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Humboldt, Alexander von: Bemerkungen des Herrn von Humboldt. [Zu Berghaus, H.: Nachricht von den Reisen und Entdeckungen der Briten Oudney, Denham und Clapperton im Sudan.]. In: Hertha, Bd. 3 (1825), S. 221-225.

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Die Reisen und Entdeckungen
Toisen hoch) war das Minimum bei Sonnenaufgang auch
nur 15°,4 und niemals geringer. Jn Lima (12° 2' Breite)
und in der Wüste von Santa fällt das Thermometer, höch-
stens für einige Stunden, auf 13°,8; aber dies findet nur
während der Zeit der Garua Statt, d. i. wenn die Sonne
lange von Dünsten umhüllt und ihre Scheibe den Küstenbe-
wohnern fast unsichtbar ist. Ein Strom mit kaltem Wasser,
der aus Süden kommt, und dessen Gewässer 16° Temperatur
haben, kühlt gewöhnlich die niedrigen Regionen von Peru ab.
Weder in Caracas (Breite 10° 31', Höhe 470 Toisen) noch
in Popayan (Breite 2° 26', Höhe 911 Toisen) kennt man Eis
oder Reif. Jn den Aequinoktial-Gegenden Amerika's zwischen
dem Aequator und 15° Breite sieht man Eisflitter, durch den
Effekt der Zurückstralung erzeugt, zuerst auf dem Plateau von
Santa-Fe de Bogota, in einer Höhe von 1365 Toisen, wenn
das Thermometer in freier Luft auf +4° oder 5° herabge-
sunken ist. Jn Quito, in einem engen Thale und unter einem,
selten heitern Himmel, friert es noch nicht in einer Höhe von
1490 Toisen.

"Aus diesen Thatsachen geht hervor, daß die Kälte, welche
den Tod des Dr. Oudney und das Gefrieren des Wassers auf
Schüsseln (Dishes) veranlaßte, sich auf keine Weise durch
die uns bis jetzt bekannten Phänomene der tropischen Meteo-
rologie erklären lassen. 45) Jch läugne zwar nicht die Mög-
lichkeit dieser afrikanischen Kälte, aber ich meine, daß man
bei ihr eine Vereinigung von außerordentlichen Umständen,

herab-
45) Dr. Brewster soll, wie man versichert, die heftige Kälte, wel-
cher Dr. Oudney's Tod zugeschrieben worden, gegenwärtig in
Zweifel ziehen. Wenn auch in den Umgebungen der Reisenden
Wasser gefror, so ist das keine Kälte, die den Tod mit sich
führt. Es ist daher klar, daß sowohl die Wirkungen dieser
Kälte, als auch die Höhe der Stelle, wo sie Statt fand, über-
trieben worden sind. --
Jomard.

Die Reiſen und Entdeckungen
Toiſen hoch) war das Minimum bei Sonnenaufgang auch
nur 15°,4 und niemals geringer. Jn Lima (12° 2′ Breite)
und in der Wüſte von Santa fällt das Thermometer, höch-
ſtens für einige Stunden, auf 13°,8; aber dies findet nur
während der Zeit der Garua Statt, d. i. wenn die Sonne
lange von Dünſten umhüllt und ihre Scheibe den Küſtenbe-
wohnern faſt unſichtbar iſt. Ein Strom mit kaltem Waſſer,
der aus Süden kommt, und deſſen Gewäſſer 16° Temperatur
haben, kühlt gewöhnlich die niedrigen Regionen von Peru ab.
Weder in Caracas (Breite 10° 31′, Höhe 470 Toiſen) noch
in Popayan (Breite 2° 26′, Höhe 911 Toiſen) kennt man Eis
oder Reif. Jn den Aequinoktial-Gegenden Amerika's zwiſchen
dem Aequator und 15° Breite ſieht man Eisflitter, durch den
Effekt der Zurückſtralung erzeugt, zuerſt auf dem Plateau von
Santa-Fe de Bogota, in einer Höhe von 1365 Toiſen, wenn
das Thermometer in freier Luft auf +4° oder 5° herabge-
ſunken iſt. Jn Quito, in einem engen Thale und unter einem,
ſelten heitern Himmel, friert es noch nicht in einer Höhe von
1490 Toiſen.

„Aus dieſen Thatſachen geht hervor, daß die Kälte, welche
den Tod des Dr. Oudney und das Gefrieren des Waſſers auf
Schüſſeln (Dishes) veranlaßte, ſich auf keine Weiſe durch
die uns bis jetzt bekannten Phänomene der tropiſchen Meteo-
rologie erklären laſſen. 45) Jch läugne zwar nicht die Mög-
lichkeit dieſer afrikaniſchen Kälte, aber ich meine, daß man
bei ihr eine Vereinigung von außerordentlichen Umſtänden,

herab-
45) Dr. Brewſter ſoll, wie man verſichert, die heftige Kälte, wel-
cher Dr. Oudney's Tod zugeſchrieben worden, gegenwärtig in
Zweifel ziehen. Wenn auch in den Umgebungen der Reiſenden
Waſſer gefror, ſo iſt das keine Kälte, die den Tod mit ſich
führt. Es iſt daher klar, daß ſowohl die Wirkungen dieſer
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trieben worden ſind. —
Jomard.
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[224/0005] Die Reiſen und Entdeckungen Toiſen hoch) war das Minimum bei Sonnenaufgang auch nur 15°,4 und niemals geringer. Jn Lima (12° 2′ Breite) und in der Wüſte von Santa fällt das Thermometer, höch- ſtens für einige Stunden, auf 13°,8; aber dies findet nur während der Zeit der Garua Statt, d. i. wenn die Sonne lange von Dünſten umhüllt und ihre Scheibe den Küſtenbe- wohnern faſt unſichtbar iſt. Ein Strom mit kaltem Waſſer, der aus Süden kommt, und deſſen Gewäſſer 16° Temperatur haben, kühlt gewöhnlich die niedrigen Regionen von Peru ab. Weder in Caracas (Breite 10° 31′, Höhe 470 Toiſen) noch in Popayan (Breite 2° 26′, Höhe 911 Toiſen) kennt man Eis oder Reif. Jn den Aequinoktial-Gegenden Amerika's zwiſchen dem Aequator und 15° Breite ſieht man Eisflitter, durch den Effekt der Zurückſtralung erzeugt, zuerſt auf dem Plateau von Santa-Fe de Bogota, in einer Höhe von 1365 Toiſen, wenn das Thermometer in freier Luft auf +4° oder 5° herabge- ſunken iſt. Jn Quito, in einem engen Thale und unter einem, ſelten heitern Himmel, friert es noch nicht in einer Höhe von 1490 Toiſen. „Aus dieſen Thatſachen geht hervor, daß die Kälte, welche den Tod des Dr. Oudney und das Gefrieren des Waſſers auf Schüſſeln (Dishes) veranlaßte, ſich auf keine Weiſe durch die uns bis jetzt bekannten Phänomene der tropiſchen Meteo- rologie erklären laſſen. 45) Jch läugne zwar nicht die Mög- lichkeit dieſer afrikaniſchen Kälte, aber ich meine, daß man bei ihr eine Vereinigung von außerordentlichen Umſtänden, herab- 45) Dr. Brewſter ſoll, wie man verſichert, die heftige Kälte, wel- cher Dr. Oudney's Tod zugeſchrieben worden, gegenwärtig in Zweifel ziehen. Wenn auch in den Umgebungen der Reiſenden Waſſer gefror, ſo iſt das keine Kälte, die den Tod mit ſich führt. Es iſt daher klar, daß ſowohl die Wirkungen dieſer Kälte, als auch die Höhe der Stelle, wo ſie Statt fand, über- trieben worden ſind. — Jomard.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Bemerkungen des Herrn von Humboldt. [Zu Berghaus, H.: Nachricht von den Reisen und Entdeckungen der Briten Oudney, Denham und Clapperton im Sudan.]. In: Hertha, Bd. 3 (1825), S. 221-225, hier S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bemerkungen_1825/5>, abgerufen am 29.03.2024.