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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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wir besorgten aber, hätten wir einmal die spanischen Kolonieen
verlassen, möchte es schwer halten, dahin zurückzukommen.
Bei den umfassenden Befugnissen, wie sie uns in einer guten
Stunde zu teil geworden, durfte man sich auf nichts einlassen,
was den Lokalbehörden mißfallen konnte. Wir wendeten
unsere Zeit dazu an, die Flora von Cumana zu vervollstän-
digen, den östlichen Teil der Halbinsel Araya geognostisch zu
untersuchen und eine ansehnliche Reihe von Trabantenimmer-
sionen zu beobachten, wodurch die auf anderem Wege gefun-
dene Länge des Orts bestätigt wurde. Wir stellten auch
Versuche an über ungewöhnliche Strahlenbrechung, über Ver-
dunstung und Luftelektrizität.

Die lebenden Tiere, die wir vom Orinoko mitgebracht,
waren für die Einwohner von Cumana ein Gegenstand leb-
hafter Neugier. Der Kapuziner von Esmeralda (Simia
chiropotes
), der im Gesichtsausdruck so große Menschen-
ähnlichkeit hat, und der Schlafaffe (Simia trivirgata), der
Typus einer neuen Gruppe, waren an dieser Küste noch nie
gesehen worden. Wir dachten dieselben der Menagerie im
Pariser Pflanzengarten zu; denn die Ankunft einer französi-
schen Eskadre, die ihren Angriff auf Curacao hatte mißlingen
sehen, bot uns unerwartet eine treffliche Gelegenheit nach
Guadeloupe. General Jeannet und der Kommissär Bresseau,
Agent der vollziehenden Gewalt auf den Antillen, versprachen
uns, die Sendung zu besorgen. Aber Affen und Vögel
gingen auf Guadeloupe zu Grunde, und nur durch einen glück-
lichen Zufall gelangte der Balg des Simia chiropotes, der
sonst in Europa gar nicht existiert, vor einigen Jahren in
den Pflanzengarten, nachdem schon früher der Couxio (Simia
Satanas
) und der Stentor oder Aluate aus den Steppen
von Caracas (Simia ursina), die ich in meinem Recueil de
zoologie et d'anatomie comparee
abgebildet, daselbst ange-
kommen waren. Die Anwesenheit so vieler französischer Sol-
daten und die Aeußerung politischer und religiöser Ansichten,
die eben nicht ganz mit denen übereinstimmten, durch welche
die Mutterländer ihre Macht zu befestigen meinen, brachten
die Bevölkerung von Cumana in gewaltige Aufregung. Der
Statthalter beobachtete den französischen Behörden gegenüber
die angenehmen Formen, wie der Anstand und das innige
Verhältnis, das damals zwischen Frankreich und Spanien be-
stand, sie vorschrieben. Auf den Straßen sah man die Far-
bigen sich um den Agenten des Direktoriums drängen, der

wir beſorgten aber, hätten wir einmal die ſpaniſchen Kolonieen
verlaſſen, möchte es ſchwer halten, dahin zurückzukommen.
Bei den umfaſſenden Befugniſſen, wie ſie uns in einer guten
Stunde zu teil geworden, durfte man ſich auf nichts einlaſſen,
was den Lokalbehörden mißfallen konnte. Wir wendeten
unſere Zeit dazu an, die Flora von Cumana zu vervollſtän-
digen, den öſtlichen Teil der Halbinſel Araya geognoſtiſch zu
unterſuchen und eine anſehnliche Reihe von Trabantenimmer-
ſionen zu beobachten, wodurch die auf anderem Wege gefun-
dene Länge des Orts beſtätigt wurde. Wir ſtellten auch
Verſuche an über ungewöhnliche Strahlenbrechung, über Ver-
dunſtung und Luftelektrizität.

Die lebenden Tiere, die wir vom Orinoko mitgebracht,
waren für die Einwohner von Cumana ein Gegenſtand leb-
hafter Neugier. Der Kapuziner von Esmeralda (Simia
chiropotes
), der im Geſichtsausdruck ſo große Menſchen-
ähnlichkeit hat, und der Schlafaffe (Simia trivirgata), der
Typus einer neuen Gruppe, waren an dieſer Küſte noch nie
geſehen worden. Wir dachten dieſelben der Menagerie im
Pariſer Pflanzengarten zu; denn die Ankunft einer franzöſi-
ſchen Eskadre, die ihren Angriff auf Curaçao hatte mißlingen
ſehen, bot uns unerwartet eine treffliche Gelegenheit nach
Guadeloupe. General Jeannet und der Kommiſſär Breſſeau,
Agent der vollziehenden Gewalt auf den Antillen, verſprachen
uns, die Sendung zu beſorgen. Aber Affen und Vögel
gingen auf Guadeloupe zu Grunde, und nur durch einen glück-
lichen Zufall gelangte der Balg des Simia chiropotes, der
ſonſt in Europa gar nicht exiſtiert, vor einigen Jahren in
den Pflanzengarten, nachdem ſchon früher der Couxio (Simia
Satanas
) und der Stentor oder Aluate aus den Steppen
von Caracas (Simia ursina), die ich in meinem Recueil de
zoologie et d’anatomie comparée
abgebildet, daſelbſt ange-
kommen waren. Die Anweſenheit ſo vieler franzöſiſcher Sol-
daten und die Aeußerung politiſcher und religiöſer Anſichten,
die eben nicht ganz mit denen übereinſtimmten, durch welche
die Mutterländer ihre Macht zu befeſtigen meinen, brachten
die Bevölkerung von Cumana in gewaltige Aufregung. Der
Statthalter beobachtete den franzöſiſchen Behörden gegenüber
die angenehmen Formen, wie der Anſtand und das innige
Verhältnis, das damals zwiſchen Frankreich und Spanien be-
ſtand, ſie vorſchrieben. Auf den Straßen ſah man die Far-
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[275/0283] wir beſorgten aber, hätten wir einmal die ſpaniſchen Kolonieen verlaſſen, möchte es ſchwer halten, dahin zurückzukommen. Bei den umfaſſenden Befugniſſen, wie ſie uns in einer guten Stunde zu teil geworden, durfte man ſich auf nichts einlaſſen, was den Lokalbehörden mißfallen konnte. Wir wendeten unſere Zeit dazu an, die Flora von Cumana zu vervollſtän- digen, den öſtlichen Teil der Halbinſel Araya geognoſtiſch zu unterſuchen und eine anſehnliche Reihe von Trabantenimmer- ſionen zu beobachten, wodurch die auf anderem Wege gefun- dene Länge des Orts beſtätigt wurde. Wir ſtellten auch Verſuche an über ungewöhnliche Strahlenbrechung, über Ver- dunſtung und Luftelektrizität. Die lebenden Tiere, die wir vom Orinoko mitgebracht, waren für die Einwohner von Cumana ein Gegenſtand leb- hafter Neugier. Der Kapuziner von Esmeralda (Simia chiropotes), der im Geſichtsausdruck ſo große Menſchen- ähnlichkeit hat, und der Schlafaffe (Simia trivirgata), der Typus einer neuen Gruppe, waren an dieſer Küſte noch nie geſehen worden. Wir dachten dieſelben der Menagerie im Pariſer Pflanzengarten zu; denn die Ankunft einer franzöſi- ſchen Eskadre, die ihren Angriff auf Curaçao hatte mißlingen ſehen, bot uns unerwartet eine treffliche Gelegenheit nach Guadeloupe. General Jeannet und der Kommiſſär Breſſeau, Agent der vollziehenden Gewalt auf den Antillen, verſprachen uns, die Sendung zu beſorgen. Aber Affen und Vögel gingen auf Guadeloupe zu Grunde, und nur durch einen glück- lichen Zufall gelangte der Balg des Simia chiropotes, der ſonſt in Europa gar nicht exiſtiert, vor einigen Jahren in den Pflanzengarten, nachdem ſchon früher der Couxio (Simia Satanas) und der Stentor oder Aluate aus den Steppen von Caracas (Simia ursina), die ich in meinem Recueil de zoologie et d’anatomie comparée abgebildet, daſelbſt ange- kommen waren. Die Anweſenheit ſo vieler franzöſiſcher Sol- daten und die Aeußerung politiſcher und religiöſer Anſichten, die eben nicht ganz mit denen übereinſtimmten, durch welche die Mutterländer ihre Macht zu befeſtigen meinen, brachten die Bevölkerung von Cumana in gewaltige Aufregung. Der Statthalter beobachtete den franzöſiſchen Behörden gegenüber die angenehmen Formen, wie der Anſtand und das innige Verhältnis, das damals zwiſchen Frankreich und Spanien be- ſtand, ſie vorſchrieben. Auf den Straßen ſah man die Far- bigen ſich um den Agenten des Direktoriums drängen, der

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/283>, abgerufen am 22.11.2024.