3) Ließ er das mündliche Gesetz darum nicht schreiben, weil es länger ist, als die Erde. Jn der Bibel wollte er seinem Volke nur einen kur- zen Auszug aus diesem langen Gesetze geben. Das letztere bleibt aber immer das Hauptwerk, in dessen Hinsicht auch der Bund Gottes mit den Js- raeliten gemacht worden.
Aus diesen Proben kann man die Weisheit des Gottes Abrahams, Jsaaks und Jakobs erkennen; denn wäre das mündliche Gesetz früher, als es seit Rabbi Juda des Heiligen Zeit geschah, niedergeschrie- ben, so wäre es gewiß schon längst in alle ältere und neuere Sprachen der Welt übersetzt; die Go- jim hätten es gleichfalls gelernt, und welche Men- ge von christlicher Konterbande wäre dann in das Paradies eingeschwärzt worden!
Das Gesetz muß man sehr hoch in Ehren hal- ten. "Unsere Rabbinen gesegneten Andenkens leh- ren: Wer in dem Hohenliede Salomons einen Vers liest und ein Liedchen daraus macht, oder wer in einem Hause, worin man ein Gastgebot giebt, zur Unzeit einen Vers darin liest, der bringt ein Un- glück in die Welt. Das Gesetz legte einst einen Sack an, trat vor den heiligen hochgelobten Gott und sprach: O Herr der Welt, deine Kinder ha- ben mich zu einer Zitter gemacht, auf welcher die Heiden schlagen und spielen. Gott erwiederte: Mei- ne Tochter, womit sollen sie sich erfreuen, wenn sie essen und trinken? Herr der Welt, wenn sie in
3) Ließ er das muͤndliche Geſetz darum nicht ſchreiben, weil es laͤnger iſt, als die Erde. Jn der Bibel wollte er ſeinem Volke nur einen kur- zen Auszug aus dieſem langen Geſetze geben. Das letztere bleibt aber immer das Hauptwerk, in deſſen Hinſicht auch der Bund Gottes mit den Jſ- raeliten gemacht worden.
Aus dieſen Proben kann man die Weisheit des Gottes Abrahams, Jſaaks und Jakobs erkennen; denn waͤre das muͤndliche Geſetz fruͤher, als es ſeit Rabbi Juda des Heiligen Zeit geſchah, niedergeſchrie- ben, ſo waͤre es gewiß ſchon laͤngſt in alle aͤltere und neuere Sprachen der Welt uͤberſetzt; die Go- jim haͤtten es gleichfalls gelernt, und welche Men- ge von chriſtlicher Konterbande waͤre dann in das Paradies eingeſchwaͤrzt worden!
Das Geſetz muß man ſehr hoch in Ehren hal- ten. „Unſere Rabbinen geſegneten Andenkens leh- ren: Wer in dem Hohenliede Salomons einen Vers liest und ein Liedchen daraus macht, oder wer in einem Hauſe, worin man ein Gaſtgebot giebt, zur Unzeit einen Vers darin liest, der bringt ein Un- gluͤck in die Welt. Das Geſetz legte einſt einen Sack an, trat vor den heiligen hochgelobten Gott und ſprach: O Herr der Welt, deine Kinder ha- ben mich zu einer Zitter gemacht, auf welcher die Heiden ſchlagen und ſpielen. Gott erwiederte: Mei- ne Tochter, womit ſollen ſie ſich erfreuen, wenn ſie eſſen und trinken? Herr der Welt, wenn ſie in
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3) Ließ er das muͤndliche Geſetz darum nicht
ſchreiben, weil es laͤnger iſt, als die Erde. Jn
der Bibel wollte er ſeinem Volke nur einen kur-
zen Auszug aus dieſem langen Geſetze geben.
Das letztere bleibt aber immer das Hauptwerk, in
deſſen Hinſicht auch der Bund Gottes mit den Jſ-
raeliten gemacht worden.
Aus dieſen Proben kann man die Weisheit des
Gottes Abrahams, Jſaaks und Jakobs erkennen;
denn waͤre das muͤndliche Geſetz fruͤher, als es ſeit
Rabbi Juda des Heiligen Zeit geſchah, niedergeſchrie-
ben, ſo waͤre es gewiß ſchon laͤngſt in alle aͤltere
und neuere Sprachen der Welt uͤberſetzt; die Go-
jim haͤtten es gleichfalls gelernt, und welche Men-
ge von chriſtlicher Konterbande waͤre dann in das
Paradies eingeſchwaͤrzt worden!
Das Geſetz muß man ſehr hoch in Ehren hal-
ten. „Unſere Rabbinen geſegneten Andenkens leh-
ren: Wer in dem Hohenliede Salomons einen Vers
liest und ein Liedchen daraus macht, oder wer in
einem Hauſe, worin man ein Gaſtgebot giebt, zur
Unzeit einen Vers darin liest, der bringt ein Un-
gluͤck in die Welt. Das Geſetz legte einſt einen
Sack an, trat vor den heiligen hochgelobten Gott
und ſprach: O Herr der Welt, deine Kinder ha-
ben mich zu einer Zitter gemacht, auf welcher die
Heiden ſchlagen und ſpielen. Gott erwiederte: Mei-
ne Tochter, womit ſollen ſie ſich erfreuen, wenn
ſie eſſen und trinken? Herr der Welt, wenn ſie in
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/100>, abgerufen am 28.11.2024.
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