſprach er zu
ihnen: Jch will verſuchen, ob ihr rechte Juden ſeyd;
darum will ich euch gleichfalls in einen feurigen
Ofen ſetzen laſſen, wie man ehemals mit Sadrach,
Meſech und Abednego gethan hat. Wenn ihr im
Feuer nicht ſchmelzen oder verbrennen werdet, dann
will ich euch fuͤr aͤchte Juden halten. Bei dieſen
entſetzlichen Worten vom feurigen Ofen fingen Jſraels
Kinder an, zu zittern und zu zagen und ſprachen:
Allerdurchlauchtigſter Koͤnig, großmaͤchtigſter Koͤnig,
allergnaͤdigſter Koͤnig und Herr, geſtatte uns noch
drei Tage, wie man den heiligen drei Maͤnnern
Sadrach, Meſech und Abednego bewilliget hat,
um uns vorzubereiten und den heiligen hochgelobten
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/218>, abgerufen am 23.11.2024.
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