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Humboldt, Alexander von: Ueber Grubenwetter und die Verbreitung des Kohlenstoffs in geognostischer Hinsicht. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen, Bd. 2 (1795), S. 99-119.

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vor unsern Augen feste Körper, (wie die reine Kohle
des Diamants,) luftförmig werden, und aus dem
Luftzustande zusammengerinnen. Hat Hr. Lichten-
berg
in seinen trefflichen geologischen Phantasien zum
Scherz, wie im Ernst weiland Anaximenes, nicht
schon Granit und Gneuß aus der Luft herabhageln
lassen. Ja! Sie sollen nächstens in Hrn. Grens
Journal etwas geognostisches über Hagelkörner lesen,
die ich mit sechsseitigen, 3 Linien langen, Tafeln,
(vollkommene Schwerspathkrystallisation,) besetzt fand.
So müssen Chemie, Physik und Geognosie sich die
Hände bieten.

Doch, ich kehre zu den Wettern zurück! Wenn
ich Versuchen trauen darf, die ich vor zwey Jahren
über die Wetter eines alten halbzerbrochenen Stollens
anstellte, so löst das Wasserstoffgas auch das Eisen
auf. Jch konnte zur Wiederholung der Versuche noch-
mals mir nicht dieselben Wetter wieder verschaffen;
denn es ist interessant, obgleich widrig für den unter-
suchenden Chemisten, zu sehen, wie in einer Firste,
auf einer Strecke, im Vorgesümpfe eines Schach-
tes, von Tage zu Tage die Natur der Grubenwetter
sich ändert. Jch habe oft sagen hören, unsre Wetter
seyen Stickluft, brennbare Luft u. s. f. Das ist
sehr bequem zu glauben, noch bequemer zu sagen.
Man bezeichnete ja ehmals auch Granit, Glimmer-
schiefer, Sienit, Gneuß mit dem Nahmen einer Ge-
birgsart. Jetzt unterscheidet man diese Gemenge, und
so wird man nach und nach auch die Gemische der un-
terirdischen Gasarten zu zerlegen wissen. Hydroge-

ne
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vor unſern Augen feſte Koͤrper, (wie die reine Kohle
des Diamants,) luftfoͤrmig werden, und aus dem
Luftzuſtande zuſammengerinnen. Hat Hr. Lichten-
berg
in ſeinen trefflichen geologiſchen Phantaſien zum
Scherz, wie im Ernſt weiland Anaximenes, nicht
ſchon Granit und Gneuß aus der Luft herabhageln
laſſen. Ja! Sie ſollen naͤchſtens in Hrn. Grens
Journal etwas geognoſtiſches uͤber Hagelkoͤrner leſen,
die ich mit ſechsſeitigen, 3 Linien langen, Tafeln,
(vollkommene Schwerſpathkryſtallisation,) besetzt fand.
So muͤſſen Chemie, Phyſik und Geognoſie ſich die
Haͤnde bieten.

Doch, ich kehre zu den Wettern zuruͤck! Wenn
ich Verſuchen trauen darf, die ich vor zwey Jahren
uͤber die Wetter eines alten halbzerbrochenen Stollens
anſtellte, ſo loͤst das Waſſerſtoffgas auch das Eiſen
auf. Jch konnte zur Wiederholung der Verſuche noch-
mals mir nicht dieſelben Wetter wieder verſchaffen;
denn es iſt intereſſant, obgleich widrig fuͤr den unter-
ſuchenden Chemiſten, zu ſehen, wie in einer Firſte,
auf einer Strecke, im Vorgesuͤmpfe eines Schach-
tes, von Tage zu Tage die Natur der Grubenwetter
ſich aͤndert. Jch habe oft ſagen hoͤren, unſre Wetter
ſeyen Stickluft, brennbare Luft u. ſ. f. Das iſt
ſehr bequem zu glauben, noch bequemer zu ſagen.
Man bezeichnete ja ehmals auch Granit, Glimmer-
ſchiefer, Sienit, Gneuß mit dem Nahmen einer Ge-
birgsart. Jetzt unterſcheidet man dieſe Gemenge, und
ſo wird man nach und nach auch die Gemiſche der un-
terirdiſchen Gasarten zu zerlegen wiſſen. Hydroge-

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[101/0003] vor unſern Augen feſte Koͤrper, (wie die reine Kohle des Diamants,) luftfoͤrmig werden, und aus dem Luftzuſtande zuſammengerinnen. Hat Hr. Lichten- berg in ſeinen trefflichen geologiſchen Phantaſien zum Scherz, wie im Ernſt weiland Anaximenes, nicht ſchon Granit und Gneuß aus der Luft herabhageln laſſen. Ja! Sie ſollen naͤchſtens in Hrn. Grens Journal etwas geognoſtiſches uͤber Hagelkoͤrner leſen, die ich mit ſechsſeitigen, 3 Linien langen, Tafeln, (vollkommene Schwerſpathkryſtallisation,) besetzt fand. So muͤſſen Chemie, Phyſik und Geognoſie ſich die Haͤnde bieten. Doch, ich kehre zu den Wettern zuruͤck! Wenn ich Verſuchen trauen darf, die ich vor zwey Jahren uͤber die Wetter eines alten halbzerbrochenen Stollens anſtellte, ſo loͤst das Waſſerſtoffgas auch das Eiſen auf. Jch konnte zur Wiederholung der Verſuche noch- mals mir nicht dieſelben Wetter wieder verſchaffen; denn es iſt intereſſant, obgleich widrig fuͤr den unter- ſuchenden Chemiſten, zu ſehen, wie in einer Firſte, auf einer Strecke, im Vorgesuͤmpfe eines Schach- tes, von Tage zu Tage die Natur der Grubenwetter ſich aͤndert. Jch habe oft ſagen hoͤren, unſre Wetter ſeyen Stickluft, brennbare Luft u. ſ. f. Das iſt ſehr bequem zu glauben, noch bequemer zu ſagen. Man bezeichnete ja ehmals auch Granit, Glimmer- ſchiefer, Sienit, Gneuß mit dem Nahmen einer Ge- birgsart. Jetzt unterſcheidet man dieſe Gemenge, und ſo wird man nach und nach auch die Gemiſche der un- terirdiſchen Gasarten zu zerlegen wiſſen. Hydroge- ne G 3

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber Grubenwetter und die Verbreitung des Kohlenstoffs in geognostischer Hinsicht. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen, Bd. 2 (1795), S. 99-119, hier S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grubenwetter_1795/3>, abgerufen am 24.04.2024.