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Humboldt, Alexander von: Beobachtungen eines Nordlichts in Berlin. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 10 (1827), S. 510-512.

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und Jütland, so wie zwischen Fahlun und Upsala,
bei hellem Mondschein eins der schönsten Nord-
lichter beobachtet worden. Ob man es weiter ge-
gen Süden gesehen hat, und wie weit, ist noch
nicht bekannt geworden. Wahrscheinlich ist indeß
Berlin nicht der südlichste Punkt gewesen, da die
Strahlen hier noch eine beträchtliche Höhe erreich-
ten. Ob wir übrigens wieder einer nordlichtreiche-
ren Periode entgegen gehen, und ob das seit 1819 be-
obachtete Zurückweichen der Magnetnadel von We-
sten*) damit in Zusammenhange stehe, muß der Zu-
kunft überlassen bleiben. Jedenfalls ist es für unsere
Gegenden rathsam, den nordwestlichen Himmel so
oft zu beobachten, als es die Umstände erlauben.**)     P.



*) Nach den Beobachtungen des Obersten Beaufoy zu Bushey
Heath, bei Stanmore (Lat. 51° 37' 42" N. B. und Long. 1'
20",7 in Zeit westl. von Greenwich), war daselbst die westliche
Ablenkung der Magnetnadel im März 1819 am größten und
betrug im Mittel, Morgens um 8h 41': 24° 33' 18" W., Mit-
tags 1h 22': 24° 41' 42" W. und Abends um 6h 24° 35' 17" W.
Im März 1822 war sie Morgens 8h 34': 24° 27' 38" Mittags
1h 29': 24° 36' 36" und Abends 6h 20': 24° 28' 45". Die
Abnahme betrug also: Morgens 5' 40", Mittags 5' 06", Abends
6' 32", also im Mittel 5' 46", oder jährlich 1' 55". Später-
hin sind leider vom Obersten B. keine Beobachtungen wei-
ter bekannt gemacht. (Annal. of Phil. XIII. 396 etc. N. S. III.
396). Indeß sagt Hr. Arago, im Annuaire für 1827 p. 207,
die Magnetnadel habe auch in den Jahren 1825 und 1826 ihre
rückgängige Bewegung fortgesetzt, und er fügt noch die nicht
unrichtige Bemerkung hinzu, daß bis jetzt nur bei der Decli-
nation der Magnetnadel ein solcher Wendepunkt beobachtet
sey; daß die Inclination derselben hingegen; seit den ältesten
Beobachtungen bis zu dem heutigen Tage, in unseren Gegen-
den, fortwährend abgenommen habe.    P.
**) Wirklich hat sich hier seitdem, am 26. Septemb. ein zweites
Nordlicht gezeigt. Ich wurde es um 101/2 Uhr Abends gewahr
und sah es, obgleich es in der Zwischenzeit unmerklich ge-
worden, noch in der Nacht kurz vor 1 Uhr. Beidemal war
es ein weißer, flimmernder Schein, der bald in NNO, bald
in NNW und hier bis zur Höhe des großen Bären, die Zwi-
schenräume erhellte, welche mehrere schwarze Streifenwolken
von einander trennten. Eine dunkle Wolkenbank lag am nörd-
lichen Horizont und von dieser schienen, von einem Punkt in
NW, die Streifen strahlenartig auszulaufen. Muthmaßlich
hatte auch der Lichtschein seinen Hauptsitz in NW; aber diese
Gegend war zu stark bezogen, um darüber mit Gewißheit zu
entscheiden. Dasselbe Nordlicht ist auch in Stettin gesehen worden.    P.

und Jütland, ſo wie zwiſchen Fahlun und Upſala,
bei hellem Mondſchein eins der ſchönſten Nord-
lichter beobachtet worden. Ob man es weiter ge-
gen Süden geſehen hat, und wie weit, iſt noch
nicht bekannt geworden. Wahrſcheinlich iſt indeß
Berlin nicht der ſüdlichſte Punkt geweſen, da die
Strahlen hier noch eine beträchtliche Höhe erreich-
ten. Ob wir übrigens wieder einer nordlichtreiche-
ren Periode entgegen gehen, und ob das ſeit 1819 be-
obachtete Zurückweichen der Magnetnadel von We-
ſten*) damit in Zuſammenhange ſtehe, muß der Zu-
kunft überlaſſen bleiben. Jedenfalls iſt es für unſere
Gegenden rathſam, den nordweſtlichen Himmel ſo
oft zu beobachten, als es die Umſtände erlauben.**)     P.



*) Nach den Beobachtungen des Oberſten Beaufoy zu Bushey
Heath, bei Stanmore (Lat. 51° 37′ 42″ N. B. und Long. 1′
20″,7 in Zeit weſtl. von Greenwich), war daſelbſt die weſtliche
Ablenkung der Magnetnadel im März 1819 am größten und
betrug im Mittel, Morgens um 8h 41′: 24° 33′ 18″ W., Mit-
tags 1h 22′: 24° 41′ 42″ W. und Abends um 6h 24° 35′ 17″ W.
Im März 1822 war ſie Morgens 8h 34′: 24° 27′ 38″ Mittags
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Abnahme betrug alſo: Morgens 5′ 40″, Mittags 5′ 06″, Abends
6′ 32″, alſo im Mittel 5′ 46″, oder jährlich 1′ 55″. Später-
hin ſind leider vom Oberſten B. keine Beobachtungen wei-
ter bekannt gemacht. (Annal. of Phil. XIII. 396 etc. N. S. III.
396). Indeß ſagt Hr. Arago, im Annuaire für 1827 p. 207,
die Magnetnadel habe auch in den Jahren 1825 und 1826 ihre
rückgängige Bewegung fortgeſetzt, und er fügt noch die nicht
unrichtige Bemerkung hinzu, daß bis jetzt nur bei der Decli-
nation der Magnetnadel ein ſolcher Wendepunkt beobachtet
ſey; daß die Inclination derſelben hingegen; ſeit den älteſten
Beobachtungen bis zu dem heutigen Tage, in unſeren Gegen-
den, fortwährend abgenommen habe.    P.
**) Wirklich hat ſich hier ſeitdem, am 26. Septemb. ein zweites
Nordlicht gezeigt. Ich wurde es um 10½ Uhr Abends gewahr
und ſah es, obgleich es in der Zwiſchenzeit unmerklich ge-
worden, noch in der Nacht kurz vor 1 Uhr. Beidemal war
es ein weißer, flimmernder Schein, der bald in NNO, bald
in NNW und hier bis zur Höhe des großen Bären, die Zwi-
ſchenräume erhellte, welche mehrere ſchwarze Streifenwolken
von einander trennten. Eine dunkle Wolkenbank lag am nörd-
lichen Horizont und von dieſer ſchienen, von einem Punkt in
NW, die Streifen ſtrahlenartig auszulaufen. Muthmaßlich
hatte auch der Lichtſchein ſeinen Hauptſitz in NW; aber dieſe
Gegend war zu ſtark bezogen, um darüber mit Gewißheit zu
entſcheiden. Daſſelbe Nordlicht iſt auch in Stettin geſehen worden.    P.
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[512/0004] und Jütland, ſo wie zwiſchen Fahlun und Upſala, bei hellem Mondſchein eins der ſchönſten Nord- lichter beobachtet worden. Ob man es weiter ge- gen Süden geſehen hat, und wie weit, iſt noch nicht bekannt geworden. Wahrſcheinlich iſt indeß Berlin nicht der ſüdlichſte Punkt geweſen, da die Strahlen hier noch eine beträchtliche Höhe erreich- ten. Ob wir übrigens wieder einer nordlichtreiche- ren Periode entgegen gehen, und ob das ſeit 1819 be- obachtete Zurückweichen der Magnetnadel von We- ſten *) damit in Zuſammenhange ſtehe, muß der Zu- kunft überlaſſen bleiben. Jedenfalls iſt es für unſere Gegenden rathſam, den nordweſtlichen Himmel ſo oft zu beobachten, als es die Umſtände erlauben. **) P. *) Nach den Beobachtungen des Oberſten Beaufoy zu Bushey Heath, bei Stanmore (Lat. 51° 37′ 42″ N. B. und Long. 1′ 20″,7 in Zeit weſtl. von Greenwich), war daſelbſt die weſtliche Ablenkung der Magnetnadel im März 1819 am größten und betrug im Mittel, Morgens um 8h 41′: 24° 33′ 18″ W., Mit- tags 1h 22′: 24° 41′ 42″ W. und Abends um 6h 24° 35′ 17″ W. Im März 1822 war ſie Morgens 8h 34′: 24° 27′ 38″ Mittags 1h 29′: 24° 36′ 36″ und Abends 6h 20′: 24° 28′ 45″. Die Abnahme betrug alſo: Morgens 5′ 40″, Mittags 5′ 06″, Abends 6′ 32″, alſo im Mittel 5′ 46″, oder jährlich 1′ 55″. Später- hin ſind leider vom Oberſten B. keine Beobachtungen wei- ter bekannt gemacht. (Annal. of Phil. XIII. 396 etc. N. S. III. 396). Indeß ſagt Hr. Arago, im Annuaire für 1827 p. 207, die Magnetnadel habe auch in den Jahren 1825 und 1826 ihre rückgängige Bewegung fortgeſetzt, und er fügt noch die nicht unrichtige Bemerkung hinzu, daß bis jetzt nur bei der Decli- nation der Magnetnadel ein ſolcher Wendepunkt beobachtet ſey; daß die Inclination derſelben hingegen; ſeit den älteſten Beobachtungen bis zu dem heutigen Tage, in unſeren Gegen- den, fortwährend abgenommen habe. P. **) Wirklich hat ſich hier ſeitdem, am 26. Septemb. ein zweites Nordlicht gezeigt. Ich wurde es um 10½ Uhr Abends gewahr und ſah es, obgleich es in der Zwiſchenzeit unmerklich ge- worden, noch in der Nacht kurz vor 1 Uhr. Beidemal war es ein weißer, flimmernder Schein, der bald in NNO, bald in NNW und hier bis zur Höhe des großen Bären, die Zwi- ſchenräume erhellte, welche mehrere ſchwarze Streifenwolken von einander trennten. Eine dunkle Wolkenbank lag am nörd- lichen Horizont und von dieſer ſchienen, von einem Punkt in NW, die Streifen ſtrahlenartig auszulaufen. Muthmaßlich hatte auch der Lichtſchein ſeinen Hauptſitz in NW; aber dieſe Gegend war zu ſtark bezogen, um darüber mit Gewißheit zu entſcheiden. Daſſelbe Nordlicht iſt auch in Stettin geſehen worden. P.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Beobachtungen eines Nordlichts in Berlin. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 10 (1827), S. 510-512, hier S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_nordlicht_1827/4>, abgerufen am 20.04.2024.