Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.für uns, indem wir sie in uns aufnehmen, indem sie sich in uns zu einer Naturanschauung gestaltet. So geheimnißvoll unzertrennlich als Geist und Sprache, der Gedanke und das befruchtende Wort sind, eben so schmilzt, uns selbst gleichsam unbewußt, die Außenwelt mit dem Innersten im Menschen, mit dem Gedanken und der Empfindung zusammen. "Die äußerlichen Erscheinungen werden so", wie Hegel sich in der Philosophie der Geschichte ausdrückt, "in die innerliche Vorstellung übersetzt". Die objective Welt, von uns gedacht, in uns reflectirt, wird den ewigen, nothwendigen, alles bedingenden Formen unserer geistigen Existenz unterworfen. Die intellectuelle Thätigkeit übt sich dann an dem durch die sinnliche Wahrnehmung überkommenen Stoffe. Es liegt daher schon im Jugendalter der Menschheit, in der einfachsten Betrachtung der Natur, in dem ersten Erkennen und Auffassen eine Anregung zu naturphilosophischen Ansichten. Diese Anregung ist verschieden, mehr oder minder lebhaft, nach der Gemüthsstimmung, der nationalen Individualität und dem Culturzustande der Völker. Eine Geistesarbeit beginnt, sobald, von innerer Nothwendigkeit getrieben, das Denken den Stoff sinnlicher Wahrnehmungen aufnimmt. Die Geschichte hat uns die vielfach gewagten Versuche aufbewahrt, die Welt der physischen Erscheinungen in ihrer Vielheit zu begreifen, eine einige, das ganze Universum durchdringende, bewegende, entmischende Weltkraft zu erkennen. Diese Versuche steigen in der classischen Vorzeit zu den Physiologien und Urstoff-Lehren der ionischen Schule hinauf, wo bei wenig ausgedehnter Empirie (bei einem dürftigen Material von Thatsachen) das ideelle für uns, indem wir sie in uns aufnehmen, indem sie sich in uns zu einer Naturanschauung gestaltet. So geheimnißvoll unzertrennlich als Geist und Sprache, der Gedanke und das befruchtende Wort sind, eben so schmilzt, uns selbst gleichsam unbewußt, die Außenwelt mit dem Innersten im Menschen, mit dem Gedanken und der Empfindung zusammen. „Die äußerlichen Erscheinungen werden so“, wie Hegel sich in der Philosophie der Geschichte ausdrückt, „in die innerliche Vorstellung übersetzt“. Die objective Welt, von uns gedacht, in uns reflectirt, wird den ewigen, nothwendigen, alles bedingenden Formen unserer geistigen Existenz unterworfen. Die intellectuelle Thätigkeit übt sich dann an dem durch die sinnliche Wahrnehmung überkommenen Stoffe. Es liegt daher schon im Jugendalter der Menschheit, in der einfachsten Betrachtung der Natur, in dem ersten Erkennen und Auffassen eine Anregung zu naturphilosophischen Ansichten. Diese Anregung ist verschieden, mehr oder minder lebhaft, nach der Gemüthsstimmung, der nationalen Individualität und dem Culturzustande der Völker. Eine Geistesarbeit beginnt, sobald, von innerer Nothwendigkeit getrieben, das Denken den Stoff sinnlicher Wahrnehmungen aufnimmt. Die Geschichte hat uns die vielfach gewagten Versuche aufbewahrt, die Welt der physischen Erscheinungen in ihrer Vielheit zu begreifen, eine einige, das ganze Universum durchdringende, bewegende, entmischende Weltkraft zu erkennen. Diese Versuche steigen in der classischen Vorzeit zu den Physiologien und Urstoff-Lehren der ionischen Schule hinauf, wo bei wenig ausgedehnter Empirie (bei einem dürftigen Material von Thatsachen) das ideelle <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0089" n="70"/> für uns, indem wir sie in uns aufnehmen, indem sie sich in uns zu einer <hi rendition="#g">Naturanschauung</hi> gestaltet. 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Die Geschichte hat uns die vielfach gewagten Versuche aufbewahrt, die Welt der physischen Erscheinungen in ihrer Vielheit zu begreifen, eine einige, das ganze Universum durchdringende, bewegende, entmischende Weltkraft zu erkennen. Diese Versuche steigen in der classischen Vorzeit zu den Physiologien und Urstoff-Lehren der ionischen Schule hinauf, wo bei wenig ausgedehnter Empirie (bei einem dürftigen Material von Thatsachen) das ideelle
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