Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.habe ich noch kurz die Geschichte der Entdeckung dieses merk- Ta der Amazonenstrom von den Portugiesen und den 1 Der Sudledge, der Gogra, der Gunduk, der Arun, der
Theesla und der Brahmaputra laufen durch Querthäler, d. h. senk- recht auf die große Achse der Himalayakette. Alle diese Flüsse durchbrechen also die Kette, wie der Amazonenstrom, der Paute und der Pastaza die Kordillere der Anden. habe ich noch kurz die Geſchichte der Entdeckung dieſes merk- Ta der Amazonenſtrom von den Portugieſen und den 1 Der Sudledge, der Gogra, der Gunduk, der Arun, der
Theesla und der Brahmaputra laufen durch Querthäler, d. h. ſenk- recht auf die große Achſe der Himalayakette. Alle dieſe Flüſſe durchbrechen alſo die Kette, wie der Amazonenſtrom, der Paute und der Paſtaza die Kordillere der Anden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0048" n="40"/> habe ich noch kurz die Geſchichte der Entdeckung dieſes merk-<lb/> würdigen Phänomens zu beſprechen. Es ging mit der Ver-<lb/> bindung zwiſchen zwei großen Flußſyſtemen wie mit dem Laufe<lb/> des Nigirs gegen Oſt. Man mußte mehrere Male entdecken,<lb/> was auf den erſten Anblick der Analogie und angenommenen<lb/> Hypotheſen widerſprach. Als bereits durch Reiſende ausge-<lb/> macht war, auf welche Weiſe Orinoko und Amazonenſtrom<lb/> zuſammenhängen, wurde noch, und zwar zu wiederholten Malen<lb/> bezweifelt, ob die Sache überhaupt möglich ſei. Eine Berg-<lb/> kette, die der Geograph Hondius zu Ende des 16. Jahr-<lb/> hunderts als Grenzſcheide beider Flüſſe gefabelt hatte, wurde<lb/> bald angenommen, bald geleugnet. Man dachte nicht daran,<lb/> daß ſelbſt wenn dieſe Berge vorhanden wären, deshalb die<lb/> beiden hydrauliſchen Syſteme nicht notwendig getrennt ſein<lb/> müßten, da ja die Gewäſſer durch die Kordillere der Anden<lb/> und die Himalayakette, <note place="foot" n="1">Der Sudledge, der Gogra, der Gunduk, der Arun, der<lb/> Theesla und der Brahmaputra laufen durch Querthäler, d. h. ſenk-<lb/> recht auf die große Achſe der Himalayakette. Alle dieſe Flüſſe<lb/> durchbrechen alſo die Kette, wie der Amazonenſtrom, der Paute und<lb/> der Paſtaza die Kordillere der Anden.</note> die höchſte bekannte der Welt, ſich<lb/> Bahn gebrochen haben. Man behauptete, und nicht ohne<lb/> Grund, Fahrten, die mit demſelben Kanoe ſollten gemacht<lb/> worden ſein, ſchließen die Möglichkeit nicht aus, daß die<lb/> Waſſerſtraße durch Trageplätze unterbrochen geweſen. Ich<lb/> habe dieſe ſo lange beſtrittene Gabelteilung nach ihrem ganzen<lb/> Verhalten ſelbſt beobachtet, bin aber deshalb weit entfernt,<lb/> Gelehrte zu tadeln, die, gerade weil es ihnen nur um die<lb/> Wahrheit zu thun war, Bedenken trugen, als wirklich gelten<lb/> zu laſſen, was ihnen noch nicht genau genug unterſucht zu<lb/> ſein ſchien.</p><lb/> <p>Ta der Amazonenſtrom von den Portugieſen und den<lb/> Spaniern ſchon lange befahren wurde, ehe die beiden Neben-<lb/> buhler den oberen Orinoko kennen lernten, ſo kam die erſte<lb/> unſichere Kunde von der Verzweigung zweier Ströme von der<lb/> Mündung des Rio Negro nach Europa. Die Konquiſtadoren<lb/> und mehrere Geſchichtſchreiber, wie Herrera, Fray Pedro Simon<lb/> und der Pater Garcia verwechſelten unter dem Namen <hi rendition="#g">Rio<lb/> grande</hi> und <hi rendition="#g">Mar dulce</hi> den Orinoko und den Marañon.<lb/> Der Name des erſteren Fluſſes kommt noch nicht einmal auf<lb/> Diego Riberos vielberufener Karte von Amerika aus dem<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0048]
habe ich noch kurz die Geſchichte der Entdeckung dieſes merk-
würdigen Phänomens zu beſprechen. Es ging mit der Ver-
bindung zwiſchen zwei großen Flußſyſtemen wie mit dem Laufe
des Nigirs gegen Oſt. Man mußte mehrere Male entdecken,
was auf den erſten Anblick der Analogie und angenommenen
Hypotheſen widerſprach. Als bereits durch Reiſende ausge-
macht war, auf welche Weiſe Orinoko und Amazonenſtrom
zuſammenhängen, wurde noch, und zwar zu wiederholten Malen
bezweifelt, ob die Sache überhaupt möglich ſei. Eine Berg-
kette, die der Geograph Hondius zu Ende des 16. Jahr-
hunderts als Grenzſcheide beider Flüſſe gefabelt hatte, wurde
bald angenommen, bald geleugnet. Man dachte nicht daran,
daß ſelbſt wenn dieſe Berge vorhanden wären, deshalb die
beiden hydrauliſchen Syſteme nicht notwendig getrennt ſein
müßten, da ja die Gewäſſer durch die Kordillere der Anden
und die Himalayakette, 1 die höchſte bekannte der Welt, ſich
Bahn gebrochen haben. Man behauptete, und nicht ohne
Grund, Fahrten, die mit demſelben Kanoe ſollten gemacht
worden ſein, ſchließen die Möglichkeit nicht aus, daß die
Waſſerſtraße durch Trageplätze unterbrochen geweſen. Ich
habe dieſe ſo lange beſtrittene Gabelteilung nach ihrem ganzen
Verhalten ſelbſt beobachtet, bin aber deshalb weit entfernt,
Gelehrte zu tadeln, die, gerade weil es ihnen nur um die
Wahrheit zu thun war, Bedenken trugen, als wirklich gelten
zu laſſen, was ihnen noch nicht genau genug unterſucht zu
ſein ſchien.
Ta der Amazonenſtrom von den Portugieſen und den
Spaniern ſchon lange befahren wurde, ehe die beiden Neben-
buhler den oberen Orinoko kennen lernten, ſo kam die erſte
unſichere Kunde von der Verzweigung zweier Ströme von der
Mündung des Rio Negro nach Europa. Die Konquiſtadoren
und mehrere Geſchichtſchreiber, wie Herrera, Fray Pedro Simon
und der Pater Garcia verwechſelten unter dem Namen Rio
grande und Mar dulce den Orinoko und den Marañon.
Der Name des erſteren Fluſſes kommt noch nicht einmal auf
Diego Riberos vielberufener Karte von Amerika aus dem
1 Der Sudledge, der Gogra, der Gunduk, der Arun, der
Theesla und der Brahmaputra laufen durch Querthäler, d. h. ſenk-
recht auf die große Achſe der Himalayakette. Alle dieſe Flüſſe
durchbrechen alſo die Kette, wie der Amazonenſtrom, der Paute und
der Paſtaza die Kordillere der Anden.
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