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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

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Rabbi Akkiva, auf welchem der Friede sey, nun
sahe, daß er zu wenig hatte, sprach er zum Rabbi
Jehoscha gesegneten Andenkens: gieb mir das Was-
ser, daß ich die Hände mir wasche! Guter Rabbi,
erwiederte Jehoscha, dann behältst du ja gar nichts
zum Trinken! Wer mit ungewaschenen Händen
isset, versetzte Rabbi Akkiva, der ist des Todes
schuldig. Es ist besser, ich sterbe vor Durst, als
daß ich das Gesetz meiner Eltern übertrete*)."

Bei dieser außerordentlichen Waschsucht der
Jsraeliten muß man sich freilich wundern, daß Ge-
sicht und Hände gewöhnlich sehr unrein sind.

Kinder und Gesinde waschen sich zuerst, dann
die Hausfrau und zuletzt der Mann, welcher über
das Brod den Segen spricht. Auf dem Tische muß
nemlich ein ganzes, gut ausgebackenes Brod liegen;
dies nimmt der Hausherr, oder dessen Stellvertre-
ter, macht an einer Seite einen Schnitt, ohne
jedoch ganz durchzuschneiden, und legt es hierauf
nieder. Dann bedeckt er es mit beiden Händen,
die Finger ausgespreitet, und spricht: Gelobt seyst
du Herr unser Gott, König der Welt, daß du das
Brod aus der Erde hervor ziehst. Nun bricht er
das Stück, wo der Schnitt ist, ab, taucht es in
das Salz oder in die Suppe, und ißt es stillschwei-
gend, denn spräche er eine Sylbe, so müßte er

*) Traktat Erubhin Kap. 2.



Rabbi Akkiva, auf welchem der Friede ſey, nun
ſahe, daß er zu wenig hatte, ſprach er zum Rabbi
Jehoſcha geſegneten Andenkens: gieb mir das Waſ-
ſer, daß ich die Haͤnde mir waſche! Guter Rabbi,
erwiederte Jehoſcha, dann behaͤltſt du ja gar nichts
zum Trinken! Wer mit ungewaſchenen Haͤnden
iſſet, verſetzte Rabbi Akkiva, der iſt des Todes
ſchuldig. Es iſt beſſer, ich ſterbe vor Durſt, als
daß ich das Geſetz meiner Eltern uͤbertrete*)

Bei dieſer außerordentlichen Waſchſucht der
Jſraeliten muß man ſich freilich wundern, daß Ge-
ſicht und Haͤnde gewoͤhnlich ſehr unrein ſind.

Kinder und Geſinde waſchen ſich zuerſt, dann
die Hausfrau und zuletzt der Mann, welcher uͤber
das Brod den Segen ſpricht. Auf dem Tiſche muß
nemlich ein ganzes, gut ausgebackenes Brod liegen;
dies nimmt der Hausherr, oder deſſen Stellvertre-
ter, macht an einer Seite einen Schnitt, ohne
jedoch ganz durchzuſchneiden, und legt es hierauf
nieder. Dann bedeckt er es mit beiden Haͤnden,
die Finger ausgeſpreitet, und ſpricht: Gelobt ſeyſt
du Herr unſer Gott, Koͤnig der Welt, daß du das
Brod aus der Erde hervor ziehſt. Nun bricht er
das Stuͤck, wo der Schnitt iſt, ab, taucht es in
das Salz oder in die Suppe, und ißt es ſtillſchwei-
gend, denn ſpraͤche er eine Sylbe, ſo muͤßte er

*) Traktat Erubhin Kap. 2.
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[152/0152] Rabbi Akkiva, auf welchem der Friede ſey, nun ſahe, daß er zu wenig hatte, ſprach er zum Rabbi Jehoſcha geſegneten Andenkens: gieb mir das Waſ- ſer, daß ich die Haͤnde mir waſche! Guter Rabbi, erwiederte Jehoſcha, dann behaͤltſt du ja gar nichts zum Trinken! Wer mit ungewaſchenen Haͤnden iſſet, verſetzte Rabbi Akkiva, der iſt des Todes ſchuldig. Es iſt beſſer, ich ſterbe vor Durſt, als daß ich das Geſetz meiner Eltern uͤbertrete *).« Bei dieſer außerordentlichen Waſchſucht der Jſraeliten muß man ſich freilich wundern, daß Ge- ſicht und Haͤnde gewoͤhnlich ſehr unrein ſind. Kinder und Geſinde waſchen ſich zuerſt, dann die Hausfrau und zuletzt der Mann, welcher uͤber das Brod den Segen ſpricht. Auf dem Tiſche muß nemlich ein ganzes, gut ausgebackenes Brod liegen; dies nimmt der Hausherr, oder deſſen Stellvertre- ter, macht an einer Seite einen Schnitt, ohne jedoch ganz durchzuſchneiden, und legt es hierauf nieder. Dann bedeckt er es mit beiden Haͤnden, die Finger ausgeſpreitet, und ſpricht: Gelobt ſeyſt du Herr unſer Gott, Koͤnig der Welt, daß du das Brod aus der Erde hervor ziehſt. Nun bricht er das Stuͤck, wo der Schnitt iſt, ab, taucht es in das Salz oder in die Suppe, und ißt es ſtillſchwei- gend, denn ſpraͤche er eine Sylbe, ſo muͤßte er *) Traktat Erubhin Kap. 2.

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/152>, abgerufen am 23.11.2024.