Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

erzeige ja den Verstorbenen recht viel Ehre, denn
sie haben Kunde von Allem, was auf Erden ge-
schieht. Es heißt freilich in der Schrift: die Tod-
ten wissen nichts; allein damit werden blos die
Gojim (die Nichtjuden) gemeint, welche man Todte
nennt. Die Verstorbenen der Juden hingegen wer-
den Lebendige genannt, und darum heißt auch ihr
Begräbnißplatz Beth oder Bes Hachajim: Ort
der Lebendigen *)."

"Aus einer Stadt, wo Begräbnisse sind, soll
man einen Verstorbenen nicht hinweg und nach ei-
nem andern Ort führen, um ihn dort zu begraben,
denn die in jener Stadt beerdigten Todten werden
dadurch zum Zorn gereizt, weil sie es als eine
Verachtung ihrer Gesellschaft ansehen **).

"Die Sünden, welche der Mensch vor seinem
dreizehnten Jahre begeht, werden auf die Rechnung
seines Vaters geschrieben, und dieser wird dafür
gestraft. Erst vom dreizehnten Jahr an, wo er
ein Bar mitzva (Sohn der Gebote) ***) wird, muß
er für seine Uebertretungen selbst büßen, doch wird
er bis zum zwanzigsten Jahre blos von dem untern
Gericht auf Erden gestraft. Das obere Gericht im

*) Sepher Minhagim, Titel Hilchoth afeluth.
**) Sepher Chasidim im Zawaoth Rabbi Jehuda hae-
chasid Nr. 11.
***) Hierüber in der Folge ein Näheres!

erzeige ja den Verſtorbenen recht viel Ehre, denn
ſie haben Kunde von Allem, was auf Erden ge-
ſchieht. Es heißt freilich in der Schrift: die Tod-
ten wiſſen nichts; allein damit werden blos die
Gojim (die Nichtjuden) gemeint, welche man Todte
nennt. Die Verſtorbenen der Juden hingegen wer-
den Lebendige genannt, und darum heißt auch ihr
Begraͤbnißplatz Beth oder Bes Hachajim: Ort
der Lebendigen *)

»Aus einer Stadt, wo Begraͤbniſſe ſind, ſoll
man einen Verſtorbenen nicht hinweg und nach ei-
nem andern Ort fuͤhren, um ihn dort zu begraben,
denn die in jener Stadt beerdigten Todten werden
dadurch zum Zorn gereizt, weil ſie es als eine
Verachtung ihrer Geſellſchaft anſehen **).

»Die Suͤnden, welche der Menſch vor ſeinem
dreizehnten Jahre begeht, werden auf die Rechnung
ſeines Vaters geſchrieben, und dieſer wird dafuͤr
geſtraft. Erſt vom dreizehnten Jahr an, wo er
ein Bar mitzva (Sohn der Gebote) ***) wird, muß
er fuͤr ſeine Uebertretungen ſelbſt buͤßen, doch wird
er bis zum zwanzigſten Jahre blos von dem untern
Gericht auf Erden geſtraft. Das obere Gericht im

*) Sepher Minhagim, Titel Hilchoth afeluth.
**) Sepher Chaſidim im Zawaoth Rabbi Jehuda hae-
chaſid Nr. 11.
***) Hieruͤber in der Folge ein Naͤheres!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0231" n="197"/>
erzeige ja den Ver&#x017F;torbenen recht viel Ehre, denn<lb/>
&#x017F;ie haben Kunde von Allem, was auf Erden ge-<lb/>
&#x017F;chieht. Es heißt freilich in der Schrift: die Tod-<lb/>
ten wi&#x017F;&#x017F;en nichts; allein damit werden blos die<lb/>
Gojim (die Nichtjuden) gemeint, welche man Todte<lb/>
nennt. Die Ver&#x017F;torbenen der Juden hingegen wer-<lb/>
den Lebendige genannt, und darum heißt auch ihr<lb/>
Begra&#x0364;bnißplatz <hi rendition="#g">Beth</hi> oder <hi rendition="#g">Bes Hachajim:</hi> Ort<lb/>
der Lebendigen <note place="foot" n="*)">Sepher Minhagim, Titel Hilchoth afeluth.</note></p><lb/>
        <p>»Aus einer Stadt, wo Begra&#x0364;bni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind, &#x017F;oll<lb/>
man einen Ver&#x017F;torbenen nicht hinweg und nach ei-<lb/>
nem andern Ort fu&#x0364;hren, um ihn dort zu begraben,<lb/>
denn die in jener Stadt beerdigten Todten werden<lb/>
dadurch zum Zorn gereizt, weil &#x017F;ie es als eine<lb/>
Verachtung ihrer Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft an&#x017F;ehen <note place="foot" n="**)">Sepher Cha&#x017F;idim im Zawaoth Rabbi Jehuda hae-<lb/>
cha&#x017F;id Nr. 11.</note>.</p><lb/>
        <p>»Die Su&#x0364;nden, welche der Men&#x017F;ch vor &#x017F;einem<lb/>
dreizehnten Jahre begeht, werden auf die Rechnung<lb/>
&#x017F;eines Vaters ge&#x017F;chrieben, und die&#x017F;er wird dafu&#x0364;r<lb/>
ge&#x017F;traft. Er&#x017F;t vom dreizehnten Jahr an, wo er<lb/>
ein Bar mitzva (Sohn der Gebote) <note place="foot" n="***)">Hieru&#x0364;ber in der Folge ein Na&#x0364;heres!</note> wird, muß<lb/>
er fu&#x0364;r &#x017F;eine Uebertretungen &#x017F;elb&#x017F;t bu&#x0364;ßen, doch wird<lb/>
er bis zum zwanzig&#x017F;ten Jahre blos von dem untern<lb/>
Gericht auf Erden ge&#x017F;traft. Das obere Gericht im<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0231] erzeige ja den Verſtorbenen recht viel Ehre, denn ſie haben Kunde von Allem, was auf Erden ge- ſchieht. Es heißt freilich in der Schrift: die Tod- ten wiſſen nichts; allein damit werden blos die Gojim (die Nichtjuden) gemeint, welche man Todte nennt. Die Verſtorbenen der Juden hingegen wer- den Lebendige genannt, und darum heißt auch ihr Begraͤbnißplatz Beth oder Bes Hachajim: Ort der Lebendigen *).« »Aus einer Stadt, wo Begraͤbniſſe ſind, ſoll man einen Verſtorbenen nicht hinweg und nach ei- nem andern Ort fuͤhren, um ihn dort zu begraben, denn die in jener Stadt beerdigten Todten werden dadurch zum Zorn gereizt, weil ſie es als eine Verachtung ihrer Geſellſchaft anſehen **). »Die Suͤnden, welche der Menſch vor ſeinem dreizehnten Jahre begeht, werden auf die Rechnung ſeines Vaters geſchrieben, und dieſer wird dafuͤr geſtraft. Erſt vom dreizehnten Jahr an, wo er ein Bar mitzva (Sohn der Gebote) ***) wird, muß er fuͤr ſeine Uebertretungen ſelbſt buͤßen, doch wird er bis zum zwanzigſten Jahre blos von dem untern Gericht auf Erden geſtraft. Das obere Gericht im *) Sepher Minhagim, Titel Hilchoth afeluth. **) Sepher Chaſidim im Zawaoth Rabbi Jehuda hae- chaſid Nr. 11. ***) Hieruͤber in der Folge ein Naͤheres!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/231
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/231>, abgerufen am 04.05.2024.