greifen, und ward im Jahr 132, nach Andern im J. 120 auf eine grausame Weise hingerichtet.
Daß die Juden schon lange vor der Babyloni- schen Gefangenschaft die Kabbala gekannt und aus- geübt haben, dafür bürgt ihr Hang zum Wunder- baren und Geheimnißvollen, ihre Sucht, Träume zu deuten, und der von ihren frühesten Stammvä- tern auf sie vererbte Aberglaube. Rabbi Schime- on Ben Schetach oder Simeon Schetachi- des, welchen Einige für den Erfinder der Kabba- la gehalten haben, kann daher höchstens nur für einen Wiederhersteller derselben bei den in Palästina wohnenden Juden gelten. Er war zur Zeit des Hyrcanus vor dessen Verfolgungen nach Aegypten entflohen, wo er sich mit den geheimen Wissenschaf- ten der dortigen Jsraeliten bekannt machte. Nach seiner Rückkehr in sein Vaterland gab er der Kab- bala seiner Landsleute eine andere Gestalt und ver- schaffte ihr zugleich ihr voriges Ansehen, welches durch die Sekten der Karaiten und Sadducäer, die durchaus alle mündliche Offenbarungen verwar- fen und bloß auf das schriftliche Gesetz sich beschränk- ten, sehr geschwächt worden war. Dem Simon Schetachides folgte noch vor Chr. G. sein Schüler, Rabbi Elkana Ben Jerucham, welcher zwei Bücher Sepher Happeliah und Sepher Hak- kaneh, und dessen Sohn Rabbi Nechonia, der das Buch Bahir schrieb. Jndessen werden die unter diesen Aufschriften jetzt vorhandenen Bücher
greifen, und ward im Jahr 132, nach Andern im J. 120 auf eine grauſame Weiſe hingerichtet.
Daß die Juden ſchon lange vor der Babyloni- ſchen Gefangenſchaft die Kabbala gekannt und aus- geuͤbt haben, dafuͤr buͤrgt ihr Hang zum Wunder- baren und Geheimnißvollen, ihre Sucht, Traͤume zu deuten, und der von ihren fruͤheſten Stammvaͤ- tern auf ſie vererbte Aberglaube. Rabbi Schime- on Ben Schetach oder Simeon Schetachi- des, welchen Einige fuͤr den Erfinder der Kabba- la gehalten haben, kann daher hoͤchſtens nur fuͤr einen Wiederherſteller derſelben bei den in Palaͤſtina wohnenden Juden gelten. Er war zur Zeit des Hyrcanus vor deſſen Verfolgungen nach Aegypten entflohen, wo er ſich mit den geheimen Wiſſenſchaf- ten der dortigen Jſraeliten bekannt machte. Nach ſeiner Ruͤckkehr in ſein Vaterland gab er der Kab- bala ſeiner Landsleute eine andere Geſtalt und ver- ſchaffte ihr zugleich ihr voriges Anſehen, welches durch die Sekten der Karaiten und Sadducaͤer, die durchaus alle muͤndliche Offenbarungen verwar- fen und bloß auf das ſchriftliche Geſetz ſich beſchraͤnk- ten, ſehr geſchwaͤcht worden war. Dem Simon Schetachides folgte noch vor Chr. G. ſein Schuͤler, Rabbi Elkana Ben Jerucham, welcher zwei Buͤcher Sepher Happeliah und Sepher Hak- kaneh, und deſſen Sohn Rabbi Nechonia, der das Buch Bahir ſchrieb. Jndeſſen werden die unter dieſen Aufſchriften jetzt vorhandenen Buͤcher
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greifen, und ward im Jahr 132, nach Andern im
J. 120 auf eine grauſame Weiſe hingerichtet.
Daß die Juden ſchon lange vor der Babyloni-
ſchen Gefangenſchaft die Kabbala gekannt und aus-
geuͤbt haben, dafuͤr buͤrgt ihr Hang zum Wunder-
baren und Geheimnißvollen, ihre Sucht, Traͤume
zu deuten, und der von ihren fruͤheſten Stammvaͤ-
tern auf ſie vererbte Aberglaube. Rabbi Schime-
on Ben Schetach oder Simeon Schetachi-
des, welchen Einige fuͤr den Erfinder der Kabba-
la gehalten haben, kann daher hoͤchſtens nur fuͤr
einen Wiederherſteller derſelben bei den in Palaͤſtina
wohnenden Juden gelten. Er war zur Zeit des
Hyrcanus vor deſſen Verfolgungen nach Aegypten
entflohen, wo er ſich mit den geheimen Wiſſenſchaf-
ten der dortigen Jſraeliten bekannt machte. Nach
ſeiner Ruͤckkehr in ſein Vaterland gab er der Kab-
bala ſeiner Landsleute eine andere Geſtalt und ver-
ſchaffte ihr zugleich ihr voriges Anſehen, welches
durch die Sekten der Karaiten und Sadducaͤer,
die durchaus alle muͤndliche Offenbarungen verwar-
fen und bloß auf das ſchriftliche Geſetz ſich beſchraͤnk-
ten, ſehr geſchwaͤcht worden war. Dem Simon
Schetachides folgte noch vor Chr. G. ſein Schuͤler,
Rabbi Elkana Ben Jerucham, welcher zwei
Buͤcher Sepher Happeliah und Sepher Hak-
kaneh, und deſſen Sohn Rabbi Nechonia, der
das Buch Bahir ſchrieb. Jndeſſen werden die
unter dieſen Aufſchriften jetzt vorhandenen Buͤcher
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/120>, abgerufen am 24.11.2024.
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