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Humboldt, Alexander von: Ueber zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen. In: Jahrbuch für 1837. Herausgegeben von H. C. Schumacher. Stuttgart und Tübingen, 1837, S. 176-206.

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Besteigung des Chimboraza.
in ihm auch nicht einen Seitenausbruch dieses Colos-
ses erkennen, so ist der Ursprung dieses Eruptions-
kegels doch gewiss den unterirdischen Mächten zu-
zuschreiben, die unter dem Chimborazo Jahrtausende
lang vergeblich einen Ausweg gesucht haben. Er ist
späteren Ursprungs, als die Erhebung des grossen
glockenförmigeren Berges. Der Yana-Urcu bildet mit
dem nördlicheren Hügel Naguangachi eine zusammen-
hängende Anhöhe, in Form eines Hufeisens; der Bogen
(mehr als Halbzirkel) ist gegen Osten geöffnet.
Wahrscheinlich liegt in der Mitte des Hufeisens der
Punkt, aus dem die schwarzen Schlacken ausgestos-
sen werden, die jetzt weit umher verbreitet sind.
Wir fanden dort eine trichterförmige Senkung von
etwa 120 Fuss Tiefe, in deren Innerem ein kleiner
runder Hügel steht, dessen Höhe den umgebenden
Rand nicht erreicht. Yana-Urcu heisst eigentlich der
südliche Culminationspunkt des alten Craterrandes,
der höchstens 400 Fuss über der Fläche von Calpi
erhaben ist. Naguangachi heisst das nördliche niedere
Ende. Die ganze Anhöhe erinnert durch ihre Huf-
eisenform, aber nicht durch ihr Gestein, an den etwas
höheren Hügel Javirac (el Panecillo de Quito), der sich
isolirt am Fusse des Vulkan Pichincha in der Ebene
von Turubamba erhebt, und der auf La Condamine's
oder vielmehr Morainville's Karte irrig als ein voll-
kommener Kegel abgebildet ist. Nach der Tradition
der Eingebornen und nach alten Handschriften, welche
der Cacike oder Apu von Lican, ein Abkömmling der
alten Fürsten des Landes, (der Conchocandi) besass,
ist der vulkanische Ausbruch des Yana-Urcu gleich
nach dem Tode des Inca Tupa-Yupanqui, also wohl
in der Mitte des 15ten Jahrhunderts erfolgt. Die

Besteigung des Chimboraza.
in ihm auch nicht einen Seitenausbruch dieses Colos-
ses erkennen, so ist der Ursprung dieses Eruptions-
kegels doch gewiss den unterirdischen Mächten zu-
zuschreiben, die unter dem Chimborazo Jahrtausende
lang vergeblich einen Ausweg gesucht haben. Er ist
späteren Ursprungs, als die Erhebung des grossen
glockenförmigeren Berges. Der Yana-Urcu bildet mit
dem nördlicheren Hügel Naguangachi eine zusammen-
hängende Anhöhe, in Form eines Hufeisens; der Bogen
(mehr als Halbzirkel) ist gegen Osten geöffnet.
Wahrscheinlich liegt in der Mitte des Hufeisens der
Punkt, aus dem die schwarzen Schlacken ausgestos-
sen werden, die jetzt weit umher verbreitet sind.
Wir fanden dort eine trichterförmige Senkung von
etwa 120 Fuss Tiefe, in deren Innerem ein kleiner
runder Hügel steht, dessen Höhe den umgebenden
Rand nicht erreicht. Yana-Urcu heisst eigentlich der
südliche Culminationspunkt des alten Craterrandes,
der höchstens 400 Fuss über der Fläche von Calpi
erhaben ist. Naguangachi heisst das nördliche niedere
Ende. Die ganze Anhöhe erinnert durch ihre Huf-
eisenform, aber nicht durch ihr Gestein, an den etwas
höheren Hügel Javirac (el Panecillo de Quito), der sich
isolirt am Fusse des Vulkan Pichincha in der Ebene
von Turubamba erhebt, und der auf La Condamine's
oder vielmehr Morainville's Karte irrig als ein voll-
kommener Kegel abgebildet ist. Nach der Tradition
der Eingebornen und nach alten Handschriften, welche
der Cacike oder Apu von Lican, ein Abkömmling der
alten Fürsten des Landes, (der Conchocandi) besass,
ist der vulkanische Ausbruch des Yana-Urcu gleich
nach dem Tode des Inca Tupa-Yupanqui, also wohl
in der Mitte des 15ten Jahrhunderts erfolgt. Die

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[182/0009] Besteigung des Chimboraza. in ihm auch nicht einen Seitenausbruch dieses Colos- ses erkennen, so ist der Ursprung dieses Eruptions- kegels doch gewiss den unterirdischen Mächten zu- zuschreiben, die unter dem Chimborazo Jahrtausende lang vergeblich einen Ausweg gesucht haben. Er ist späteren Ursprungs, als die Erhebung des grossen glockenförmigeren Berges. Der Yana-Urcu bildet mit dem nördlicheren Hügel Naguangachi eine zusammen- hängende Anhöhe, in Form eines Hufeisens; der Bogen (mehr als Halbzirkel) ist gegen Osten geöffnet. Wahrscheinlich liegt in der Mitte des Hufeisens der Punkt, aus dem die schwarzen Schlacken ausgestos- sen werden, die jetzt weit umher verbreitet sind. Wir fanden dort eine trichterförmige Senkung von etwa 120 Fuss Tiefe, in deren Innerem ein kleiner runder Hügel steht, dessen Höhe den umgebenden Rand nicht erreicht. Yana-Urcu heisst eigentlich der südliche Culminationspunkt des alten Craterrandes, der höchstens 400 Fuss über der Fläche von Calpi erhaben ist. Naguangachi heisst das nördliche niedere Ende. Die ganze Anhöhe erinnert durch ihre Huf- eisenform, aber nicht durch ihr Gestein, an den etwas höheren Hügel Javirac (el Panecillo de Quito), der sich isolirt am Fusse des Vulkan Pichincha in der Ebene von Turubamba erhebt, und der auf La Condamine's oder vielmehr Morainville's Karte irrig als ein voll- kommener Kegel abgebildet ist. Nach der Tradition der Eingebornen und nach alten Handschriften, welche der Cacike oder Apu von Lican, ein Abkömmling der alten Fürsten des Landes, (der Conchocandi) besass, ist der vulkanische Ausbruch des Yana-Urcu gleich nach dem Tode des Inca Tupa-Yupanqui, also wohl in der Mitte des 15ten Jahrhunderts erfolgt. Die

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen. In: Jahrbuch für 1837. Herausgegeben von H. C. Schumacher. Stuttgart und Tübingen, 1837, S. 176-206, hier S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_versuche_1837/9>, abgerufen am 24.04.2024.