Humboldt, Alexander von: Ueber die Gesetze, welche man in der Verteilung der Pflanzenformen beobachtet. In: Journal für Chemie und Physik, Bd. 18, H. 2 (1816), S. 129-145.A. v. Humboldt über die Gesetze, welche nomie berührt. Man weiss seit langer Zeit, unddiess ist eines der schönsten Resultate der Geogra- phie der Thiere, dass kein Quadruped, kein Land- vogel, und wie es sich aus den Untersuchungen Latreille's zu ergeben scheint, kaum irgend ein In- sect, den Aequatorialgegenden der beiden Conti- nente gemein ist. Cuvier hat sich durch treffende Beobachtungen überzeugt, dass diese Regel selbst in Bezug auf die Reptilien Statt findet. Er hat er- wiesen, dass die wahre Boa constrictor nur Ame- rika eigenthümlich ist, und dass die Boae der alten Welt Pythonen sind. Was die Gegenden ausser- halb der Wendekreise betrifft, hat Buffon die Zahl der Thiere, welche Amerika, Europa und dem nördlichen Asien gemeinschaftlich eigen sind, über das wahre Verhältniss vermehrt angegeben. Es ist gewiss, dass der Auerochs, der Hirsch und das Reh von Amerika, sowie das Kaninchen, die Mo- schusratte, der Fischotter, der Maulwurf, die Spitz- maus, der Bär, die Fledermäuse, der Marder und die Wiesel dieses Welttheiles von den europäischen Arten verschieden sind, obgleich Buffon das Ge- gentheil behauptete. Es bleiben nur der Vielfrass, der Wolf, der weisse Bär, der rothe Fuchs und vielleicht auch das Rennthier und das Elenthier übrig, die sich durch keine hinreichenden Charak- tere von den europäischen Arten unterscheiden. Unter den Pflanzen muss man einen Unterschied machen zwischen der Geschlechtslosen und denen mit Keimlappen und die letztern muss man nach ihrer Hauptabtheilung als Monocotyledonen oder Dicotyledonen betrachten. Es ist kein Zweifel, dass sich viele Moose und Flechten (Funaria hygro- metrica, Lichen hirtus, Sticta tomentosa, croca- A. v. Humboldt über die Gesetze, welche nomie berührt. Man weiſs seit langer Zeit, unddieſs ist eines der schönsten Resultate der Geogra- phie der Thiere, daſs kein Quadruped, kein Land- vogel, und wie es sich aus den Untersuchungen Latreille's zu ergeben scheint, kaum irgend ein In- sect, den Aequatorialgegenden der beiden Conti- nente gemein ist. Cuvier hat sich durch treffende Beobachtungen überzeugt, daſs diese Regel selbst in Bezug auf die Reptilien Statt findet. Er hat er- wiesen, daſs die wahre Boa constrictor nur Ame- rika eigenthümlich ist, und daſs die Boae der alten Welt Pythonen sind. Was die Gegenden ausser- halb der Wendekreise betrifft, hat Buffon die Zahl der Thiere, welche Amerika, Europa und dem nördlichen Asien gemeinschaftlich eigen sind, über das wahre Verhältniſs vermehrt angegeben. Es ist gewiſs, daſs der Auerochs, der Hirsch und das Reh von Amerika, sowie das Kaninchen, die Mo- schusratte, der Fischotter, der Maulwurf, die Spitz- maus, der Bär, die Fledermäuse, der Marder und die Wiesel dieses Welttheiles von den europäischen Arten verschieden sind, obgleich Buffon das Ge- gentheil behauptete. Es bleiben nur der Vielfraſs, der Wolf, der weiſse Bär, der rothe Fuchs und vielleicht auch das Rennthier und das Elenthier übrig, die sich durch keine hinreichenden Charak- tere von den europäischen Arten unterscheiden. Unter den Pflanzen muſs man einen Unterschied machen zwischen der Geschlechtslosen und denen mit Keimlappen und die letztern muſs man nach ihrer Hauptabtheilung als Monocotyledonen oder Dicotyledonen betrachten. 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A. v. Humboldt über die Gesetze, welche
nomie berührt. Man weiſs seit langer Zeit, und
dieſs ist eines der schönsten Resultate der Geogra-
phie der Thiere, daſs kein Quadruped, kein Land-
vogel, und wie es sich aus den Untersuchungen
Latreille's zu ergeben scheint, kaum irgend ein In-
sect, den Aequatorialgegenden der beiden Conti-
nente gemein ist. Cuvier hat sich durch treffende
Beobachtungen überzeugt, daſs diese Regel selbst in
Bezug auf die Reptilien Statt findet. Er hat er-
wiesen, daſs die wahre Boa constrictor nur Ame-
rika eigenthümlich ist, und daſs die Boae der alten
Welt Pythonen sind. Was die Gegenden ausser-
halb der Wendekreise betrifft, hat Buffon die Zahl
der Thiere, welche Amerika, Europa und dem
nördlichen Asien gemeinschaftlich eigen sind, über
das wahre Verhältniſs vermehrt angegeben. Es ist
gewiſs, daſs der Auerochs, der Hirsch und das
Reh von Amerika, sowie das Kaninchen, die Mo-
schusratte, der Fischotter, der Maulwurf, die Spitz-
maus, der Bär, die Fledermäuse, der Marder und
die Wiesel dieses Welttheiles von den europäischen
Arten verschieden sind, obgleich Buffon das Ge-
gentheil behauptete. Es bleiben nur der Vielfraſs,
der Wolf, der weiſse Bär, der rothe Fuchs und
vielleicht auch das Rennthier und das Elenthier
übrig, die sich durch keine hinreichenden Charak-
tere von den europäischen Arten unterscheiden.
Unter den Pflanzen muſs man einen Unterschied
machen zwischen der Geschlechtslosen und denen
mit Keimlappen und die letztern muſs man nach
ihrer Hauptabtheilung als Monocotyledonen oder
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daſs sich viele Moose und Flechten (Funaria hygro-
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Ueber die Gesetze, welche man in der Verteilung der Pflanzenformen beobachtet. In: Journal für Chemie und Physik, Bd. 18, H. 2 (1816), S. 129-145, hier S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_gesetze_1816/11>, abgerufen am 27.07.2024. |