Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

gefodert hatte, mit einem Ziegenböckchen oder einem
Dutzend junger Tauben abfinden; so hatte der Prie-
ster gewonnenes Spiel. Er ward der geistliche Für-
sprecher und Sachwalter der ganzen Umgegend, und
ausser den Opfern, von denen er natürlich das
Beste für sich behielt, empfieng er an Geschenken
so viel, daß er gemächlich leben und Schätze auf-
häufen konnte. So entstanden die Priester, Bon-
zen und Pfaffen. *)

*) Wir Protestanten haben eigentlich keine Geistlich-
keit, also auch keine Priester, Bonzen und Pfaffen
mehr. Unsere Pfarrer sind Volkslehrer, nichts wei-
ter, und eben so gut bürgerliche Beamte, wie die
Schullehrer; diesen ist der Unterricht der Jugend,
den Predigern der Religionsunterricht der ganzen
Gemeinde anvertrauet. Sie stehen übrigens mit
dem höchsten Wesen in keiner nähern Verbindung,
als jeder andere rechtliche Mann. Es bedarf zur
Führung ihres Amts auch keiner andern Ordina-
tion, als den Wunsch der Gemeinde, und in den
meisten Staaten die Einwilligung der Regierung.
Die Ordination schreibt sich aus dem Pabstthume
her, und mich wundert, daß sie bei den Protestan-
ten nicht längst abgeschafft worden ist. Diese Ansich-
ten theilen gewiß alle aufgeklärte protestantische Pfar-
rer mit mir. Will sich noch unter ihnen hin- und wieder
ein Dompfäffchen blicken lassen, und sich für einen
"vom Herrn berufenen Diener des Worts" ausge-
ben, so lacht man darüber. Auch unter den katho-
lischen Geistlichen finden sich Gottlob, sehr viele
wackere Männer, die sich nach dem Zeitpunkte seh-
4 *

gefodert hatte, mit einem Ziegenboͤckchen oder einem
Dutzend junger Tauben abfinden; ſo hatte der Prie-
ſter gewonnenes Spiel. Er ward der geiſtliche Fuͤr-
ſprecher und Sachwalter der ganzen Umgegend, und
auſſer den Opfern, von denen er natuͤrlich das
Beſte fuͤr ſich behielt, empfieng er an Geſchenken
ſo viel, daß er gemaͤchlich leben und Schaͤtze auf-
haͤufen konnte. So entſtanden die Prieſter, Bon-
zen und Pfaffen. *)

*) Wir Proteſtanten haben eigentlich keine Geiſtlich-
keit, alſo auch keine Prieſter, Bonzen und Pfaffen
mehr. Unſere Pfarrer ſind Volkslehrer, nichts wei-
ter, und eben ſo gut buͤrgerliche Beamte, wie die
Schullehrer; dieſen iſt der Unterricht der Jugend,
den Predigern der Religionsunterricht der ganzen
Gemeinde anvertrauet. Sie ſtehen uͤbrigens mit
dem hoͤchſten Weſen in keiner naͤhern Verbindung,
als jeder andere rechtliche Mann. Es bedarf zur
Fuͤhrung ihres Amts auch keiner andern Ordina-
tion, als den Wunſch der Gemeinde, und in den
meiſten Staaten die Einwilligung der Regierung.
Die Ordination ſchreibt ſich aus dem Pabſtthume
her, und mich wundert, daß ſie bei den Proteſtan-
ten nicht laͤngſt abgeſchafft worden iſt. Dieſe Anſich-
ten theilen gewiß alle aufgeklaͤrte proteſtantiſche Pfar-
rer mit mir. Will ſich noch unter ihnen hin- und wieder
ein Dompfaͤffchen blicken laſſen, und ſich fuͤr einen
„vom Herrn berufenen Diener des Worts‟ ausge-
ben, ſo lacht man daruͤber. Auch unter den katho-
liſchen Geiſtlichen finden ſich Gottlob, ſehr viele
wackere Maͤnner, die ſich nach dem Zeitpunkte ſeh-
4 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0045" n="11"/>
gefodert hatte, mit einem Ziegenbo&#x0364;ckchen oder einem<lb/>
Dutzend junger Tauben abfinden; &#x017F;o hatte der Prie-<lb/>
&#x017F;ter gewonnenes Spiel. Er ward der gei&#x017F;tliche Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;precher und Sachwalter der ganzen Umgegend, und<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er den Opfern, von denen er natu&#x0364;rlich das<lb/>
Be&#x017F;te fu&#x0364;r &#x017F;ich behielt, empfieng er an Ge&#x017F;chenken<lb/>
&#x017F;o viel, daß er gema&#x0364;chlich leben und Scha&#x0364;tze auf-<lb/>
ha&#x0364;ufen konnte. So ent&#x017F;tanden die Prie&#x017F;ter, Bon-<lb/>
zen und Pfaffen. <note xml:id="seg2pn_4_1" next="#seg2pn_4_2" place="foot" n="*)">Wir Prote&#x017F;tanten haben eigentlich keine Gei&#x017F;tlich-<lb/>
keit, al&#x017F;o auch keine Prie&#x017F;ter, Bonzen und Pfaffen<lb/>
mehr. Un&#x017F;ere Pfarrer &#x017F;ind Volkslehrer, nichts wei-<lb/>
ter, und eben &#x017F;o gut bu&#x0364;rgerliche Beamte, wie die<lb/>
Schullehrer; die&#x017F;en i&#x017F;t der Unterricht der Jugend,<lb/>
den Predigern der Religionsunterricht der ganzen<lb/>
Gemeinde anvertrauet. Sie &#x017F;tehen u&#x0364;brigens mit<lb/>
dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten We&#x017F;en in keiner na&#x0364;hern Verbindung,<lb/>
als jeder andere rechtliche Mann. Es bedarf zur<lb/>
Fu&#x0364;hrung ihres Amts auch keiner andern Ordina-<lb/>
tion, als den Wun&#x017F;ch der Gemeinde, und in den<lb/>
mei&#x017F;ten Staaten die Einwilligung der Regierung.<lb/>
Die Ordination &#x017F;chreibt &#x017F;ich aus dem Pab&#x017F;tthume<lb/>
her, und mich wundert, daß &#x017F;ie bei den Prote&#x017F;tan-<lb/>
ten nicht la&#x0364;ng&#x017F;t abge&#x017F;chafft worden i&#x017F;t. Die&#x017F;e An&#x017F;ich-<lb/>
ten theilen gewiß alle aufgekla&#x0364;rte prote&#x017F;tanti&#x017F;che Pfar-<lb/>
rer mit mir. Will &#x017F;ich noch unter ihnen hin- und wieder<lb/>
ein Dompfa&#x0364;ffchen blicken la&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;ich fu&#x0364;r einen<lb/>
&#x201E;vom Herrn berufenen Diener des Worts&#x201F; ausge-<lb/>
ben, &#x017F;o lacht man daru&#x0364;ber. Auch unter den katho-<lb/>
li&#x017F;chen Gei&#x017F;tlichen finden &#x017F;ich Gottlob, &#x017F;ehr viele<lb/>
wackere Ma&#x0364;nner, die &#x017F;ich nach dem Zeitpunkte &#x017F;eh-</note></p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">4 *</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0045] gefodert hatte, mit einem Ziegenboͤckchen oder einem Dutzend junger Tauben abfinden; ſo hatte der Prie- ſter gewonnenes Spiel. Er ward der geiſtliche Fuͤr- ſprecher und Sachwalter der ganzen Umgegend, und auſſer den Opfern, von denen er natuͤrlich das Beſte fuͤr ſich behielt, empfieng er an Geſchenken ſo viel, daß er gemaͤchlich leben und Schaͤtze auf- haͤufen konnte. So entſtanden die Prieſter, Bon- zen und Pfaffen. *) *) Wir Proteſtanten haben eigentlich keine Geiſtlich- keit, alſo auch keine Prieſter, Bonzen und Pfaffen mehr. Unſere Pfarrer ſind Volkslehrer, nichts wei- ter, und eben ſo gut buͤrgerliche Beamte, wie die Schullehrer; dieſen iſt der Unterricht der Jugend, den Predigern der Religionsunterricht der ganzen Gemeinde anvertrauet. Sie ſtehen uͤbrigens mit dem hoͤchſten Weſen in keiner naͤhern Verbindung, als jeder andere rechtliche Mann. Es bedarf zur Fuͤhrung ihres Amts auch keiner andern Ordina- tion, als den Wunſch der Gemeinde, und in den meiſten Staaten die Einwilligung der Regierung. Die Ordination ſchreibt ſich aus dem Pabſtthume her, und mich wundert, daß ſie bei den Proteſtan- ten nicht laͤngſt abgeſchafft worden iſt. Dieſe Anſich- ten theilen gewiß alle aufgeklaͤrte proteſtantiſche Pfar- rer mit mir. Will ſich noch unter ihnen hin- und wieder ein Dompfaͤffchen blicken laſſen, und ſich fuͤr einen „vom Herrn berufenen Diener des Worts‟ ausge- ben, ſo lacht man daruͤber. Auch unter den katho- liſchen Geiſtlichen finden ſich Gottlob, ſehr viele wackere Maͤnner, die ſich nach dem Zeitpunkte ſeh- 4 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/45
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/45>, abgerufen am 29.03.2024.