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Humboldt, Alexander von: Schreiben des Herrn Oberbergraths von Humboldt an Herrn van Mons in Brüssel über den chemischen Prozeß der Vitalität. In: Neues Journal der Physik, Bd. 4, H. 2 (1797), S. 171-179.

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lang in Alcohol: Das Hydrogen würkte stark auf die
Faser. Die Zähen des Fußes zitterten in der ersten Mi-
nute. Bald nachher kam eine totale Erstarrung. Der
Muskel wurde weiß, da das Blut wahrscheinlich seinen
Sauerstoff verlohren hatte. Jch brachte wieder Zink und
Silber an. Nicht die mindeste Zusammen-
ziehung!
Jch eilte, ihn in oxygenirte Salzsäure zu
werfen, die ich vorher stark geschüttelt hatte. Die Glied-
maßen blieben drey Minuten lang darin. Ein schwaches
Erzittern der Muskeln zeigte in der Tasse selbst die Wie-
derherstellung der Lebenskräfte. Jch legte den Fuß nun
wieder auf die Metalle. Die Contractionen kamen wie-
der, und zwar nicht blos mit Zink und Silber, sondern
sogar mit Zink und Eisen. Dies ist, dünkt mich, eine
einfache und sehr entscheidende Erfahrung. Jch wechselte
nun mit der Methode ab, um den Effect davon zu sehen.
Jch nahm den linken Schenkel. Jch ließ ihn neun Mi-
nuten in Alcohol. Er hatte alle Reitzbarkeit verloren,
und die oxygenirte Salzsäure war nicht im Stande, die
Lebenskräfte wieder herzustellen. Der linke Vorderfuß
war 15 bis 18 Minuten hindurch unberührt geblieben.
Jch brachte an seinen Nerven Zink und Silber, aber er
zeigte nur schwache und langsame Zusammenziehungen.
Jch warf ihn in Alcohol. Nach der ersten Minute hatte
seine Reitzbarkeit zugenommen. Der Galvanismus würk-
te weit stärker*). Aber nach drey Minuten war alle
Reitzbarkeit vernichtet, und ich versuchte die oxygenirte
Salzsäure vergeblich. Jch legte den Fuß in die Auflö-

sung
*) Sollte man denn aber aus der stärkeren Würkung eines spä-
tern Reitzungsmittels immer nur auf Zunahme der Reitz-
fähigkeit, und nicht vielmehr auf stärkere Jntensität der
Würkung des neuen Reitzes, schließen dürfen, und umge-
kehrt? Dieser Gesichtspunkt ist doch wahrlich nicht zu über-
sehen. Anmerk. des Uebers.
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lang in Alcohol: Das Hydrogen wuͤrkte ſtark auf die
Faſer. Die Zaͤhen des Fußes zitterten in der erſten Mi-
nute. Bald nachher kam eine totale Erſtarrung. Der
Muskel wurde weiß, da das Blut wahrſcheinlich ſeinen
Sauerſtoff verlohren hatte. Jch brachte wieder Zink und
Silber an. Nicht die mindeſte Zuſammen-
ziehung!
Jch eilte, ihn in oxygenirte Salzſaͤure zu
werfen, die ich vorher ſtark geſchuͤttelt hatte. Die Glied-
maßen blieben drey Minuten lang darin. Ein ſchwaches
Erzittern der Muskeln zeigte in der Taſſe ſelbſt die Wie-
derherſtellung der Lebenskraͤfte. Jch legte den Fuß nun
wieder auf die Metalle. Die Contractionen kamen wie-
der, und zwar nicht blos mit Zink und Silber, ſondern
ſogar mit Zink und Eiſen. Dies iſt, duͤnkt mich, eine
einfache und ſehr entſcheidende Erfahrung. Jch wechſelte
nun mit der Methode ab, um den Effect davon zu ſehen.
Jch nahm den linken Schenkel. Jch ließ ihn neun Mi-
nuten in Alcohol. Er hatte alle Reitzbarkeit verloren,
und die oxygenirte Salzſaͤure war nicht im Stande, die
Lebenskraͤfte wieder herzuſtellen. Der linke Vorderfuß
war 15 bis 18 Minuten hindurch unberuͤhrt geblieben.
Jch brachte an ſeinen Nerven Zink und Silber, aber er
zeigte nur ſchwache und langſame Zuſammenziehungen.
Jch warf ihn in Alcohol. Nach der erſten Minute hatte
ſeine Reitzbarkeit zugenommen. Der Galvanismus wuͤrk-
te weit ſtaͤrker*). Aber nach drey Minuten war alle
Reitzbarkeit vernichtet, und ich verſuchte die oxygenirte
Salzſaͤure vergeblich. Jch legte den Fuß in die Aufloͤ-

ſung
*) Sollte man denn aber aus der ſtaͤrkeren Wuͤrkung eines ſpaͤ-
tern Reitzungsmittels immer nur auf Zunahme der Reitz-
faͤhigkeit, und nicht vielmehr auf ſtaͤrkere Jntenſitaͤt der
Wuͤrkung des neuen Reitzes, ſchließen duͤrfen, und umge-
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ſehen. Anmerk. des Ueberſ.
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[177/0008] lang in Alcohol: Das Hydrogen wuͤrkte ſtark auf die Faſer. Die Zaͤhen des Fußes zitterten in der erſten Mi- nute. Bald nachher kam eine totale Erſtarrung. Der Muskel wurde weiß, da das Blut wahrſcheinlich ſeinen Sauerſtoff verlohren hatte. Jch brachte wieder Zink und Silber an. Nicht die mindeſte Zuſammen- ziehung! Jch eilte, ihn in oxygenirte Salzſaͤure zu werfen, die ich vorher ſtark geſchuͤttelt hatte. Die Glied- maßen blieben drey Minuten lang darin. Ein ſchwaches Erzittern der Muskeln zeigte in der Taſſe ſelbſt die Wie- derherſtellung der Lebenskraͤfte. Jch legte den Fuß nun wieder auf die Metalle. Die Contractionen kamen wie- der, und zwar nicht blos mit Zink und Silber, ſondern ſogar mit Zink und Eiſen. Dies iſt, duͤnkt mich, eine einfache und ſehr entſcheidende Erfahrung. Jch wechſelte nun mit der Methode ab, um den Effect davon zu ſehen. Jch nahm den linken Schenkel. Jch ließ ihn neun Mi- nuten in Alcohol. Er hatte alle Reitzbarkeit verloren, und die oxygenirte Salzſaͤure war nicht im Stande, die Lebenskraͤfte wieder herzuſtellen. Der linke Vorderfuß war 15 bis 18 Minuten hindurch unberuͤhrt geblieben. Jch brachte an ſeinen Nerven Zink und Silber, aber er zeigte nur ſchwache und langſame Zuſammenziehungen. Jch warf ihn in Alcohol. Nach der erſten Minute hatte ſeine Reitzbarkeit zugenommen. Der Galvanismus wuͤrk- te weit ſtaͤrker *). Aber nach drey Minuten war alle Reitzbarkeit vernichtet, und ich verſuchte die oxygenirte Salzſaͤure vergeblich. Jch legte den Fuß in die Aufloͤ- ſung *) Sollte man denn aber aus der ſtaͤrkeren Wuͤrkung eines ſpaͤ- tern Reitzungsmittels immer nur auf Zunahme der Reitz- faͤhigkeit, und nicht vielmehr auf ſtaͤrkere Jntenſitaͤt der Wuͤrkung des neuen Reitzes, ſchließen duͤrfen, und umge- kehrt? Dieſer Geſichtspunkt iſt doch wahrlich nicht zu uͤber- ſehen. Anmerk. des Ueberſ. M 2

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Schreiben des Herrn Oberbergraths von Humboldt an Herrn van Mons in Brüssel über den chemischen Prozeß der Vitalität. In: Neues Journal der Physik, Bd. 4, H. 2 (1797), S. 171-179, hier S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_vitalitaet_1797/8>, abgerufen am 23.11.2024.