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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

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Dogmen, durch die Beobachtung gewisser Formen,
welche der Mensch ohne eine übernatürliche göttliche
Mittheilung nicht wissen könne. Jhr lehrt uns fer-
ner, und wir sehen es aus der Natur, Gott sey
ein weiser, liebevoller Vater aller seiner Menschen.
Er habe, sprecht Jhr, seines einzigen Sohnes nicht
verschont, sondern ihn für uns in den Tod gege-
ben; wer aber nicht an diesen Eingebornen glaube,
werde ewig verdammt und von Gott verstoßen wer-
den. Wenn nun allem Dem so ist, woran wir kei-
nesweges zweifeln, warum überließ denn der unend-
lich liebevolle Gott die Bekanntwerdung seines, nur
wenigen Einzelnen unmittelbar geoffenbarten Wil-
lens, von dessen Befolgung er, wie Jhr sagt, ewige
Freude und ewiges Leid abhängig machte, viele
Jahrtausende hindurch der höchst unsichern mündli-
chen Ueberlieferung von einem Geschlecht auf das
andere? Wie würdet ihr den Fürsten wohl nennen,
der ein für alle seine Unterthanen ver-
bindliches Gesetz
gäbe, die Uebertretung dessel-
ben mit lebenslänglicher Kettenstrafe verpönte, und
es dennoch nur wenigen seiner Lieblinge offenbarte?
Wäre er nicht mehr schuld, als seine Unterthanen,
wenn sein -- bloß jenen Wenigen bekannt gemach-
ter Wille nicht von Allen befolgt würde? Sollte
man nach dem, was Jhr uns dort lehrt, nicht
schließen, Gott müsse nicht der allliebende gütige
Vater seiner Menschen seyn, wie ihn uns doch die
ganze Natur und Jhr Selbst ihn uns ankündet, da

Dogmen, durch die Beobachtung gewiſſer Formen,
welche der Menſch ohne eine uͤbernatuͤrliche goͤttliche
Mittheilung nicht wiſſen koͤnne. Jhr lehrt uns fer-
ner, und wir ſehen es aus der Natur, Gott ſey
ein weiſer, liebevoller Vater aller ſeiner Menſchen.
Er habe, ſprecht Jhr, ſeines einzigen Sohnes nicht
verſchont, ſondern ihn fuͤr uns in den Tod gege-
ben; wer aber nicht an dieſen Eingebornen glaube,
werde ewig verdammt und von Gott verſtoßen wer-
den. Wenn nun allem Dem ſo iſt, woran wir kei-
nesweges zweifeln, warum uͤberließ denn der unend-
lich liebevolle Gott die Bekanntwerdung ſeines, nur
wenigen Einzelnen unmittelbar geoffenbarten Wil-
lens, von deſſen Befolgung er, wie Jhr ſagt, ewige
Freude und ewiges Leid abhaͤngig machte, viele
Jahrtauſende hindurch der hoͤchſt unſichern muͤndli-
chen Ueberlieferung von einem Geſchlecht auf das
andere? Wie wuͤrdet ihr den Fuͤrſten wohl nennen,
der ein fuͤr alle ſeine Unterthanen ver-
bindliches Geſetz
gaͤbe, die Uebertretung deſſel-
ben mit lebenslaͤnglicher Kettenſtrafe verpoͤnte, und
es dennoch nur wenigen ſeiner Lieblinge offenbarte?
Waͤre er nicht mehr ſchuld, als ſeine Unterthanen,
wenn ſein — bloß jenen Wenigen bekannt gemach-
ter Wille nicht von Allen befolgt wuͤrde? Sollte
man nach dem, was Jhr uns dort lehrt, nicht
ſchließen, Gott muͤſſe nicht der allliebende guͤtige
Vater ſeiner Menſchen ſeyn, wie ihn uns doch die
ganze Natur und Jhr Selbſt ihn uns ankuͤndet, da

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[7/0041] Dogmen, durch die Beobachtung gewiſſer Formen, welche der Menſch ohne eine uͤbernatuͤrliche goͤttliche Mittheilung nicht wiſſen koͤnne. Jhr lehrt uns fer- ner, und wir ſehen es aus der Natur, Gott ſey ein weiſer, liebevoller Vater aller ſeiner Menſchen. Er habe, ſprecht Jhr, ſeines einzigen Sohnes nicht verſchont, ſondern ihn fuͤr uns in den Tod gege- ben; wer aber nicht an dieſen Eingebornen glaube, werde ewig verdammt und von Gott verſtoßen wer- den. Wenn nun allem Dem ſo iſt, woran wir kei- nesweges zweifeln, warum uͤberließ denn der unend- lich liebevolle Gott die Bekanntwerdung ſeines, nur wenigen Einzelnen unmittelbar geoffenbarten Wil- lens, von deſſen Befolgung er, wie Jhr ſagt, ewige Freude und ewiges Leid abhaͤngig machte, viele Jahrtauſende hindurch der hoͤchſt unſichern muͤndli- chen Ueberlieferung von einem Geſchlecht auf das andere? Wie wuͤrdet ihr den Fuͤrſten wohl nennen, der ein fuͤr alle ſeine Unterthanen ver- bindliches Geſetz gaͤbe, die Uebertretung deſſel- ben mit lebenslaͤnglicher Kettenſtrafe verpoͤnte, und es dennoch nur wenigen ſeiner Lieblinge offenbarte? Waͤre er nicht mehr ſchuld, als ſeine Unterthanen, wenn ſein — bloß jenen Wenigen bekannt gemach- ter Wille nicht von Allen befolgt wuͤrde? Sollte man nach dem, was Jhr uns dort lehrt, nicht ſchließen, Gott muͤſſe nicht der allliebende guͤtige Vater ſeiner Menſchen ſeyn, wie ihn uns doch die ganze Natur und Jhr Selbſt ihn uns ankuͤndet, da

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/41>, abgerufen am 29.03.2024.