Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.anhaltend 5°,8, während die Luft nur 2°,7 über dem Gefrierpunkt war. Das Resultat dieser Beobachtung hat einige Wichtigkeit: denn bereits 2400 Fuß tiefer, an der unteren Grenze des ewigen Schnees der Vulkane von Quito, ist nach vielen von Boussingault und mir gesammelten Beobachtungen die mittlere Wärme der Atmosphäre nicht höher als 1°,6. Die Erd-Temperatur von 5°,8 muß daher der unterirdischen Wärme des Dolerit-Gebirges: ich sage nicht der ganzen Masse, sondern den in derselben aus der Tiefe aufsteigenden Luftströmen, zugeschrieben werden. Am Fuß des Chimborazo, in 8900 Fuß Höhe, gegen das Dörfchen Calpi hin, liegt ohnedies ein kleiner Ausbruch-Krater, Yana-Urcu, der, wie auch sein schwarzes, schlackenartiges Gestein (Augit-Porphyr) bezeugt, in der Mitte des 15ten Jahrhunderts scheint thätig gewesen zu sein.42 Die Dürre der Ebene, aus welcher der Chimborazo aufsteigt, und der unterirdische Bach, den man unter dem eben genannten vulkanischen Hügel Yana-Urcu rauschen hört, haben zu sehr verschiedenen Zeiten Boussingault und mich43 zu der Betrachtung geführt, daß die Wasser, welche die ungeheuren, an ihrer unteren Grenze schmelzenden Schneemassen täglich erzeugen, auf den Klüften und Weitungen der gehobenen Vulkane in die Tiefe versinken. Diese Wasser bringen perpetuirlich eine Erkaltung in den Schichten hervor, durch die sie herabstürzen. Ohne sie würden die ganzen Dolerit- und Trachytberge auch in Zeiten, die keinen nahen Ausbruch verkünden, in ihrem Inneren eine noch höhere Temperatur aus dem ewig wirkenden, vielleicht aber nicht unter allen Breitengraden in gleicher Tiefe liegenden, vulkanischen Urquell annehmen. So ist im Wechselkampfe der Erwärmungs- und Erkältungs-Ursachen ein stetes Fluthen der Wärme auf- und abwärts: anhaltend 5°,8, während die Luft nur 2°,7 über dem Gefrierpunkt war. Das Resultat dieser Beobachtung hat einige Wichtigkeit: denn bereits 2400 Fuß tiefer, an der unteren Grenze des ewigen Schnees der Vulkane von Quito, ist nach vielen von Boussingault und mir gesammelten Beobachtungen die mittlere Wärme der Atmosphäre nicht höher als 1°,6. Die Erd-Temperatur von 5°,8 muß daher der unterirdischen Wärme des Dolerit-Gebirges: ich sage nicht der ganzen Masse, sondern den in derselben aus der Tiefe aufsteigenden Luftströmen, zugeschrieben werden. Am Fuß des Chimborazo, in 8900 Fuß Höhe, gegen das Dörfchen Calpi hin, liegt ohnedies ein kleiner Ausbruch-Krater, Yana-Urcu, der, wie auch sein schwarzes, schlackenartiges Gestein (Augit-Porphyr) bezeugt, in der Mitte des 15ten Jahrhunderts scheint thätig gewesen zu sein.42 Die Dürre der Ebene, aus welcher der Chimborazo aufsteigt, und der unterirdische Bach, den man unter dem eben genannten vulkanischen Hügel Yana-Urcu rauschen hört, haben zu sehr verschiedenen Zeiten Boussingault und mich43 zu der Betrachtung geführt, daß die Wasser, welche die ungeheuren, an ihrer unteren Grenze schmelzenden Schneemassen täglich erzeugen, auf den Klüften und Weitungen der gehobenen Vulkane in die Tiefe versinken. Diese Wasser bringen perpetuirlich eine Erkaltung in den Schichten hervor, durch die sie herabstürzen. Ohne sie würden die ganzen Dolerit- und Trachytberge auch in Zeiten, die keinen nahen Ausbruch verkünden, in ihrem Inneren eine noch höhere Temperatur aus dem ewig wirkenden, vielleicht aber nicht unter allen Breitengraden in gleicher Tiefe liegenden, vulkanischen Urquell annehmen. So ist im Wechselkampfe der Erwärmungs- und Erkältungs-Ursachen ein stetes Fluthen der Wärme auf- und abwärts: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0246" n="241"/> anhaltend 5°,8, während die Luft nur 2°,7 über dem Gefrierpunkt war. Das Resultat dieser Beobachtung hat einige Wichtigkeit: denn bereits 2400 Fuß tiefer, an der unteren Grenze des ewigen Schnees der Vulkane von Quito, ist nach vielen von Boussingault und mir gesammelten Beobachtungen die mittlere Wärme der Atmosphäre nicht höher als 1°,6. Die Erd-Temperatur von 5°,8 muß daher der unterirdischen Wärme des Dolerit-Gebirges: ich sage nicht der ganzen Masse, sondern den in derselben aus der Tiefe aufsteigenden Luftströmen, zugeschrieben werden. Am Fuß des Chimborazo, in 8900 Fuß Höhe, gegen das Dörfchen Calpi hin, liegt ohnedies ein kleiner Ausbruch-Krater, <hi rendition="#g">Yana-Urcu,</hi> der, wie auch sein schwarzes, schlackenartiges Gestein (Augit-Porphyr) bezeugt, in der Mitte des 15ten Jahrhunderts scheint thätig gewesen zu sein.<note xml:id="ftn266" next="ftn266-text" place="end" n="42"/> </p> <p>Die Dürre der Ebene, aus welcher der Chimborazo aufsteigt, und der unterirdische Bach, den man unter dem eben genannten vulkanischen Hügel Yana-Urcu rauschen hört, haben zu sehr verschiedenen Zeiten Boussingault und mich<note xml:id="ftn267" next="ftn267-text" place="end" n="43"/> zu der Betrachtung geführt, daß die Wasser, welche die ungeheuren, an ihrer unteren Grenze schmelzenden Schneemassen täglich erzeugen, auf den Klüften und Weitungen der gehobenen Vulkane in die Tiefe versinken. Diese Wasser bringen perpetuirlich eine Erkaltung in den Schichten hervor, durch die sie herabstürzen. Ohne sie würden die ganzen Dolerit- und Trachytberge auch in Zeiten, die keinen nahen Ausbruch verkünden, in ihrem Inneren eine noch höhere Temperatur aus dem ewig wirkenden, vielleicht aber nicht unter allen Breitengraden in gleicher Tiefe liegenden, vulkanischen Urquell annehmen. So ist im Wechselkampfe der Erwärmungs- und Erkältungs-Ursachen ein stetes Fluthen der Wärme auf- und abwärts: </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [241/0246]
anhaltend 5°,8, während die Luft nur 2°,7 über dem Gefrierpunkt war. Das Resultat dieser Beobachtung hat einige Wichtigkeit: denn bereits 2400 Fuß tiefer, an der unteren Grenze des ewigen Schnees der Vulkane von Quito, ist nach vielen von Boussingault und mir gesammelten Beobachtungen die mittlere Wärme der Atmosphäre nicht höher als 1°,6. Die Erd-Temperatur von 5°,8 muß daher der unterirdischen Wärme des Dolerit-Gebirges: ich sage nicht der ganzen Masse, sondern den in derselben aus der Tiefe aufsteigenden Luftströmen, zugeschrieben werden. Am Fuß des Chimborazo, in 8900 Fuß Höhe, gegen das Dörfchen Calpi hin, liegt ohnedies ein kleiner Ausbruch-Krater, Yana-Urcu, der, wie auch sein schwarzes, schlackenartiges Gestein (Augit-Porphyr) bezeugt, in der Mitte des 15ten Jahrhunderts scheint thätig gewesen zu sein.
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Die Dürre der Ebene, aus welcher der Chimborazo aufsteigt, und der unterirdische Bach, den man unter dem eben genannten vulkanischen Hügel Yana-Urcu rauschen hört, haben zu sehr verschiedenen Zeiten Boussingault und mich
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zu der Betrachtung geführt, daß die Wasser, welche die ungeheuren, an ihrer unteren Grenze schmelzenden Schneemassen täglich erzeugen, auf den Klüften und Weitungen der gehobenen Vulkane in die Tiefe versinken. Diese Wasser bringen perpetuirlich eine Erkaltung in den Schichten hervor, durch die sie herabstürzen. Ohne sie würden die ganzen Dolerit- und Trachytberge auch in Zeiten, die keinen nahen Ausbruch verkünden, in ihrem Inneren eine noch höhere Temperatur aus dem ewig wirkenden, vielleicht aber nicht unter allen Breitengraden in gleicher Tiefe liegenden, vulkanischen Urquell annehmen. So ist im Wechselkampfe der Erwärmungs- und Erkältungs-Ursachen ein stetes Fluthen der Wärme auf- und abwärts:
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/246>, abgerufen am 19.07.2024. |