Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.Gesetzbuch ist verbrannt; bei der zweiten Belage- rung Jerusalems haben die Römer die Mauern zersprengt, und dergleichen Unglück mehr, weshalb man jetzt fasten muß. Kein Jsraelit darf während dieser Fasttage mit dem andern vor Gericht erschei- nen, und wer mit einem Christen eine Rechtssache hat, sucht es gleichfalls zu vermeiden, weil er fürchtet, seinen Prozeß zu verlieren. Auch die Schul- meister dürfen nicht, wie sonst, ihre Zöglinge schel- ten, schlagen und züchtigen. Ein Glück für die letztern! 2) Am neunten Julius (oder nach jüdischer zwei
Geſetzbuch iſt verbrannt; bei der zweiten Belage- rung Jeruſalems haben die Roͤmer die Mauern zerſprengt, und dergleichen Ungluͤck mehr, weshalb man jetzt faſten muß. Kein Jſraelit darf waͤhrend dieſer Faſttage mit dem andern vor Gericht erſchei- nen, und wer mit einem Chriſten eine Rechtsſache hat, ſucht es gleichfalls zu vermeiden, weil er fuͤrchtet, ſeinen Prozeß zu verlieren. Auch die Schul- meiſter duͤrfen nicht, wie ſonſt, ihre Zoͤglinge ſchel- ten, ſchlagen und zuͤchtigen. Ein Gluͤck fuͤr die letztern! 2) Am neunten Julius (oder nach juͤdiſcher zwei
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Geſetzbuch iſt verbrannt; bei der zweiten Belage-
rung Jeruſalems haben die Roͤmer die Mauern
zerſprengt, und dergleichen Ungluͤck mehr, weshalb
man jetzt faſten muß. Kein Jſraelit darf waͤhrend
dieſer Faſttage mit dem andern vor Gericht erſchei-
nen, und wer mit einem Chriſten eine Rechtsſache
hat, ſucht es gleichfalls zu vermeiden, weil er
fuͤrchtet, ſeinen Prozeß zu verlieren. Auch die Schul-
meiſter duͤrfen nicht, wie ſonſt, ihre Zoͤglinge ſchel-
ten, ſchlagen und zuͤchtigen. Ein Gluͤck fuͤr die
letztern!
2) Am neunten Julius (oder nach juͤdiſcher
Zeitrechnung des fuͤnften Monats) wird gefaſtet,
weil an dieſem Tage der Tempel zu Jeruſalem an-
gezuͤndet und abgebrannt iſt. Schon am Tage vor-
her ißt man zum Zeichen der Betruͤbniß blos tro-
ckene Huͤlſenfruͤchte, als Erbſen, Linſen und Bohnen,
weil ſie einen ſchwarzen Strich haben, welcher
Trauer bedeutet. Am Faſttage ſelbſt geht man bar-
fuß, ſitzt auf der Erde, beſucht den Begraͤbnißplatz,
fuͤhrt erbauliche Reden, trauert mit den Verſtorbe-
nen uͤber die Zerſtoͤrung Jeruſalems und des Tem-
pels, und liest in den Klagliedern des Jeremias.
Das Abendeſſen iſt dem Faſttage gemaͤß, und be-
ſteht meiſtens in geſottenen Eyern, welche ein Bild
des Leidens ſeyn ſollen, da ſie rund ſind und von
Einem zum Andern laufen. Man ſchlaͤft auch nicht
auf ſo guten Betten, wie gewoͤhnlich; wer ſonſt
zwei
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