von Vielen (Nichtjuden) für untergeschoben, und für Früchte späterer Zeiten gehalten. Nach der Zerstörung Jerusalems traten Rabbi Akibha (der vorhin erwähnt worden), R. Jsmael Ben Elischa und andere auf, und brachten die Kabbala noch zu einem höhern Grade von Vollkommenheit. Der Rabbi Schimeon Jochaides oder Ben Jochai war der erste, der zu Anfange des dritten Jahrhunderts unter dem Titel Sohar (Glanz) eine kabbalistische Erklärung der fünf Bücher Mosis schrieb. Die Aechtheit dieses, gleichfalls noch vorhandenen, Büchs wird aber bezweifelt, da bis zum dreizehnten Jahr- hundert keiner der übrigen Kabbalisten desselben er- wähnt. Salomon Ben Jsaac Jarchi (geb. zu Troyes 1104, gestorben ebendas. 1180) verfaßte Erklärun- gen über die fünf Bücher Moses, über mehrere Propheten und über die Gemara, und erwarb sich dadurch einen so großen Beifall bei den Juden, daß sie ihm den Namen eines Fürsten der Auslegungs- kunst beilegten. Seine Schriften, so wie viele an- dere Werke der Kabbalisten späterer Zeit sind frei- lich nicht in den Talmud aufgenommen, sie behaup- ten aber in den Augen der Hebräer ein fast eben so großes Ansehen, wie dieser. Erst im fünfzehn- ten Jahrhundert ward die Kabbala durch den Für- sten Johann Pico von Mirandola den Christen nä- her bekannt, denn vorher wußte man so wenig da- von, daß ein Schriftsteller, der als Gegner dieses gelehrten Fürsten auftrat, auf die Frage, was die
von Vielen (Nichtjuden) fuͤr untergeſchoben, und fuͤr Fruͤchte ſpaͤterer Zeiten gehalten. Nach der Zerſtoͤrung Jeruſalems traten Rabbi Akibha (der vorhin erwaͤhnt worden), R. Jsmael Ben Eliſcha und andere auf, und brachten die Kabbala noch zu einem hoͤhern Grade von Vollkommenheit. Der Rabbi Schimeon Jochaides oder Ben Jochai war der erſte, der zu Anfange des dritten Jahrhunderts unter dem Titel Sohar (Glanz) eine kabbaliſtiſche Erklaͤrung der fuͤnf Buͤcher Moſis ſchrieb. Die Aechtheit dieſes, gleichfalls noch vorhandenen, Buͤchs wird aber bezweifelt, da bis zum dreizehnten Jahr- hundert keiner der uͤbrigen Kabbaliſten deſſelben er- waͤhnt. Salomon Ben Jſaac Jarchi (geb. zu Troyes 1104, geſtorben ebendaſ. 1180) verfaßte Erklaͤrun- gen uͤber die fuͤnf Buͤcher Moſes, uͤber mehrere Propheten und uͤber die Gemara, und erwarb ſich dadurch einen ſo großen Beifall bei den Juden, daß ſie ihm den Namen eines Fuͤrſten der Auslegungs- kunſt beilegten. Seine Schriften, ſo wie viele an- dere Werke der Kabbaliſten ſpaͤterer Zeit ſind frei- lich nicht in den Talmud aufgenommen, ſie behaup- ten aber in den Augen der Hebraͤer ein faſt eben ſo großes Anſehen, wie dieſer. Erſt im fuͤnfzehn- ten Jahrhundert ward die Kabbala durch den Fuͤr- ſten Johann Pico von Mirandola den Chriſten naͤ- her bekannt, denn vorher wußte man ſo wenig da- von, daß ein Schriftſteller, der als Gegner dieſes gelehrten Fuͤrſten auftrat, auf die Frage, was die
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von Vielen (Nichtjuden) fuͤr untergeſchoben, und
fuͤr Fruͤchte ſpaͤterer Zeiten gehalten. Nach der
Zerſtoͤrung Jeruſalems traten Rabbi Akibha (der
vorhin erwaͤhnt worden), R. Jsmael Ben Eliſcha
und andere auf, und brachten die Kabbala noch
zu einem hoͤhern Grade von Vollkommenheit. Der
Rabbi Schimeon Jochaides oder Ben Jochai war
der erſte, der zu Anfange des dritten Jahrhunderts
unter dem Titel Sohar (Glanz) eine kabbaliſtiſche
Erklaͤrung der fuͤnf Buͤcher Moſis ſchrieb. Die
Aechtheit dieſes, gleichfalls noch vorhandenen, Buͤchs
wird aber bezweifelt, da bis zum dreizehnten Jahr-
hundert keiner der uͤbrigen Kabbaliſten deſſelben er-
waͤhnt. Salomon Ben Jſaac Jarchi (geb. zu Troyes
1104, geſtorben ebendaſ. 1180) verfaßte Erklaͤrun-
gen uͤber die fuͤnf Buͤcher Moſes, uͤber mehrere
Propheten und uͤber die Gemara, und erwarb ſich
dadurch einen ſo großen Beifall bei den Juden, daß
ſie ihm den Namen eines Fuͤrſten der Auslegungs-
kunſt beilegten. Seine Schriften, ſo wie viele an-
dere Werke der Kabbaliſten ſpaͤterer Zeit ſind frei-
lich nicht in den Talmud aufgenommen, ſie behaup-
ten aber in den Augen der Hebraͤer ein faſt eben
ſo großes Anſehen, wie dieſer. Erſt im fuͤnfzehn-
ten Jahrhundert ward die Kabbala durch den Fuͤr-
ſten Johann Pico von Mirandola den Chriſten naͤ-
her bekannt, denn vorher wußte man ſo wenig da-
von, daß ein Schriftſteller, der als Gegner dieſes
gelehrten Fuͤrſten auftrat, auf die Frage, was die
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/121>, abgerufen am 24.11.2024.
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