der Weissagung auf die Propheten kam, wurden sie kraftlos und ohnmächtig; Zittern, Angst und Schre- cken überfiel sie. Nicht so Moses. 4) Dieser konnte weissagen, wann er wollte; jene mußten warten, bis Gott es ihnen befahl.
Die wundervollen Erzählungen der Bibel von den Lebensereignissen mancher Propheten, sind den Talmudisten lange nicht gewürzreich genug. Alles muß bei ihnen auf den höchsten Grad des Unglaub- lichen gesteigert werden, wenn es ihnen zusagen soll. Wir führen hier blos die bekannte Geschichte des Jonas an, welche vom Rabbi Elieser auf nach- folgende Weise erzählt wird.
"Jonas gieng freiwillig in den Rachen des Wallfisches hinein, wie man in eine große Syna- goge oder Schule geht. Er konnte aufrecht im Bauche stehen, und die Augen des Fisches dienten ihm zu Fenstern." Der Rabbi Meir sagt hingegen: "Jn den Eingeweiden des Fisches hieng eine Perle, welche dem Jonas so hell, wie die Sonne am Mit- tage leuchtete. Bei ihrem Glanz sah er Alles, was im Meer und in der Tiefe desselben vorgeht, wie Psalm 97. V. 11. gesagt wird: dem Gerechten ist das Licht gesäet."
Nach meiner Ansicht war das Wunderbarste von Allem, daß Jonas, ein Jude, die köstliche Perle nicht mitnahm, als der Wallfisch ihn aus- spie. Gefragt hat man schon häufig mit Recht: wie ein Wallfisch, dessen Schlund kaum groß genug
der Weiſſagung auf die Propheten kam, wurden ſie kraftlos und ohnmaͤchtig; Zittern, Angſt und Schre- cken uͤberfiel ſie. Nicht ſo Moſes. 4) Dieſer konnte weiſſagen, wann er wollte; jene mußten warten, bis Gott es ihnen befahl.
Die wundervollen Erzaͤhlungen der Bibel von den Lebensereigniſſen mancher Propheten, ſind den Talmudiſten lange nicht gewuͤrzreich genug. Alles muß bei ihnen auf den hoͤchſten Grad des Unglaub- lichen geſteigert werden, wenn es ihnen zuſagen ſoll. Wir fuͤhren hier blos die bekannte Geſchichte des Jonas an, welche vom Rabbi Elieſer auf nach- folgende Weiſe erzaͤhlt wird.
»Jonas gieng freiwillig in den Rachen des Wallfiſches hinein, wie man in eine große Syna- goge oder Schule geht. Er konnte aufrecht im Bauche ſtehen, und die Augen des Fiſches dienten ihm zu Fenſtern.« Der Rabbi Meir ſagt hingegen: »Jn den Eingeweiden des Fiſches hieng eine Perle, welche dem Jonas ſo hell, wie die Sonne am Mit- tage leuchtete. Bei ihrem Glanz ſah er Alles, was im Meer und in der Tiefe deſſelben vorgeht, wie Pſalm 97. V. 11. geſagt wird: dem Gerechten iſt das Licht geſaͤet.«
Nach meiner Anſicht war das Wunderbarſte von Allem, daß Jonas, ein Jude, die koͤſtliche Perle nicht mitnahm, als der Wallfiſch ihn aus- ſpie. Gefragt hat man ſchon haͤufig mit Recht: wie ein Wallfiſch, deſſen Schlund kaum groß genug
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0304"n="270"/>
der Weiſſagung auf die Propheten kam, wurden ſie<lb/>
kraftlos und ohnmaͤchtig; Zittern, Angſt und Schre-<lb/>
cken uͤberfiel ſie. Nicht ſo Moſes. 4) Dieſer konnte<lb/>
weiſſagen, wann er wollte; jene mußten warten,<lb/>
bis Gott es ihnen befahl.</p><lb/><p>Die wundervollen Erzaͤhlungen der Bibel von<lb/>
den Lebensereigniſſen mancher Propheten, ſind den<lb/>
Talmudiſten lange nicht gewuͤrzreich genug. Alles<lb/>
muß bei ihnen auf den hoͤchſten Grad des Unglaub-<lb/>
lichen geſteigert werden, wenn es ihnen zuſagen<lb/>ſoll. Wir fuͤhren hier blos die bekannte Geſchichte<lb/>
des Jonas an, welche vom Rabbi Elieſer auf nach-<lb/>
folgende Weiſe erzaͤhlt wird.</p><lb/><p>»Jonas gieng freiwillig in den Rachen des<lb/>
Wallfiſches hinein, wie man in eine große Syna-<lb/>
goge oder Schule geht. Er konnte aufrecht im<lb/>
Bauche ſtehen, und die Augen des Fiſches dienten<lb/>
ihm zu Fenſtern.« Der Rabbi Meir ſagt hingegen:<lb/>
»Jn den Eingeweiden des Fiſches hieng eine Perle,<lb/>
welche dem Jonas ſo hell, wie die Sonne am Mit-<lb/>
tage leuchtete. Bei ihrem Glanz ſah er Alles, was<lb/>
im Meer und in der Tiefe deſſelben vorgeht, wie<lb/>
Pſalm 97. V. 11. geſagt wird: dem Gerechten iſt<lb/>
das Licht geſaͤet.«</p><lb/><p>Nach meiner Anſicht war das Wunderbarſte<lb/>
von Allem, daß Jonas, ein Jude, die koͤſtliche<lb/>
Perle nicht mitnahm, als der Wallfiſch ihn aus-<lb/>ſpie. Gefragt hat man ſchon haͤufig mit Recht:<lb/>
wie ein Wallfiſch, deſſen Schlund kaum groß genug<lb/></p></div></body></text></TEI>
[270/0304]
der Weiſſagung auf die Propheten kam, wurden ſie
kraftlos und ohnmaͤchtig; Zittern, Angſt und Schre-
cken uͤberfiel ſie. Nicht ſo Moſes. 4) Dieſer konnte
weiſſagen, wann er wollte; jene mußten warten,
bis Gott es ihnen befahl.
Die wundervollen Erzaͤhlungen der Bibel von
den Lebensereigniſſen mancher Propheten, ſind den
Talmudiſten lange nicht gewuͤrzreich genug. Alles
muß bei ihnen auf den hoͤchſten Grad des Unglaub-
lichen geſteigert werden, wenn es ihnen zuſagen
ſoll. Wir fuͤhren hier blos die bekannte Geſchichte
des Jonas an, welche vom Rabbi Elieſer auf nach-
folgende Weiſe erzaͤhlt wird.
»Jonas gieng freiwillig in den Rachen des
Wallfiſches hinein, wie man in eine große Syna-
goge oder Schule geht. Er konnte aufrecht im
Bauche ſtehen, und die Augen des Fiſches dienten
ihm zu Fenſtern.« Der Rabbi Meir ſagt hingegen:
»Jn den Eingeweiden des Fiſches hieng eine Perle,
welche dem Jonas ſo hell, wie die Sonne am Mit-
tage leuchtete. Bei ihrem Glanz ſah er Alles, was
im Meer und in der Tiefe deſſelben vorgeht, wie
Pſalm 97. V. 11. geſagt wird: dem Gerechten iſt
das Licht geſaͤet.«
Nach meiner Anſicht war das Wunderbarſte
von Allem, daß Jonas, ein Jude, die koͤſtliche
Perle nicht mitnahm, als der Wallfiſch ihn aus-
ſpie. Gefragt hat man ſchon haͤufig mit Recht:
wie ein Wallfiſch, deſſen Schlund kaum groß genug
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/304>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.