Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.im Auftrage seiner Regierung zweimal vom Amazonenstrome Aus dem Bisherigen geht hervor, daß die Eingeborenen, im Auftrage ſeiner Regierung zweimal vom Amazonenſtrome Aus dem Bisherigen geht hervor, daß die Eingeborenen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0051" n="43"/> im Auftrage ſeiner Regierung zweimal vom Amazonenſtrome<lb/> nach Surinam ging. In noch neuerer Zeit, im Februar 1811,<lb/> kamen engliſche und holländiſche Koloniſten zum Trageplatz<lb/> am Rupunuri und ließen den Befehlshaber am Rio Negro<lb/> um die Erlaubnis bitten, zum Rio Branco ſich begeben zu<lb/> dürfen; der Kommandant willfahrte dem Geſuch und ſo kamen<lb/> die Koloniſten in ihren Kanoen zum Fort San Joaquin am<lb/> Rio Branco. Wir werden in der Folge noch einmal auf<lb/> dieſe Landenge zurückkommen, einen teils bergigen, teils<lb/> fumpfigen Landſtrich, auf den Keymis (der Verfaſſer des<lb/> Berichtes von Raleghs zweiter Reiſe) den Dorado und die<lb/> große Stadt Manoa verlegt, der aber, wie wir jetzt beſtimmt<lb/> wiſſen, die Quellen des Carony, des Rupunuri und des<lb/> Rio Branco trennt, die drei verſchiedenen Flußſyſtemen an-<lb/> gehören, dem Orinoko, dem Eſſequibo und dem Rio Negro<lb/> oder Amazonenſtrom.</p><lb/> <p>Aus dem Bisherigen geht hervor, daß die Eingeborenen,<lb/> die Texeira und Acuña von der Verbindung zweier großer<lb/> Ströme ſprachen, vielleicht ſelbſt über die Richtung des Caſſi-<lb/> quiare im Irrtum waren, oder daß Acuña ihre Aeußerungen<lb/> mißverſtanden hat. Letzteres iſt um ſo wahrſcheinlicher, da<lb/> ich, wenn ich mich, gleich dem ſpaniſchen Reiſenden, eines<lb/> Dolmetſchers bediente, oft ſelbſt die Erfahrung gemacht habe,<lb/> wie leicht man etwas falſch auffaßt, wenn davon die Rede<lb/> iſt, ob ein Fluß Arme abgibt oder aufnimmt, ob ein Neben-<lb/> fluß mit der Sonne geht oder „gegen die Sonne“ läuft. Ich<lb/> bezweifle, daß die Indianer mit dem, was ſie gegen Acuña<lb/> geäußert, die Verbindung mit den holländiſchen Beſitzungen<lb/> über die Trageplätze zwiſchen dem Rio Branco und dem Rio<lb/> Eſſequibo gemeint haben. Die Kariben kamen an den Rio<lb/> Negro auf beiden Wegen, über die Landenge beim Rupunuri<lb/> und auf dem Caſſiquiare; aber eine ununterbrochene Waſſer-<lb/> ſtraße mußte den Indianern als etwas erſcheinen, das für die<lb/> Fremden ungleich mehr Belang habe, und der Orinoko mündet<lb/> allerdings nicht in den holländiſchen Beſitzungen aus, liegt<lb/> aber doch denſelben ſehr nahe. Acuñas Aufenthalt an der<lb/> Mündung des Rio Negro verdankt Europa nicht nur die erſte<lb/> Kunde von der Verbindung zwiſchen Amazonenſtrom und Ori-<lb/> noko, derſelbe hatte auch aus dem Geſichtspunkte der Huma-<lb/> nität gute Folgen. Texeiras Mannſchaft wollte den Befehls-<lb/> haber zwingen, in den Rio Negro einzulaufen, um Sklaven<lb/> zu holen. Die beiden Geiſtlichen, Acuña und Artedia, legten<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0051]
im Auftrage ſeiner Regierung zweimal vom Amazonenſtrome
nach Surinam ging. In noch neuerer Zeit, im Februar 1811,
kamen engliſche und holländiſche Koloniſten zum Trageplatz
am Rupunuri und ließen den Befehlshaber am Rio Negro
um die Erlaubnis bitten, zum Rio Branco ſich begeben zu
dürfen; der Kommandant willfahrte dem Geſuch und ſo kamen
die Koloniſten in ihren Kanoen zum Fort San Joaquin am
Rio Branco. Wir werden in der Folge noch einmal auf
dieſe Landenge zurückkommen, einen teils bergigen, teils
fumpfigen Landſtrich, auf den Keymis (der Verfaſſer des
Berichtes von Raleghs zweiter Reiſe) den Dorado und die
große Stadt Manoa verlegt, der aber, wie wir jetzt beſtimmt
wiſſen, die Quellen des Carony, des Rupunuri und des
Rio Branco trennt, die drei verſchiedenen Flußſyſtemen an-
gehören, dem Orinoko, dem Eſſequibo und dem Rio Negro
oder Amazonenſtrom.
Aus dem Bisherigen geht hervor, daß die Eingeborenen,
die Texeira und Acuña von der Verbindung zweier großer
Ströme ſprachen, vielleicht ſelbſt über die Richtung des Caſſi-
quiare im Irrtum waren, oder daß Acuña ihre Aeußerungen
mißverſtanden hat. Letzteres iſt um ſo wahrſcheinlicher, da
ich, wenn ich mich, gleich dem ſpaniſchen Reiſenden, eines
Dolmetſchers bediente, oft ſelbſt die Erfahrung gemacht habe,
wie leicht man etwas falſch auffaßt, wenn davon die Rede
iſt, ob ein Fluß Arme abgibt oder aufnimmt, ob ein Neben-
fluß mit der Sonne geht oder „gegen die Sonne“ läuft. Ich
bezweifle, daß die Indianer mit dem, was ſie gegen Acuña
geäußert, die Verbindung mit den holländiſchen Beſitzungen
über die Trageplätze zwiſchen dem Rio Branco und dem Rio
Eſſequibo gemeint haben. Die Kariben kamen an den Rio
Negro auf beiden Wegen, über die Landenge beim Rupunuri
und auf dem Caſſiquiare; aber eine ununterbrochene Waſſer-
ſtraße mußte den Indianern als etwas erſcheinen, das für die
Fremden ungleich mehr Belang habe, und der Orinoko mündet
allerdings nicht in den holländiſchen Beſitzungen aus, liegt
aber doch denſelben ſehr nahe. Acuñas Aufenthalt an der
Mündung des Rio Negro verdankt Europa nicht nur die erſte
Kunde von der Verbindung zwiſchen Amazonenſtrom und Ori-
noko, derſelbe hatte auch aus dem Geſichtspunkte der Huma-
nität gute Folgen. Texeiras Mannſchaft wollte den Befehls-
haber zwingen, in den Rio Negro einzulaufen, um Sklaven
zu holen. Die beiden Geiſtlichen, Acuña und Artedia, legten
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