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Humboldt, Alexander von: Ueber zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen. In: Jahrbuch für 1837. Herausgegeben von H. C. Schumacher. Stuttgart und Tübingen, 1837, S. 176-206.

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Besteigung des Chimborazo.
Tradition sagt, es sey eine Feuerkugel oder gar ein
Stern vom Himmel gefallen und habe den Berg ent-
zündet. Solche Mythen, welche Aerolithenfälle mit
Entzündungen in Verbindung setzen, sind auch unter
den mexikanischen Völkerstämmen verbreitet. Das Ge-
stein des Yana-Urcu ist eine poröse, dunkel nelken-
braune, oft ganz schwarze schlackige Masse, die man
leicht mit porösem Basalt verwechseln kann. Olivin
fehlt gänzlich daran. Die weissen sehr sparsam darin
liegenden Krystalle sind überaus klein und wahr-
scheinlich Labrador. Hier und da sah ich Schwefel-
kies eingesprengt. Das Ganze gehört wohl dem
schwarzen Augit-Porphyr an, wie die ganze Forma-
tion des Chimborazo, von dem wir unten reden wer-
den, und der ich nicht den Namen Trachyt geben mag,
da sie keinen Feldspath (mit etwas Albit) wie unser
Trachyt des Siebengebirges bei Bonn enthält. Die schla-
ckenartigen, durch ein sehr thätiges Feuer veränder-
ten Massen des Yana-Urcu sind zwar überaus leicht,
aber eigentlicher Bimstein ist dort nicht ausgeworfen
worden. Der Ausbruch ist durch eine graue, unregel-
mässig geschichtete Masse von Dolerit geschehen, der
hier die Hochebene bildet und dem Gestein von
Penipe (am Fuss des Vulkans von Tungurahua) ähn-
lich ist, wo Syenit und granathaltiger Glimmerschiefer
durchbrochen worden sind. Am östlichen Abhange
des Yana-Urcu, oder vielmehr am Fuss des Hügels
gegen Lican zu, führten uns die Eingebornen an einen
vorspringenden Fels, an dem eine Oeffnung dem Mund-
loch eines verfallenen Stollens glich. Man hört hier
und auch schon in zehn Fuss Entfernung ein heftiges
unterirdisches Getöse, das von einem Luftstrome oder
unterirdischen Winde begleitet ist. Die Luftströmung

Besteigung des Chimborazo.
Tradition sagt, es sey eine Feuerkugel oder gar ein
Stern vom Himmel gefallen und habe den Berg ent-
zündet. Solche Mythen, welche Aerolithenfälle mit
Entzündungen in Verbindung setzen, sind auch unter
den mexikanischen Völkerstämmen verbreitet. Das Ge-
stein des Yana-Urcu ist eine poröse, dunkel nelken-
braune, oft ganz schwarze schlackige Masse, die man
leicht mit porösem Basalt verwechseln kann. Olivin
fehlt gänzlich daran. Die weissen sehr sparsam darin
liegenden Krystalle sind überaus klein und wahr-
scheinlich Labrador. Hier und da sah ich Schwefel-
kies eingesprengt. Das Ganze gehört wohl dem
schwarzen Augit-Porphyr an, wie die ganze Forma-
tion des Chimborazo, von dem wir unten reden wer-
den, und der ich nicht den Namen Trachyt geben mag,
da sie keinen Feldspath (mit etwas Albit) wie unser
Trachyt des Siebengebirges bei Bonn enthält. Die schla-
ckenartigen, durch ein sehr thätiges Feuer veränder-
ten Massen des Yana-Urcu sind zwar überaus leicht,
aber eigentlicher Bimstein ist dort nicht ausgeworfen
worden. Der Ausbruch ist durch eine graue, unregel-
mässig geschichtete Masse von Dolerit geschehen, der
hier die Hochebene bildet und dem Gestein von
Penipe (am Fuss des Vulkans von Tungurahua) ähn-
lich ist, wo Syenit und granathaltiger Glimmerschiefer
durchbrochen worden sind. Am östlichen Abhange
des Yana-Urcu, oder vielmehr am Fuss des Hügels
gegen Lican zu, führten uns die Eingebornen an einen
vorspringenden Fels, an dem eine Oeffnung dem Mund-
loch eines verfallenen Stollens glich. Man hört hier
und auch schon in zehn Fuss Entfernung ein heftiges
unterirdisches Getöse, das von einem Luftstrome oder
unterirdischen Winde begleitet ist. Die Luftströmung

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[183/0010] Besteigung des Chimborazo. Tradition sagt, es sey eine Feuerkugel oder gar ein Stern vom Himmel gefallen und habe den Berg ent- zündet. Solche Mythen, welche Aerolithenfälle mit Entzündungen in Verbindung setzen, sind auch unter den mexikanischen Völkerstämmen verbreitet. Das Ge- stein des Yana-Urcu ist eine poröse, dunkel nelken- braune, oft ganz schwarze schlackige Masse, die man leicht mit porösem Basalt verwechseln kann. Olivin fehlt gänzlich daran. Die weissen sehr sparsam darin liegenden Krystalle sind überaus klein und wahr- scheinlich Labrador. Hier und da sah ich Schwefel- kies eingesprengt. Das Ganze gehört wohl dem schwarzen Augit-Porphyr an, wie die ganze Forma- tion des Chimborazo, von dem wir unten reden wer- den, und der ich nicht den Namen Trachyt geben mag, da sie keinen Feldspath (mit etwas Albit) wie unser Trachyt des Siebengebirges bei Bonn enthält. Die schla- ckenartigen, durch ein sehr thätiges Feuer veränder- ten Massen des Yana-Urcu sind zwar überaus leicht, aber eigentlicher Bimstein ist dort nicht ausgeworfen worden. Der Ausbruch ist durch eine graue, unregel- mässig geschichtete Masse von Dolerit geschehen, der hier die Hochebene bildet und dem Gestein von Penipe (am Fuss des Vulkans von Tungurahua) ähn- lich ist, wo Syenit und granathaltiger Glimmerschiefer durchbrochen worden sind. Am östlichen Abhange des Yana-Urcu, oder vielmehr am Fuss des Hügels gegen Lican zu, führten uns die Eingebornen an einen vorspringenden Fels, an dem eine Oeffnung dem Mund- loch eines verfallenen Stollens glich. Man hört hier und auch schon in zehn Fuss Entfernung ein heftiges unterirdisches Getöse, das von einem Luftstrome oder unterirdischen Winde begleitet ist. Die Luftströmung

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen. In: Jahrbuch für 1837. Herausgegeben von H. C. Schumacher. Stuttgart und Tübingen, 1837, S. 176-206, hier S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_versuche_1837/10>, abgerufen am 29.03.2024.