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Humboldt, Alexander von: Jagd und Kampf der electrischen Aale mit Pferden. In: Annalen der Physik, 25 (1807), S. 34-43.

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ist Menge haben können, aber eine fast kindische
Furcht verhinderte die Eingebornen, sie lebendig
fortzutragen. Wir haben uns zwar in der Folge
überzeugt, dass es allerdings sehr unangenehm ist,
es mit diesen Fischen zu thun zu haben, wenn sie
noch bei ihrer ganzen Kraft sind; bei dem gemeinen
Volke ist aber diese Furcht um so sonderbarer, da
es die Meinung hat, man könne die Zitteraale un-
gestraft berühren, wenn man Tabak rauche. Wir
hatten 10 Francs für jeden electrischen Aal gebo-
ten, den man uns lebendig bringen würde, aber es
fand sich niemand, der sie verdienen wollte; auch
ist das angebliche Sicherungsmittel der Indianer ge-
gen die Schläge des Zitteraals ohne alle Kraft. Die
Liebe zum Wunderbaren ist unter den Eingebornen
dieser Gegenden so gross, dass sie häufig Sachen er-
zählen und behaupten, an die selbst zu glauben sie
weit entfernt sind. Auch sie meinen also, der Na-
tur noch mehr Wunder leihen zu müssen, als wenn
die Natur nicht schon an sich selbst der Geheimnisse
und des Wunderbaren genug hätte.

Drei Tage lang hatten wir in der Stadt Calobozo
zugebracht, und nur einen einzigen electrischen
Gymnotus erhalten, der ziemlich schwach war.
Wir fassten nun den Entschluss, uns selbst an Ort
und Stelle zu begeben, und dort die Versuche in
freier Luft, am Ufer der Sümpfe anzustellen, in wel-
chen die Zitteraale wohnen. Wir verfügten uns zu-
erst in das kleine Dorf Rastro de Abasco,
und von da führten uns die Indianer zu den Can-

iſt Menge haben können, aber eine faſt kindiſche
Furcht verhinderte die Eingebornen, ſie lebendig
fortzutragen. Wir haben uns zwar in der Folge
überzeugt, daſs es allerdings ſehr unangenehm iſt,
es mit dieſen Fiſchen zu thun zu haben, wenn ſie
noch bei ihrer ganzen Kraft ſind; bei dem gemeinen
Volke iſt aber dieſe Furcht um ſo ſonderbarer, da
es die Meinung hat, man könne die Zitteraale un-
geſtraft berühren, wenn man Tabak rauche. Wir
hatten 10 Francs für jeden electriſchen Aal gebo-
ten, den man uns lebendig bringen würde, aber es
fand ſich niemand, der ſie verdienen wollte; auch
iſt das angebliche Sicherungsmittel der Indianer ge-
gen die Schläge des Zitteraals ohne alle Kraft. Die
Liebe zum Wunderbaren iſt unter den Eingebornen
dieſer Gegenden ſo groſs, daſs ſie häufig Sachen er-
zählen und behaupten, an die ſelbſt zu glauben ſie
weit entfernt ſind. Auch ſie meinen alſo, der Na-
tur noch mehr Wunder leihen zu müſſen, als wenn
die Natur nicht ſchon an ſich ſelbſt der Geheimniſſe
und des Wunderbaren genug hätte.

Drei Tage lang hatten wir in der Stadt Calobozo
zugebracht, und nur einen einzigen electriſchen
Gymnotus erhalten, der ziemlich ſchwach war.
Wir faſsten nun den Entſchluſs, uns ſelbſt an Ort
und Stelle zu begeben, und dort die Verſuche in
freier Luft, am Ufer der Sümpfe anzuſtellen, in wel-
chen die Zitteraale wohnen. Wir verfügten uns zu-
erſt in das kleine Dorf Raſtro de Abasco,
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[36/0004] iſt Menge haben können, aber eine faſt kindiſche Furcht verhinderte die Eingebornen, ſie lebendig fortzutragen. Wir haben uns zwar in der Folge überzeugt, daſs es allerdings ſehr unangenehm iſt, es mit dieſen Fiſchen zu thun zu haben, wenn ſie noch bei ihrer ganzen Kraft ſind; bei dem gemeinen Volke iſt aber dieſe Furcht um ſo ſonderbarer, da es die Meinung hat, man könne die Zitteraale un- geſtraft berühren, wenn man Tabak rauche. Wir hatten 10 Francs für jeden electriſchen Aal gebo- ten, den man uns lebendig bringen würde, aber es fand ſich niemand, der ſie verdienen wollte; auch iſt das angebliche Sicherungsmittel der Indianer ge- gen die Schläge des Zitteraals ohne alle Kraft. Die Liebe zum Wunderbaren iſt unter den Eingebornen dieſer Gegenden ſo groſs, daſs ſie häufig Sachen er- zählen und behaupten, an die ſelbſt zu glauben ſie weit entfernt ſind. Auch ſie meinen alſo, der Na- tur noch mehr Wunder leihen zu müſſen, als wenn die Natur nicht ſchon an ſich ſelbſt der Geheimniſſe und des Wunderbaren genug hätte. Drei Tage lang hatten wir in der Stadt Calobozo zugebracht, und nur einen einzigen electriſchen Gymnotus erhalten, der ziemlich ſchwach war. Wir faſsten nun den Entſchluſs, uns ſelbſt an Ort und Stelle zu begeben, und dort die Verſuche in freier Luft, am Ufer der Sümpfe anzuſtellen, in wel- chen die Zitteraale wohnen. Wir verfügten uns zu- erſt in das kleine Dorf Raſtro de Abasco, und von da führten uns die Indianer zu den Can-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Jagd und Kampf der electrischen Aale mit Pferden. In: Annalen der Physik, 25 (1807), S. 34-43, hier S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_jagd_1807/4>, abgerufen am 28.03.2024.