Hakkadosch), welcher Patriarch und Vorsteher der Schule von Tiberias war, im Jahr 190 (n. Chr.) alle Erklärungen und Sagen, die bis dahin aus den verschiedenen Synagogen hervorgegangen wa- ren, zu sammeln, und die Mischna, welche jetzt den ersten Haupttheil des Talmuds bildet, daraus zu verfertigen. Die Mischna ward in sechs Seda- rim und diese wieder in sechzig Massichtos abge- theilt, und im Jahr 219 n. Chr. von allen jüdi- schen Synagogen angenommen. Jm J. 230 ver- faßte der Rabbi Jochanan einen zweiten Theil des Talmuds unter dem Titel: Gemara, welcher als Erklärung und Ergänzung der Mischna anzu- sehen ist. Beide Werke, die Mischna des Juda und die Gemara des Jochanan werden zusammen der Talmud von Jerusalem genannt, weil ihre Urheber sich in Palästina befanden. Einen fast eben so großen Ruhm, wie Juda der Heilige durch seine Mischna, erwarb sich Jochanan durch die Ge- mara bei den Juden. "Wenn der ganze Himmel Papier, alle Bäume Federn, alle Gewässer Tinte und alle Menschen Schriftsteller wären, sprechen die Hebräer, so würde es doch unmöglich seyn, die Verdienste des Rabbi Jochanan würdig zu preisen." Tadel und Lob der Jsraeliten bestehen, bekanntlich in der Länge und Breite. Um das Jahr 367 be- gann der Rabbi Asce oder Asse, Vorsteher der Schule zu Sora in Babylonien, gleichfalls eine Gemara, die aber bei seinem Tode (427 n. Chr.)
Hakkadoſch), welcher Patriarch und Vorſteher der Schule von Tiberias war, im Jahr 190 (n. Chr.) alle Erklaͤrungen und Sagen, die bis dahin aus den verſchiedenen Synagogen hervorgegangen wa- ren, zu ſammeln, und die Miſchna, welche jetzt den erſten Haupttheil des Talmuds bildet, daraus zu verfertigen. Die Miſchna ward in ſechs Seda- rim und dieſe wieder in ſechzig Maſſichtos abge- theilt, und im Jahr 219 n. Chr. von allen juͤdi- ſchen Synagogen angenommen. Jm J. 230 ver- faßte der Rabbi Jochanan einen zweiten Theil des Talmuds unter dem Titel: Gemara, welcher als Erklaͤrung und Ergaͤnzung der Miſchna anzu- ſehen iſt. Beide Werke, die Miſchna des Juda und die Gemara des Jochanan werden zuſammen der Talmud von Jeruſalem genannt, weil ihre Urheber ſich in Palaͤſtina befanden. Einen faſt eben ſo großen Ruhm, wie Juda der Heilige durch ſeine Miſchna, erwarb ſich Jochanan durch die Ge- mara bei den Juden. „Wenn der ganze Himmel Papier, alle Baͤume Federn, alle Gewaͤſſer Tinte und alle Menſchen Schriftſteller waͤren, ſprechen die Hebraͤer, ſo wuͤrde es doch unmoͤglich ſeyn, die Verdienſte des Rabbi Jochanan wuͤrdig zu preiſen.‟ Tadel und Lob der Jſraeliten beſtehen, bekanntlich in der Laͤnge und Breite. Um das Jahr 367 be- gann der Rabbi Asce oder Aſſe, Vorſteher der Schule zu Sora in Babylonien, gleichfalls eine Gemara, die aber bei ſeinem Tode (427 n. Chr.)
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Hakkadoſch), welcher Patriarch und Vorſteher der
Schule von Tiberias war, im Jahr 190 (n. Chr.)
alle Erklaͤrungen und Sagen, die bis dahin aus
den verſchiedenen Synagogen hervorgegangen wa-
ren, zu ſammeln, und die Miſchna, welche jetzt
den erſten Haupttheil des Talmuds bildet, daraus
zu verfertigen. Die Miſchna ward in ſechs Seda-
rim und dieſe wieder in ſechzig Maſſichtos abge-
theilt, und im Jahr 219 n. Chr. von allen juͤdi-
ſchen Synagogen angenommen. Jm J. 230 ver-
faßte der Rabbi Jochanan einen zweiten Theil
des Talmuds unter dem Titel: Gemara, welcher
als Erklaͤrung und Ergaͤnzung der Miſchna anzu-
ſehen iſt. Beide Werke, die Miſchna des Juda
und die Gemara des Jochanan werden zuſammen
der Talmud von Jeruſalem genannt, weil
ihre Urheber ſich in Palaͤſtina befanden. Einen faſt
eben ſo großen Ruhm, wie Juda der Heilige durch
ſeine Miſchna, erwarb ſich Jochanan durch die Ge-
mara bei den Juden. „Wenn der ganze Himmel
Papier, alle Baͤume Federn, alle Gewaͤſſer Tinte
und alle Menſchen Schriftſteller waͤren, ſprechen
die Hebraͤer, ſo wuͤrde es doch unmoͤglich ſeyn, die
Verdienſte des Rabbi Jochanan wuͤrdig zu preiſen.‟
Tadel und Lob der Jſraeliten beſtehen, bekanntlich
in der Laͤnge und Breite. Um das Jahr 367 be-
gann der Rabbi Asce oder Aſſe, Vorſteher der
Schule zu Sora in Babylonien, gleichfalls eine
Gemara, die aber bei ſeinem Tode (427 n. Chr.)
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/87>, abgerufen am 23.11.2024.
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