und die fromme hülflose Tugend in Lumpen gehüllt auf dem Strohlager sehen; dieser Glaube, der al- lein Herz und Sinn des Menschen wahrhaft ver- edelt, fehlte den Juden gänzlich, und ward ihnen erst durch den Umgang mit jenen Völkern kund, welche als Abgöttische so sehr von ihnen verachtet wurden. Aus dem Mährchen von der Hexe zu En- dor wollen freilich manche sogenannte Gottesgelehrte beweisen, daß den Jsraeliten der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele nicht fremd war; allein jene Geschichte zeigt blos, daß die Juden wohl Gei- stererscheinungen und Gespenster, aber nicht, daß sie eine Unsterblichkeit der Seele und einen Zustand nach dem Tode glaubten, wo Vergeltung des Gu- ten und Bösen statt finden, der Bessere immer mehr veredelt und auch der Schlimmste gebessert, und endlich zum vollen heiligen Lichte der Wahrheit und zu dem seligen Hochgenuß der Tugend geführt wer- den würde.
Die Jdeen der Talmudisten vom Tode, von den Umständen, welche denselben begleiten, und von dem Leben nach dem Tode sind sehr verschie- den. Diese Verschiedenheit der Ansichten beweist deutlich, daß sie nicht zu Einer Zeit entstanden und eben so wenig aus Einer Quelle entsprangen.
Metatron, der Fürst des Angesichts, empfängt, wie bereits erwähnt worden, unmittelbar von Gott die Verzeichnisse der Menschen, die an jedem Tage zum Tode bestimmt sind. Er übergiebt diese To-
und die fromme huͤlfloſe Tugend in Lumpen gehuͤllt auf dem Strohlager ſehen; dieſer Glaube, der al- lein Herz und Sinn des Menſchen wahrhaft ver- edelt, fehlte den Juden gaͤnzlich, und ward ihnen erſt durch den Umgang mit jenen Voͤlkern kund, welche als Abgoͤttiſche ſo ſehr von ihnen verachtet wurden. Aus dem Maͤhrchen von der Hexe zu En- dor wollen freilich manche ſogenannte Gottesgelehrte beweiſen, daß den Jſraeliten der Glaube an die Unſterblichkeit der Seele nicht fremd war; allein jene Geſchichte zeigt blos, daß die Juden wohl Gei- ſtererſcheinungen und Geſpenſter, aber nicht, daß ſie eine Unſterblichkeit der Seele und einen Zuſtand nach dem Tode glaubten, wo Vergeltung des Gu- ten und Boͤſen ſtatt finden, der Beſſere immer mehr veredelt und auch der Schlimmſte gebeſſert, und endlich zum vollen heiligen Lichte der Wahrheit und zu dem ſeligen Hochgenuß der Tugend gefuͤhrt wer- den wuͤrde.
Die Jdeen der Talmudiſten vom Tode, von den Umſtaͤnden, welche denſelben begleiten, und von dem Leben nach dem Tode ſind ſehr verſchie- den. Dieſe Verſchiedenheit der Anſichten beweist deutlich, daß ſie nicht zu Einer Zeit entſtanden und eben ſo wenig aus Einer Quelle entſprangen.
Metatron, der Fuͤrſt des Angeſichts, empfaͤngt, wie bereits erwaͤhnt worden, unmittelbar von Gott die Verzeichniſſe der Menſchen, die an jedem Tage zum Tode beſtimmt ſind. Er uͤbergiebt dieſe To-
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und die fromme huͤlfloſe Tugend in Lumpen gehuͤllt
auf dem Strohlager ſehen; dieſer Glaube, der al-
lein Herz und Sinn des Menſchen wahrhaft ver-
edelt, fehlte den Juden gaͤnzlich, und ward ihnen
erſt durch den Umgang mit jenen Voͤlkern kund,
welche als Abgoͤttiſche ſo ſehr von ihnen verachtet
wurden. Aus dem Maͤhrchen von der Hexe zu En-
dor wollen freilich manche ſogenannte Gottesgelehrte
beweiſen, daß den Jſraeliten der Glaube an die
Unſterblichkeit der Seele nicht fremd war; allein
jene Geſchichte zeigt blos, daß die Juden wohl Gei-
ſtererſcheinungen und Geſpenſter, aber nicht, daß ſie
eine Unſterblichkeit der Seele und einen Zuſtand
nach dem Tode glaubten, wo Vergeltung des Gu-
ten und Boͤſen ſtatt finden, der Beſſere immer mehr
veredelt und auch der Schlimmſte gebeſſert, und
endlich zum vollen heiligen Lichte der Wahrheit und
zu dem ſeligen Hochgenuß der Tugend gefuͤhrt wer-
den wuͤrde.
Die Jdeen der Talmudiſten vom Tode, von
den Umſtaͤnden, welche denſelben begleiten, und
von dem Leben nach dem Tode ſind ſehr verſchie-
den. Dieſe Verſchiedenheit der Anſichten beweist
deutlich, daß ſie nicht zu Einer Zeit entſtanden und
eben ſo wenig aus Einer Quelle entſprangen.
Metatron, der Fuͤrſt des Angeſichts, empfaͤngt,
wie bereits erwaͤhnt worden, unmittelbar von Gott
die Verzeichniſſe der Menſchen, die an jedem Tage
zum Tode beſtimmt ſind. Er uͤbergiebt dieſe To-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/216>, abgerufen am 24.11.2024.
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