Juden, an diesen beiden Tagen mehr, als an den übrigen zu beten."
Jndessen findet man, wie dies auch in andern heiligen Büchern der Fall ist, manche Widersprüche unter den Talmudisten. Rabbi Elieser zum Bei- spiel läßt den Moses nicht in einer Wolke gen Him- mel fahren, sondern als Gott sich auf dem Sinai den Jsraeliten offenbarte, wurde der Berg aus seiner Lage herausgerissen, der Himmel öffnete sich, und der Gipfel des Sinai stieg mit Moses in den Himmel hinein. Gott selbst saß auf seinem Thron, und seine Füße ruheten auf der Finsterniß, womit der Berg bedeckt war. Rach Rabbi Jsmaels Ver- sicherung, dem es der Engel Metatron selbst er- zählt hat, lernte Moses während der vierzig Tage im Himmel nicht allein das Gesetz, sondern auch die sämtlichen Schriften des alten Testaments in siebenzig Sprachen und auf siebenzig verschiedene Arten auswendig. Er vergaß aber alles in einer einzigen Stunde, und Gott sandte ihm den Engel Jefifja, um ihn aufs Neue in die Schule zu neh- men. Man weiß nicht, ob man mehr die schnelle Faßungskraft oder das kurze Gedächtniß des heili- gen Mannes bewundern soll.
Das Gesetz war übrigens schon lange vor Er- schaffung der Welt vorhanden. Als Moses in den Himmel kam, fragten nämlich die Engel den Herrn: Was will der von einem Weibe geborne unter uns?
Juden, an dieſen beiden Tagen mehr, als an den uͤbrigen zu beten.‟
Jndeſſen findet man, wie dies auch in andern heiligen Buͤchern der Fall iſt, manche Widerſpruͤche unter den Talmudiſten. Rabbi Elieſer zum Bei- ſpiel laͤßt den Moſes nicht in einer Wolke gen Him- mel fahren, ſondern als Gott ſich auf dem Sinai den Jſraeliten offenbarte, wurde der Berg aus ſeiner Lage herausgeriſſen, der Himmel oͤffnete ſich, und der Gipfel des Sinai ſtieg mit Moſes in den Himmel hinein. Gott ſelbſt ſaß auf ſeinem Thron, und ſeine Fuͤße ruheten auf der Finſterniß, womit der Berg bedeckt war. Rach Rabbi Jsmaels Ver- ſicherung, dem es der Engel Metatron ſelbſt er- zaͤhlt hat, lernte Moſes waͤhrend der vierzig Tage im Himmel nicht allein das Geſetz, ſondern auch die ſaͤmtlichen Schriften des alten Teſtaments in ſiebenzig Sprachen und auf ſiebenzig verſchiedene Arten auswendig. Er vergaß aber alles in einer einzigen Stunde, und Gott ſandte ihm den Engel Jefifja, um ihn aufs Neue in die Schule zu neh- men. Man weiß nicht, ob man mehr die ſchnelle Faßungskraft oder das kurze Gedaͤchtniß des heili- gen Mannes bewundern ſoll.
Das Geſetz war uͤbrigens ſchon lange vor Er- ſchaffung der Welt vorhanden. Als Moſes in den Himmel kam, fragten naͤmlich die Engel den Herrn: Was will der von einem Weibe geborne unter uns?
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Juden, an dieſen beiden Tagen mehr, als an den
uͤbrigen zu beten.‟
Jndeſſen findet man, wie dies auch in andern
heiligen Buͤchern der Fall iſt, manche Widerſpruͤche
unter den Talmudiſten. Rabbi Elieſer zum Bei-
ſpiel laͤßt den Moſes nicht in einer Wolke gen Him-
mel fahren, ſondern als Gott ſich auf dem Sinai
den Jſraeliten offenbarte, wurde der Berg aus
ſeiner Lage herausgeriſſen, der Himmel oͤffnete ſich,
und der Gipfel des Sinai ſtieg mit Moſes in den
Himmel hinein. Gott ſelbſt ſaß auf ſeinem Thron,
und ſeine Fuͤße ruheten auf der Finſterniß, womit
der Berg bedeckt war. Rach Rabbi Jsmaels Ver-
ſicherung, dem es der Engel Metatron ſelbſt er-
zaͤhlt hat, lernte Moſes waͤhrend der vierzig Tage
im Himmel nicht allein das Geſetz, ſondern auch
die ſaͤmtlichen Schriften des alten Teſtaments in
ſiebenzig Sprachen und auf ſiebenzig verſchiedene
Arten auswendig. Er vergaß aber alles in einer
einzigen Stunde, und Gott ſandte ihm den Engel
Jefifja, um ihn aufs Neue in die Schule zu neh-
men. Man weiß nicht, ob man mehr die ſchnelle
Faßungskraft oder das kurze Gedaͤchtniß des heili-
gen Mannes bewundern ſoll.
Das Geſetz war uͤbrigens ſchon lange vor Er-
ſchaffung der Welt vorhanden. Als Moſes in den
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Was will der von einem Weibe geborne unter uns?
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/96>, abgerufen am 25.11.2024.
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