und er mußte gehorchen. Darauf fragte ihn der Rabbi: für welche Missethat mußt du so schwere Strafe erdulden? Jch habe, erwiederte der Geist, mich an einer Ehefrau versündigt und Bastarde gezeugt, darum muß ich jetzt schon seit fünf und zwanzig Jahren unstät und flüchtig auf Erden um- her irren. Jch habe keine Ruhe, denn drei Engel des Verderbens begleiten mich überall, rufen mei- ne Sünden aus, und geißeln mich. So muß es dem Mann ergehen, der in Jsrael Bastarde zeugt. Sieht mein Herr nicht, wie ein Engel des Verder- bens zu meiner Rechten, der andere zu meiner Linken steht, und ausrufen, und wie der dritte mir mörderische Streiche giebt? Da sprach der Rabbi: haben nicht unsere Rabbinen gesegneten Audenkens gesagt: daß die Gottlosen zwölf Monate in der Hölle gestraft werden? Der Geist antwortete: du kennst den Sinn dieser Worte nicht. Wenn unsere Rabbinen gesegneten Andenkens sagen, daß die Seelen der Gottlosen zwölf Monate in der Hölle gestraft werden; dann ist dies so zu verstehen, daß sie erst ihre ganze Strafe auf Erden leiden müssen, ehe sie in die Hölle kommen. Dort bleiben sie zwölf Monate, um gewaschen, von allen Flecken gerei- nigt, und dadurch würdig zu werden, in das Pa- radies zu kommen. Die Seelenstrafen sind als Arzeneien zu betrachten. Der weise Arzt bedient sich aufangs scharfer und starker Mittel, um das faule Fleisch wegzubeitzen; nachher legt er heilende
und er mußte gehorchen. Darauf fragte ihn der Rabbi: fuͤr welche Miſſethat mußt du ſo ſchwere Strafe erdulden? Jch habe, erwiederte der Geiſt, mich an einer Ehefrau verſuͤndigt und Baſtarde gezeugt, darum muß ich jetzt ſchon ſeit fuͤnf und zwanzig Jahren unſtaͤt und fluͤchtig auf Erden um- her irren. Jch habe keine Ruhe, denn drei Engel des Verderbens begleiten mich uͤberall, rufen mei- ne Suͤnden aus, und geißeln mich. So muß es dem Mann ergehen, der in Jſrael Baſtarde zeugt. Sieht mein Herr nicht, wie ein Engel des Verder- bens zu meiner Rechten, der andere zu meiner Linken ſteht, und ausrufen, und wie der dritte mir moͤrderiſche Streiche giebt? Da ſprach der Rabbi: haben nicht unſere Rabbinen geſegneten Audenkens geſagt: daß die Gottloſen zwoͤlf Monate in der Hoͤlle geſtraft werden? Der Geiſt antwortete: du kennſt den Sinn dieſer Worte nicht. Wenn unſere Rabbinen geſegneten Andenkens ſagen, daß die Seelen der Gottloſen zwoͤlf Monate in der Hoͤlle geſtraft werden; dann iſt dies ſo zu verſtehen, daß ſie erſt ihre ganze Strafe auf Erden leiden muͤſſen, ehe ſie in die Hoͤlle kommen. Dort bleiben ſie zwoͤlf Monate, um gewaſchen, von allen Flecken gerei- nigt, und dadurch wuͤrdig zu werden, in das Pa- radies zu kommen. Die Seelenſtrafen ſind als Arzeneien zu betrachten. Der weiſe Arzt bedient ſich aufangs ſcharfer und ſtarker Mittel, um das faule Fleiſch wegzubeitzen; nachher legt er heilende
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und er mußte gehorchen. Darauf fragte ihn der
Rabbi: fuͤr welche Miſſethat mußt du ſo ſchwere
Strafe erdulden? Jch habe, erwiederte der Geiſt,
mich an einer Ehefrau verſuͤndigt und Baſtarde
gezeugt, darum muß ich jetzt ſchon ſeit fuͤnf und
zwanzig Jahren unſtaͤt und fluͤchtig auf Erden um-
her irren. Jch habe keine Ruhe, denn drei Engel
des Verderbens begleiten mich uͤberall, rufen mei-
ne Suͤnden aus, und geißeln mich. So muß es
dem Mann ergehen, der in Jſrael Baſtarde zeugt.
Sieht mein Herr nicht, wie ein Engel des Verder-
bens zu meiner Rechten, der andere zu meiner
Linken ſteht, und ausrufen, und wie der dritte mir
moͤrderiſche Streiche giebt? Da ſprach der Rabbi:
haben nicht unſere Rabbinen geſegneten Audenkens
geſagt: daß die Gottloſen zwoͤlf Monate in der
Hoͤlle geſtraft werden? Der Geiſt antwortete: du
kennſt den Sinn dieſer Worte nicht. Wenn unſere
Rabbinen geſegneten Andenkens ſagen, daß die
Seelen der Gottloſen zwoͤlf Monate in der Hoͤlle
geſtraft werden; dann iſt dies ſo zu verſtehen, daß
ſie erſt ihre ganze Strafe auf Erden leiden muͤſſen,
ehe ſie in die Hoͤlle kommen. Dort bleiben ſie zwoͤlf
Monate, um gewaſchen, von allen Flecken gerei-
nigt, und dadurch wuͤrdig zu werden, in das Pa-
radies zu kommen. Die Seelenſtrafen ſind als
Arzeneien zu betrachten. Der weiſe Arzt bedient
ſich aufangs ſcharfer und ſtarker Mittel, um das
faule Fleiſch wegzubeitzen; nachher legt er heilende
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/254>, abgerufen am 24.11.2024.
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