Humboldt, Alexander von: Briefe aus Paraguay. In: Hertha, Bd. 2 (1825), S. 696-707.Briefe aus Paraguay, von Alexander v. Humboldt. der zerstörten Stadt Xerez. Nach portugalischen Karten, die miraus Rio Janeiro zugeschickt worden sind, behaupten die Bra- silianer, daß ihr Besitz sich bis zum Fluß Chichuy (Xeruy) bei der alten Mission Belem (Br. 23° 32') erstreckte. Das verrufene Paraguay der Jesuiten umfaßte mehr östliche Län- der an dem linken Ufer des Parana, und zwischen dem Pa- rana, Uruguay und Jbicuy. Die Landeseinwohner bezeichnen diese durch Artigas verwüstete Gegend mit dem Namen Un- ter-Paraguay (Basso-Paraguay) und die Ausdehnung dessel- ben Namens gegen die Capitania San Paulo und Montevideo hin, hat in unseren Karten und Erdbeschreibungen zu vielen Verwirrungen Anlaß gegeben. Vor dem Kriege der Unab- hängigkeit und der Trennung der spanischen Kolonien von dem Mutterlande nannte man officiell 1) Gobierno de Montevideo das Küstenland bis zum Piratiny und Rio Negro; 2) Gobierno del Uruguay das Land zwischen dem Rio Negro und dem Uruguay-Flusse; 3) Gobierno de Corrientes y de Missiones das Land zwischen dem Uru- guay, Curitiba oder Yguazu, Parana (von der Einmündung des Curitiba bis zu der verkehrreichen Stadt Corrientes) und Rio Paraguay (abwärts von Corrientes bis Buenos-Ay- res), 4) Gobierno del Paraguay das Mesopotamien zwischen dem östlichen Ufer des Paraguay und dem westlichen Ufer des Parana. Die neueren politischen Ereignisse haben Gränzen und Nomenklatur zugleich verändert. Es ist hier hinlänglich zu erinnern, daß Entre Rios das mit Buenos- Ayres konföderirt gebliebene Gobierno de Corrientes ge- nannt wird, in dessen nördlichem Theile die, unter den Jesui- ten so berühmten, jetzt verheerten Missionen, Cande- laria, Loreto und Santes Apostoles liegen; daß Provincia de Missiones jetzt das Land östlich vom Uruguay, zwischen dem Jbicuy, der Berggruppe S. Xavier und der Mission San Angel heißt, wie Provincia Cisplatina die Strecke zwischen der Mündung des Platastromes, dem Uruguay, dem Jbicuy und der Capitania de Rio Grande. Diesen portuga- lischen, oder vielmehr brasilischen Besitz der Provincia Briefe aus Paraguay, von Alexander v. Humboldt. der zerſtörten Stadt Xerez. Nach portugaliſchen Karten, die miraus Rio Janeiro zugeſchickt worden ſind, behaupten die Bra- ſilianer, daß ihr Beſitz ſich bis zum Fluß Chichuy (Xeruy) bei der alten Miſſion Belem (Br. 23° 32′) erſtreckte. Das verrufene Paraguay der Jeſuiten umfaßte mehr öſtliche Län- der an dem linken Ufer des Parana, und zwiſchen dem Pa- rana, Uruguay und Jbicuy. Die Landeseinwohner bezeichnen dieſe durch Artigas verwüſtete Gegend mit dem Namen Un- ter-Paraguay (Baſſo-Paraguay) und die Ausdehnung deſſel- ben Namens gegen die Capitania San Paulo und Montevideo hin, hat in unſeren Karten und Erdbeſchreibungen zu vielen Verwirrungen Anlaß gegeben. Vor dem Kriege der Unab- hängigkeit und der Trennung der ſpaniſchen Kolonien von dem Mutterlande nannte man officiell 1) Gobierno de Montevideo das Küſtenland bis zum Piratiny und Rio Negro; 2) Gobierno del Uruguay das Land zwiſchen dem Rio Negro und dem Uruguay-Fluſſe; 3) Gobierno de Corrientes y de Miſſiones das Land zwiſchen dem Uru- guay, Curitiba oder Yguazu, Parana (von der Einmündung des Curitiba bis zu der verkehrreichen Stadt Corrientes) und Rio Paraguay (abwärts von Corrientes bis Buenos-Ay- res), 4) Gobierno del Paraguay das Meſopotamien zwiſchen dem öſtlichen Ufer des Paraguay und dem weſtlichen Ufer des Parana. Die neueren politiſchen Ereigniſſe haben Gränzen und Nomenklatur zugleich verändert. Es iſt hier hinlänglich zu erinnern, daß Entre Rios das mit Buenos- Ayres konföderirt gebliebene Gobierno de Corrientes ge- nannt wird, in deſſen nördlichem Theile die, unter den Jeſui- ten ſo berühmten, jetzt verheerten Miſſionen, Cande- laria, Loreto und Santes Apoſtoles liegen; daß Provincia de Miſſiones jetzt das Land öſtlich vom Uruguay, zwiſchen dem Jbicuy, der Berggruppe S. Xavier und der Miſſion San Angel heißt, wie Provincia Cisplatina die Strecke zwiſchen der Mündung des Plataſtromes, dem Uruguay, dem Jbicuy und der Capitania de Rio Grande. Dieſen portuga- liſchen, oder vielmehr braſiliſchen Beſitz der Provincia <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0003" n="697"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#b">Briefe aus Paraguay, von Alexander v. Humboldt.</hi></fw><lb/> der zerſtörten Stadt Xerez. 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Briefe aus Paraguay, von Alexander v. Humboldt.
der zerſtörten Stadt Xerez. Nach portugaliſchen Karten, die mir
aus Rio Janeiro zugeſchickt worden ſind, behaupten die Bra-
ſilianer, daß ihr Beſitz ſich bis zum Fluß Chichuy (Xeruy)
bei der alten Miſſion Belem (Br. 23° 32′) erſtreckte. Das
verrufene Paraguay der Jeſuiten umfaßte mehr öſtliche Län-
der an dem linken Ufer des Parana, und zwiſchen dem Pa-
rana, Uruguay und Jbicuy. Die Landeseinwohner bezeichnen
dieſe durch Artigas verwüſtete Gegend mit dem Namen Un-
ter-Paraguay (Baſſo-Paraguay) und die Ausdehnung deſſel-
ben Namens gegen die Capitania San Paulo und Montevideo
hin, hat in unſeren Karten und Erdbeſchreibungen zu vielen
Verwirrungen Anlaß gegeben. Vor dem Kriege der Unab-
hängigkeit und der Trennung der ſpaniſchen Kolonien von
dem Mutterlande nannte man officiell 1) Gobierno de
Montevideo das Küſtenland bis zum Piratiny und Rio
Negro; 2) Gobierno del Uruguay das Land zwiſchen
dem Rio Negro und dem Uruguay-Fluſſe; 3) Gobierno de
Corrientes y de Miſſiones das Land zwiſchen dem Uru-
guay, Curitiba oder Yguazu, Parana (von der Einmündung
des Curitiba bis zu der verkehrreichen Stadt Corrientes)
und Rio Paraguay (abwärts von Corrientes bis Buenos-Ay-
res), 4) Gobierno del Paraguay das Meſopotamien
zwiſchen dem öſtlichen Ufer des Paraguay und dem weſtlichen
Ufer des Parana. Die neueren politiſchen Ereigniſſe haben
Gränzen und Nomenklatur zugleich verändert. Es iſt hier
hinlänglich zu erinnern, daß Entre Rios das mit Buenos-
Ayres konföderirt gebliebene Gobierno de Corrientes ge-
nannt wird, in deſſen nördlichem Theile die, unter den Jeſui-
ten ſo berühmten, jetzt verheerten Miſſionen, Cande-
laria, Loreto und Santes Apoſtoles liegen; daß Provincia
de Miſſiones jetzt das Land öſtlich vom Uruguay, zwiſchen
dem Jbicuy, der Berggruppe S. Xavier und der Miſſion San
Angel heißt, wie Provincia Cisplatina die Strecke
zwiſchen der Mündung des Plataſtromes, dem Uruguay, dem
Jbicuy und der Capitania de Rio Grande. Dieſen portuga-
liſchen, oder vielmehr braſiliſchen Beſitz der Provincia
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