Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

von Hermann und Adolph Schlagintweit in den östlichen kärnthner und westlichen schweizer Alpen am Monte Rosa geben nur 720 Fuß. Nach der großen Arbeit41 dieser vortrefflichen Beobachter ist "die Abnahme der Quellen-Temperatur jedenfalls etwas langsamer als jene der mittleren Jahres-Temperatur der Luft, welche in den Alpen 540 Fuß für 1° beträgt. Die Quellen sind dort im allgemeinen in gleichem Niveau wärmer als die mittlere Luft-Temperatur; und der Unterschied zwischen Luft- und Quellenwärme wächst mit der Höhe. Die Temperatur des Bodens ist bei gleicher Höhe nicht dieselbe in dem ganzen Alpenzuge, da die isothermen Flächen, welche die Punkte gleicher mittlerer Quellenwärme verbinden, sich um so mehr über das Niveau des Meeres erheben, abgesehen von dem Einfluß der geographischen Breite, je bedeutender die mittlere Anschwellung des umgebenden Bodens ist: alles nach den Gesetzen der Vertheilung der Wärme in einem festen Körper von wechselnder Dicke, mit welchem man das Relief (die Massen-Erhebung) der Alpen vergleichen kann."

In der Andeskette, und gerade in dem vulkanischen Theile derselben, welcher die größten Erhebungen darbietet, kann in einzelnen Fällen das Eingraben von Thermometern durch den Einfluß localer Verhältnisse zu täuschenden Resultaten führen. Nach der früher von mir gefaßten Meinung, daß weitgesehene schwarze Felsgrate, welche die Schneeregion durchsetzen, nicht immer bloß der Configuration und Steilheit ihrer Seitenwände, sondern anderen Ursachen ihren gänzlichen Mangel von Schnee verdanken: grub ich am Chimborazo in einer Höhe von 17160 Fuß, also 3350 Fuß über der Gipfelhöhe des Montblanc, eine Thermometer-Kugel nur drei Zoll in den Sand, der die Kluft in einem Grate füllte. Das Thermometer zeigte

von Hermann und Adolph Schlagintweit in den östlichen kärnthner und westlichen schweizer Alpen am Monte Rosa geben nur 720 Fuß. Nach der großen Arbeit41 dieser vortrefflichen Beobachter ist „die Abnahme der Quellen-Temperatur jedenfalls etwas langsamer als jene der mittleren Jahres-Temperatur der Luft, welche in den Alpen 540 Fuß für 1° beträgt. Die Quellen sind dort im allgemeinen in gleichem Niveau wärmer als die mittlere Luft-Temperatur; und der Unterschied zwischen Luft- und Quellenwärme wächst mit der Höhe. Die Temperatur des Bodens ist bei gleicher Höhe nicht dieselbe in dem ganzen Alpenzuge, da die isothermen Flächen, welche die Punkte gleicher mittlerer Quellenwärme verbinden, sich um so mehr über das Niveau des Meeres erheben, abgesehen von dem Einfluß der geographischen Breite, je bedeutender die mittlere Anschwellung des umgebenden Bodens ist: alles nach den Gesetzen der Vertheilung der Wärme in einem festen Körper von wechselnder Dicke, mit welchem man das Relief (die Massen-Erhebung) der Alpen vergleichen kann."

In der Andeskette, und gerade in dem vulkanischen Theile derselben, welcher die größten Erhebungen darbietet, kann in einzelnen Fällen das Eingraben von Thermometern durch den Einfluß localer Verhältnisse zu täuschenden Resultaten führen. Nach der früher von mir gefaßten Meinung, daß weitgesehene schwarze Felsgrate, welche die Schneeregion durchsetzen, nicht immer bloß der Configuration und Steilheit ihrer Seitenwände, sondern anderen Ursachen ihren gänzlichen Mangel von Schnee verdanken: grub ich am Chimborazo in einer Höhe von 17160 Fuß, also 3350 Fuß über der Gipfelhöhe des Montblanc, eine Thermometer-Kugel nur drei Zoll in den Sand, der die Kluft in einem Grate füllte. Das Thermometer zeigte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0245" n="240"/>
von Hermann und Adolph Schlagintweit in den östlichen kärnthner und westlichen schweizer Alpen am Monte Rosa geben nur 720 Fuß. Nach der großen Arbeit<note xml:id="ftn265" next="ftn265-text" place="end" n="41"/> dieser vortrefflichen Beobachter ist &#x201E;die Abnahme der Quellen-Temperatur jedenfalls etwas langsamer als jene der mittleren Jahres-Temperatur der Luft, welche in den Alpen 540 Fuß für 1° beträgt. Die Quellen sind dort im allgemeinen in gleichem Niveau wärmer als die mittlere Luft-Temperatur; und der Unterschied zwischen Luft- und Quellenwärme wächst mit der Höhe. Die Temperatur des Bodens ist bei gleicher Höhe nicht dieselbe in dem ganzen Alpenzuge, da die <hi rendition="#g">isothermen Flächen,</hi> welche die Punkte gleicher mittlerer Quellenwärme verbinden, sich um so mehr über das Niveau des Meeres erheben, <hi rendition="#g">abgesehen von dem Einfluß der geographischen Breite,</hi> je bedeutender die mittlere Anschwellung des umgebenden Bodens ist: alles nach den Gesetzen der Vertheilung der Wärme in einem festen Körper von wechselnder Dicke, mit welchem man das Relief (die Massen-Erhebung) der Alpen vergleichen kann."</p>
                <p>In der Andeskette, und gerade in dem <hi rendition="#g">vulkanischen</hi> Theile derselben, welcher die größten Erhebungen darbietet, kann in einzelnen Fällen das Eingraben von Thermometern durch den Einfluß localer Verhältnisse zu täuschenden Resultaten führen. Nach der früher von mir gefaßten Meinung, daß weitgesehene schwarze Felsgrate, welche die Schneeregion durchsetzen, nicht immer bloß der Configuration und Steilheit ihrer Seitenwände, sondern anderen Ursachen ihren gänzlichen Mangel von Schnee verdanken: grub ich am <hi rendition="#g">Chimborazo</hi> in einer Höhe von 17160 Fuß, also 3350 Fuß über der Gipfelhöhe des Montblanc, eine Thermometer-Kugel nur drei Zoll in den Sand, der die Kluft in einem Grate füllte. Das Thermometer zeigte
</p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0245] von Hermann und Adolph Schlagintweit in den östlichen kärnthner und westlichen schweizer Alpen am Monte Rosa geben nur 720 Fuß. Nach der großen Arbeit ⁴¹ dieser vortrefflichen Beobachter ist „die Abnahme der Quellen-Temperatur jedenfalls etwas langsamer als jene der mittleren Jahres-Temperatur der Luft, welche in den Alpen 540 Fuß für 1° beträgt. Die Quellen sind dort im allgemeinen in gleichem Niveau wärmer als die mittlere Luft-Temperatur; und der Unterschied zwischen Luft- und Quellenwärme wächst mit der Höhe. Die Temperatur des Bodens ist bei gleicher Höhe nicht dieselbe in dem ganzen Alpenzuge, da die isothermen Flächen, welche die Punkte gleicher mittlerer Quellenwärme verbinden, sich um so mehr über das Niveau des Meeres erheben, abgesehen von dem Einfluß der geographischen Breite, je bedeutender die mittlere Anschwellung des umgebenden Bodens ist: alles nach den Gesetzen der Vertheilung der Wärme in einem festen Körper von wechselnder Dicke, mit welchem man das Relief (die Massen-Erhebung) der Alpen vergleichen kann." In der Andeskette, und gerade in dem vulkanischen Theile derselben, welcher die größten Erhebungen darbietet, kann in einzelnen Fällen das Eingraben von Thermometern durch den Einfluß localer Verhältnisse zu täuschenden Resultaten führen. Nach der früher von mir gefaßten Meinung, daß weitgesehene schwarze Felsgrate, welche die Schneeregion durchsetzen, nicht immer bloß der Configuration und Steilheit ihrer Seitenwände, sondern anderen Ursachen ihren gänzlichen Mangel von Schnee verdanken: grub ich am Chimborazo in einer Höhe von 17160 Fuß, also 3350 Fuß über der Gipfelhöhe des Montblanc, eine Thermometer-Kugel nur drei Zoll in den Sand, der die Kluft in einem Grate füllte. Das Thermometer zeigte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/245
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/245>, abgerufen am 04.05.2024.