Humboldt, Alexander von: Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika. In: Allgemeine Geographische Ephemeriden. Bd. 9 (1802) St. 4, S. 310-329.Abhandlungen. lage dienen könnten. Seit einem halben Jahrhun-dert hat man zwar manche auffallende Bemerkun- gen über dieses Land gesammelt, aber keine ein- zige Idee, die eigentlich die Geologie desselben be- trifft, wurde bekannt. Das grosse Genie von Con- damine, der Eifer des D. Georg Juan de Ulloa würden uns gewiss hier nicht im Dunkel gelassen haben, aber damals gab es fast noch keine Minera- logie. Alles, was man zu dieser Zeit machen konn- te, war -- ausmessen und nivelliren. Indem sie auf der hohen Cordillere der Anden, die von Nor- den nach Süden streicht, und von Zitara bis zum Cap Pilar, sich erstreckt, beschäftigt waren, und die ungeheure Höhe des Gebirges bewunderten, ver- gassen sie, dass das südliche Amerika andere Cor- dilleren auf [w]eisst, die dem Aequator parallel von Osten nach Westen streichen, und die durch ihre Höhe, wenigstens eben so sehr die Aufmerksamkeit der Naturforscher verdienen, als die Carpathen, der Caucasus, die Alpen des Valais und die Pyrenäen. Man beschreibt uns den ganzen ungeheuren Land- strich an der westlichen Seite der Anden, der sich schräg bis an die Küsten von Guiana und Brasilien hin erstreckt, als eine niedrige Ebene, die den Ue- berschwemmungen der Flüsse ausgesetzt ist. Da nur zuweilen einige Mönche, Missionäre des h. Francis- cus, und selten Soldaten über die Cataracten hinaus bis zum Rio negro gelangen, so bilden sich selbst die Bewohner der Küste von Caracas ein, dass die ungeheuern Ebenen, (Llanos de Calabozo, del Guarico, de Apure,) die sie südlich über den Thä- lern Aragua sehen, sich ohne Unterbrechung bis zu den Pampas von Buenos-Ayres und bis zu den Pata-
Abhandlungen. lage dienen könnten. Seit einem halben Jahrhun-dert hat man zwar manche auffallende Bemerkun- gen über dieſes Land geſammelt, aber keine ein- zige Idee, die eigentlich die Geologie deſſelben be- trifft, wurde bekannt. Das groſse Genie von Con- damine, der Eifer des D. Georg Juan de Ulloa würden uns gewiſs hier nicht im Dunkel gelaſſen haben, aber damals gab es faſt noch keine Minera- logie. Alles, was man zu dieſer Zeit machen konn- te, war — ausmeſſen und nivelliren. Indem ſie auf der hohen Cordillere der Anden, die von Nor- den nach Süden ſtreicht, und von Zitara bis zum Cap Pilar, ſich erſtreckt, beſchäftigt waren, und die ungeheure Höhe des Gebirges bewunderten, ver- gaſsen ſie, daſs das ſüdliche Amerika andere Cor- dilleren auf [w]eiſst, die dem Aequator parallel von Oſten nach Weſten ſtreichen, und die durch ihre Höhe, wenigſtens eben ſo ſehr die Aufmerkſamkeit der Naturforſcher verdienen, als die Carpathen, der Caucaſus, die Alpen des Valais und die Pyrenäen. Man beſchreibt uns den ganzen ungeheuren Land- ſtrich an der weſtlichen Seite der Anden, der ſich ſchräg bis an die Küſten von Guiana und Braſilien hin erſtreckt, als eine niedrige Ebene, die den Ue- berſchwemmungen der Flüſſe ausgeſetzt iſt. Da nur zuweilen einige Mönche, Miſſionäre des h. Francis- cus, und ſelten Soldaten über die Cataracten hinaus bis zum Rio negro gelangen, ſo bilden ſich ſelbſt die Bewohner der Küſte von Caracas ein, daſs die ungeheuern Ebenen, (Llanos de Calabozo, del Guarico, de Apure,) die ſie ſüdlich über den Thä- lern Aragua ſehen, ſich ohne Unterbrechung bis zu den Pampas von Buenos-Ayres und bis zu den Pata-
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Abhandlungen.
lage dienen könnten. Seit einem halben Jahrhun-
dert hat man zwar manche auffallende Bemerkun-
gen über dieſes Land geſammelt, aber keine ein-
zige Idee, die eigentlich die Geologie deſſelben be-
trifft, wurde bekannt. Das groſse Genie von Con-
damine, der Eifer des D. Georg Juan de Ulloa
würden uns gewiſs hier nicht im Dunkel gelaſſen
haben, aber damals gab es faſt noch keine Minera-
logie. Alles, was man zu dieſer Zeit machen konn-
te, war — ausmeſſen und nivelliren. Indem ſie
auf der hohen Cordillere der Anden, die von Nor-
den nach Süden ſtreicht, und von Zitara bis zum
Cap Pilar, ſich erſtreckt, beſchäftigt waren, und
die ungeheure Höhe des Gebirges bewunderten, ver-
gaſsen ſie, daſs das ſüdliche Amerika andere Cor-
dilleren auf weiſst, die dem Aequator parallel von
Oſten nach Weſten ſtreichen, und die durch ihre
Höhe, wenigſtens eben ſo ſehr die Aufmerkſamkeit
der Naturforſcher verdienen, als die Carpathen, der
Caucaſus, die Alpen des Valais und die Pyrenäen.
Man beſchreibt uns den ganzen ungeheuren Land-
ſtrich an der weſtlichen Seite der Anden, der ſich
ſchräg bis an die Küſten von Guiana und Braſilien
hin erſtreckt, als eine niedrige Ebene, die den Ue-
berſchwemmungen der Flüſſe ausgeſetzt iſt. Da nur
zuweilen einige Mönche, Miſſionäre des h. Francis-
cus, und ſelten Soldaten über die Cataracten hinaus
bis zum Rio negro gelangen, ſo bilden ſich ſelbſt
die Bewohner der Küſte von Caracas ein, daſs die
ungeheuern Ebenen, (Llanos de Calabozo, del
Guarico, de Apure,) die ſie ſüdlich über den Thä-
lern Aragua ſehen, ſich ohne Unterbrechung bis zu
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika. In: Allgemeine Geographische Ephemeriden. Bd. 9 (1802) St. 4, S. 310-329, hier S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_skizze01_1802/6>, abgerufen am 20.07.2024. |