Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

er ewiges Glück und ewiges Unglück von einer Be-
dingung abhängig machte, die sie nicht erfüllen konn-
ten, bloß um sie nachher für die Nichtbefolgung von
Befehlen, die sie nicht gekannt hatten, ewig peinigen
zu können? Unsere rechtgläubigen Geistlichen wissen
sich hier nicht anders zu helfen, als daß sie mit ei-
ner Stelle der heiligen Schrift antworten: Es ste-
he in jedes Töpfers Macht, Töpfe zu Ehren und
Töpfe zu Unehren (Nachtgeschirre) zu machen; so
hänge es auch von Gott ab, nach Belieben Men-
schen zu ewiger Freude oder zu ewiger Qual zu
erschaffen. Jch glaube dies recht gerne, nur kann
ich es mir von einem weisen und unendlich liebe-
vollen Wesen, wie Gott ist, nicht denken.

Der Apostel Paulus hilft uns hier am besten
heraus. Daß ein Gott ist, sagt er, ist ihnen offen-
bart, denn Gott hat es ihnen offenbart, so man
dessen wahrnimmt aus den Werken der Natur, also
daß sie keine Entschuldigung haben. Der Apostel
spricht hier gar von keiner übernatürlichen Offen-
barung Gottes, die sich aus den Zeiten der Urwelt
bis auf seine Zeitgenoßen sollte fortgepflanzt haben,
sondern von einer bloß natürlichen Offenbarung des
höchsten Wesens an die Menschen, die er für genü-
gend erklärt. Jch sollte glauben, es wäre besser,
diesem vernünftigen Ausspruche als der dogmatischen
Grille einiger theologischen Systemmacher zu folgen.

Aber woher kommen dann die Opfer, wenn sie

nicht

er ewiges Gluͤck und ewiges Ungluͤck von einer Be-
dingung abhaͤngig machte, die ſie nicht erfuͤllen konn-
ten, bloß um ſie nachher fuͤr die Nichtbefolgung von
Befehlen, die ſie nicht gekannt hatten, ewig peinigen
zu koͤnnen? Unſere rechtglaͤubigen Geiſtlichen wiſſen
ſich hier nicht anders zu helfen, als daß ſie mit ei-
ner Stelle der heiligen Schrift antworten: Es ſte-
he in jedes Toͤpfers Macht, Toͤpfe zu Ehren und
Toͤpfe zu Unehren (Nachtgeſchirre) zu machen; ſo
haͤnge es auch von Gott ab, nach Belieben Men-
ſchen zu ewiger Freude oder zu ewiger Qual zu
erſchaffen. Jch glaube dies recht gerne, nur kann
ich es mir von einem weiſen und unendlich liebe-
vollen Weſen, wie Gott iſt, nicht denken.

Der Apoſtel Paulus hilft uns hier am beſten
heraus. Daß ein Gott iſt, ſagt er, iſt ihnen offen-
bart, denn Gott hat es ihnen offenbart, ſo man
deſſen wahrnimmt aus den Werken der Natur, alſo
daß ſie keine Entſchuldigung haben. Der Apoſtel
ſpricht hier gar von keiner uͤbernatuͤrlichen Offen-
barung Gottes, die ſich aus den Zeiten der Urwelt
bis auf ſeine Zeitgenoßen ſollte fortgepflanzt haben,
ſondern von einer bloß natuͤrlichen Offenbarung des
hoͤchſten Weſens an die Menſchen, die er fuͤr genuͤ-
gend erklaͤrt. Jch ſollte glauben, es waͤre beſſer,
dieſem vernuͤnftigen Ausſpruche als der dogmatiſchen
Grille einiger theologiſchen Syſtemmacher zu folgen.

Aber woher kommen dann die Opfer, wenn ſie

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0042" n="8"/>
er ewiges Glu&#x0364;ck und ewiges Unglu&#x0364;ck von einer Be-<lb/>
dingung abha&#x0364;ngig machte, die &#x017F;ie nicht erfu&#x0364;llen konn-<lb/>
ten, bloß um &#x017F;ie nachher fu&#x0364;r die Nichtbefolgung von<lb/>
Befehlen, die &#x017F;ie nicht gekannt hatten, ewig peinigen<lb/>
zu ko&#x0364;nnen? Un&#x017F;ere rechtgla&#x0364;ubigen Gei&#x017F;tlichen wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ich hier nicht anders zu helfen, als daß &#x017F;ie mit ei-<lb/>
ner Stelle der heiligen Schrift antworten: Es &#x017F;te-<lb/>
he in jedes To&#x0364;pfers Macht, To&#x0364;pfe zu Ehren und<lb/>
To&#x0364;pfe zu Unehren (Nachtge&#x017F;chirre) zu machen; &#x017F;o<lb/>
ha&#x0364;nge es auch von Gott ab, nach Belieben Men-<lb/>
&#x017F;chen zu ewiger Freude oder zu ewiger Qual zu<lb/>
er&#x017F;chaffen. Jch glaube dies recht gerne, nur kann<lb/>
ich es mir von einem wei&#x017F;en und unendlich liebe-<lb/>
vollen We&#x017F;en, wie Gott i&#x017F;t, nicht denken.</p><lb/>
        <p>Der Apo&#x017F;tel Paulus hilft uns hier am be&#x017F;ten<lb/>
heraus. Daß ein Gott i&#x017F;t, &#x017F;agt er, i&#x017F;t ihnen offen-<lb/>
bart, denn Gott hat es ihnen offenbart, &#x017F;o man<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en wahrnimmt aus den Werken der Natur, al&#x017F;o<lb/>
daß &#x017F;ie keine Ent&#x017F;chuldigung haben. Der Apo&#x017F;tel<lb/>
&#x017F;pricht hier gar von keiner u&#x0364;bernatu&#x0364;rlichen Offen-<lb/>
barung Gottes, die &#x017F;ich aus den Zeiten der Urwelt<lb/>
bis auf &#x017F;eine Zeitgenoßen &#x017F;ollte fortgepflanzt haben,<lb/>
&#x017F;ondern von einer bloß natu&#x0364;rlichen Offenbarung des<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ten We&#x017F;ens an die Men&#x017F;chen, die er fu&#x0364;r genu&#x0364;-<lb/>
gend erkla&#x0364;rt. Jch &#x017F;ollte glauben, es wa&#x0364;re be&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
die&#x017F;em vernu&#x0364;nftigen Aus&#x017F;pruche als der dogmati&#x017F;chen<lb/>
Grille einiger theologi&#x017F;chen Sy&#x017F;temmacher zu folgen.</p><lb/>
        <p>Aber woher kommen dann die Opfer, wenn &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0042] er ewiges Gluͤck und ewiges Ungluͤck von einer Be- dingung abhaͤngig machte, die ſie nicht erfuͤllen konn- ten, bloß um ſie nachher fuͤr die Nichtbefolgung von Befehlen, die ſie nicht gekannt hatten, ewig peinigen zu koͤnnen? Unſere rechtglaͤubigen Geiſtlichen wiſſen ſich hier nicht anders zu helfen, als daß ſie mit ei- ner Stelle der heiligen Schrift antworten: Es ſte- he in jedes Toͤpfers Macht, Toͤpfe zu Ehren und Toͤpfe zu Unehren (Nachtgeſchirre) zu machen; ſo haͤnge es auch von Gott ab, nach Belieben Men- ſchen zu ewiger Freude oder zu ewiger Qual zu erſchaffen. Jch glaube dies recht gerne, nur kann ich es mir von einem weiſen und unendlich liebe- vollen Weſen, wie Gott iſt, nicht denken. Der Apoſtel Paulus hilft uns hier am beſten heraus. Daß ein Gott iſt, ſagt er, iſt ihnen offen- bart, denn Gott hat es ihnen offenbart, ſo man deſſen wahrnimmt aus den Werken der Natur, alſo daß ſie keine Entſchuldigung haben. Der Apoſtel ſpricht hier gar von keiner uͤbernatuͤrlichen Offen- barung Gottes, die ſich aus den Zeiten der Urwelt bis auf ſeine Zeitgenoßen ſollte fortgepflanzt haben, ſondern von einer bloß natuͤrlichen Offenbarung des hoͤchſten Weſens an die Menſchen, die er fuͤr genuͤ- gend erklaͤrt. Jch ſollte glauben, es waͤre beſſer, dieſem vernuͤnftigen Ausſpruche als der dogmatiſchen Grille einiger theologiſchen Syſtemmacher zu folgen. Aber woher kommen dann die Opfer, wenn ſie nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/42
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/42>, abgerufen am 24.04.2024.