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Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145.

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selben durch die Beobachtung führen soll, muß zugleich der Blick gerichtet werden auf die gruppenweise Scheidung des Ungleichartigen und auf die Erforschung des Causalzusammenhanges aller Erscheinungen.

Das Auffinden von antillischen Tropen-Producten an den Küsten der Orkney-Inseln und Hebriden hatte früh, in den letzten Decennien des 17ten Jahrhunderts, auf die Idee von Anspülungen durch Meeresströmungen und Wirkung lange wehender Südwest-Winde geleitet. Später fand man dieselben fremdartigen Producte im hohen Norden: Saamen von Mimosa scandens, Dolichos urens und Guilandina bonduc, ja Cocosnüsse in fast 60° Breite bei Söndmör1 im norwegischen Stifte Bergen. Es ist allgemein bekannt, wie angeschwemmte hohe, dicke Internodien von Bambusrohr, welche neun garrafas de vino aufnehmen konnten; große Pinus-Stämme, und Leichname von Menschen fremdartiger Gesichtsbildung an die azorischen Inseln;2 wie Kähne mit lebenden Menschen ähnlicher Art (almadias con casa movediza que nunca se hunden), bei dem Cabo de la Verga3 gelandet, schon vor der Entdeckung von Amerika bei dem Piloten Martin Vicente, bei Pedro Correa, dem Schwager des Columbus, und bei ihm selbst den Glauben an tief im Westen liegende Länder hervorgerufen haben. Neuere und auffallendere Beweise dieser Wirkung des Golfstroms habe ich in mehreren meiner Schriften4 zusammengestellt; und eine

1 Ström, Beskrivelse over Fogderiet Söndmör Part I (1762) p. 138-140.
2 Fern. Colon, Vida del Almirante cap. 8.
3 Herrera Dec. I. lib. I cap. 2.
4 Rel. hist. T. I. p. 71, Ansichten der Natur (dritte Ausgabe) Bd. I. S. 197-201, Examen crit. T. II. p. 246-275. In dem letzten Werke habe ich mich besonders bemüht die wiederholte Erscheinung der Eskimos (eines vormals zahlreicheren Völkerstammes, welcher weit südlich von Grönland und Labrador auch einen beträchtlichen Theil der Vereinigten Staaten von Nordamerika bewohnte) zu erläutern. Dahin gehören: die Inder, dem Quintus Metellus Celer zur Zeit von Cicero's Consulat von einem Sueven-König geschenkt; die Inder, welche 1160 unter Kaiser Friedrich Barbarossa auf dem Markte in Lübeck für Geld gezeigt wurden; die von Bembo in der Geschichte von Venedig beschriebenen fremden Menschen (lib. VII ed. 1718 p. 257); und die Finnmen, bei den orkadischen Inseln 1682 und 1684 gesehen. Ueberaus merkwürdig ist es, daß schon Gomara, einer von denjenigen Geschichtsschreibern, die am frühesten das neu entdeckte Amerika besuchten, die Inder des Metellus, deren Cornelius Nepos in einem seiner Fragmente Erwähnung thut, für Eingeborene de la Tierra del Labrador (für Eskimos) hielt: "que los Romanos, engannados en el color, tuvieron por Indianos" (Gomara, Hist. de las Indias, Caragoca 1553 fol. VII). On agrandit la pensee, en reunissant sous un point de vue general les preuves de ces communications lointaines, favorisees par le hazard: on voit, comment les mouvemens de l'Ocean et de l'atmosphere ont pu, des les epoques les plus reculees, contribuer a repandre les differentes races d'hommes sur la surface du globe: on comprend avec Colomb (Vida del Almirante cap. 8), comment un continent a pu se reveler a l'autre. (Examen crit. T. II. p. 259-278.)

selben durch die Beobachtung führen soll, muß zugleich der Blick gerichtet werden auf die gruppenweise Scheidung des Ungleichartigen und auf die Erforschung des Causalzusammenhanges aller Erscheinungen.

Das Auffinden von antillischen Tropen-Producten an den Küsten der Orkney-Inseln und Hebriden hatte früh, in den letzten Decennien des 17ten Jahrhunderts, auf die Idee von Anspülungen durch Meeresströmungen und Wirkung lange wehender Südwest-Winde geleitet. Später fand man dieselben fremdartigen Producte im hohen Norden: Saamen von Mimosa scandens, Dolichos urens und Guilandina bonduc, ja Cocosnüsse in fast 60° Breite bei Söndmör1 im norwegischen Stifte Bergen. Es ist allgemein bekannt, wie angeschwemmte hohe, dicke Internodien von Bambusrohr, welche neun garrafas de vino aufnehmen konnten; große Pinus-Stämme, und Leichname von Menschen fremdartiger Gesichtsbildung an die azorischen Inseln;2 wie Kähne mit lebenden Menschen ähnlicher Art (almadias con casa movediza que nunca se hunden), bei dem Cabo de la Verga3 gelandet, schon vor der Entdeckung von Amerika bei dem Piloten Martin Vicente, bei Pedro Correa, dem Schwager des Columbus, und bei ihm selbst den Glauben an tief im Westen liegende Länder hervorgerufen haben. Neuere und auffallendere Beweise dieser Wirkung des Golfstroms habe ich in mehreren meiner Schriften4 zusammengestellt; und eine

1 Ström, Beskrivelse over Fogderiet Söndmör Part I (1762) p. 138–140.
2 Fern. Colon, Vida del Almirante cap. 8.
3 Herrera Dec. I. lib. I cap. 2.
4 Rel. hist. T. I. p. 71, Ansichten der Natur (dritte Ausgabe) Bd. I. S. 197–201, Examen crit. T. II. p. 246–275. In dem letzten Werke habe ich mich besonders bemüht die wiederholte Erscheinung der Eskimos (eines vormals zahlreicheren Völkerstammes, welcher weit südlich von Grönland und Labrador auch einen beträchtlichen Theil der Vereinigten Staaten von Nordamerika bewohnte) zu erläutern. Dahin gehören: die Inder, dem Quintus Metellus Celer zur Zeit von Cicero's Consulat von einem Sueven-König geschenkt; die Inder, welche 1160 unter Kaiser Friedrich Barbarossa auf dem Markte in Lübeck für Geld gezeigt wurden; die von Bembo in der Geschichte von Venedig beschriebenen fremden Menschen (lib. VII ed. 1718 p. 257); und die Finnmen, bei den orkadischen Inseln 1682 und 1684 gesehen. Ueberaus merkwürdig ist es, daß schon Gomara, einer von denjenigen Geschichtsschreibern, die am frühesten das neu entdeckte Amerika besuchten, die Inder des Metellus, deren Cornelius Nepos in einem seiner Fragmente Erwähnung thut, für Eingeborene de la Tierra del Labrador (für Eskimos) hielt: »que los Romanos, engañados en el color, tuviéron por Indianos« (Gomara, Hist. de las Indias, Caragoça 1553 fol. VII). On agrandit la pensée, en réunissant sous un point de vue général les preuves de ces communications lointaines, favorisées par le hazard: on voit, comment les mouvemens de l'Océan et de l'atmosphère ont pu, dès les époques les plus reculées, contribuer à répandre les différentes races d'hommes sur la surface du globe: on comprend avec Colomb (Vida del Almirante cap. 8), comment un continent a pu se révéler à l'autre. (Examen crit. T. II. p. 259–278.)
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[124/0094] selben durch die Beobachtung führen soll, muß zugleich der Blick gerichtet werden auf die gruppenweise Scheidung des Ungleichartigen und auf die Erforschung des Causalzusammenhanges aller Erscheinungen. Das Auffinden von antillischen Tropen-Producten an den Küsten der Orkney-Inseln und Hebriden hatte früh, in den letzten Decennien des 17ten Jahrhunderts, auf die Idee von Anspülungen durch Meeresströmungen und Wirkung lange wehender Südwest-Winde geleitet. Später fand man dieselben fremdartigen Producte im hohen Norden: Saamen von Mimosa scandens, Dolichos urens und Guilandina bonduc, ja Cocosnüsse in fast 60° Breite bei Söndmör 1 im norwegischen Stifte Bergen. Es ist allgemein bekannt, wie angeschwemmte hohe, dicke Internodien von Bambusrohr, welche neun garrafas de vino aufnehmen konnten; große Pinus-Stämme, und Leichname von Menschen fremdartiger Gesichtsbildung an die azorischen Inseln; 2 wie Kähne mit lebenden Menschen ähnlicher Art (almadias con casa movediza que nunca se hunden), bei dem Cabo de la Verga 3 gelandet, schon vor der Entdeckung von Amerika bei dem Piloten Martin Vicente, bei Pedro Correa, dem Schwager des Columbus, und bei ihm selbst den Glauben an tief im Westen liegende Länder hervorgerufen haben. Neuere und auffallendere Beweise dieser Wirkung des Golfstroms habe ich in mehreren meiner Schriften 4 zusammengestellt; und eine 1 Ström, Beskrivelse over Fogderiet Söndmör Part I (1762) p. 138–140. 2 Fern. Colon, Vida del Almirante cap. 8. 3 Herrera Dec. I. lib. I cap. 2. 4 Rel. hist. T. I. p. 71, Ansichten der Natur (dritte Ausgabe) Bd. I. S. 197–201, Examen crit. T. II. p. 246–275. In dem letzten Werke habe ich mich besonders bemüht die wiederholte Erscheinung der Eskimos (eines vormals zahlreicheren Völkerstammes, welcher weit südlich von Grönland und Labrador auch einen beträchtlichen Theil der Vereinigten Staaten von Nordamerika bewohnte) zu erläutern. Dahin gehören: die Inder, dem Quintus Metellus Celer zur Zeit von Cicero's Consulat von einem Sueven-König geschenkt; die Inder, welche 1160 unter Kaiser Friedrich Barbarossa auf dem Markte in Lübeck für Geld gezeigt wurden; die von Bembo in der Geschichte von Venedig beschriebenen fremden Menschen (lib. VII ed. 1718 p. 257); und die Finnmen, bei den orkadischen Inseln 1682 und 1684 gesehen. Ueberaus merkwürdig ist es, daß schon Gomara, einer von denjenigen Geschichtsschreibern, die am frühesten das neu entdeckte Amerika besuchten, die Inder des Metellus, deren Cornelius Nepos in einem seiner Fragmente Erwähnung thut, für Eingeborene de la Tierra del Labrador (für Eskimos) hielt: »que los Romanos, engañados en el color, tuviéron por Indianos« (Gomara, Hist. de las Indias, Caragoça 1553 fol. VII). On agrandit la pensée, en réunissant sous un point de vue général les preuves de ces communications lointaines, favorisées par le hazard: on voit, comment les mouvemens de l'Océan et de l'atmosphère ont pu, dès les époques les plus reculées, contribuer à répandre les différentes races d'hommes sur la surface du globe: on comprend avec Colomb (Vida del Almirante cap. 8), comment un continent a pu se révéler à l'autre. (Examen crit. T. II. p. 259–278.)

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145, hier S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_meer_1833/94>, abgerufen am 22.11.2024.