Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.La Condamine hatte versichert, vom Pongo de Manseriche bis 1 Kommen in Nordamerika nordwärts von den großen Seen
Blöcke vor? La Condamine hatte verſichert, vom Pongo de Manſeriche bis 1 Kommen in Nordamerika nordwärts von den großen Seen
Blöcke vor? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0274" n="266"/> La Condamine hatte verſichert, vom Pongo de Manſeriche bis<lb/> zum Engpaſſe der Pauxis ſei auch nicht der kleinſte Stein zu<lb/> finden. Das Becken des Rio Negro und des Amazonen-<lb/> ſtromes iſt aber auch nichts als ein <hi rendition="#g">Llano</hi>, eine Ebene wie<lb/> die in Venezuela und Buenos Ayres, und der Unterſchied<lb/> beſteht allein in der Art des Pflanzenwuchſes. Die beiden<lb/> Llanos am Nord- und am Südende von Südamerika ſind<lb/> mit Gras bewachſen, es ſind baumloſe Grasfluren; das da-<lb/> zwiſchenliegende Llano, das am Amazonenſtrom, welches im<lb/> Striche der faſt unaufhörlichen Aequatorialregen liegt, iſt ein<lb/> dichter Wald. Ich erinnere mich nicht gehört zu haben, daß<lb/> auf den Pampas von Buenos Ayres oder auf den Savannen<lb/> am Miſſouri <note place="foot" n="1">Kommen in Nordamerika nordwärts von den großen Seen<lb/> Blöcke vor?</note> und in Neumexiko Granitblöcke vorkommen.<lb/> Die Erſcheinung ſcheint in der Neuen Welt überhaupt ganz zu<lb/> fehlen, und wahrſcheinlich auch in der afrikaniſchen Sahara;<lb/> denn die Geſteinmaſſen, welche mitten in der Wüſte zu Tage<lb/> kommen und deren die Reiſenden häufig erwähnen, ſind nicht<lb/> mit bloßen zerſtreuten Bruchſtücken zu verwechſeln. Aus<lb/> dieſen Beobachtungen ſcheint hervorzugehen, daß die ſkandi-<lb/> naviſchen Granitblöcke, welche die ſandigen Ebenen im Süden<lb/> des Baltiſchen Meeres, in Weſtfalen und Holland bedecken,<lb/> von einer beſonderen, von Norden her ausgebrochenen Waſſer-<lb/> flut, von einem rein örtlichen Vorgang herrühren. Das alte<lb/> Konglomerat (der rote Sandſtein), das nach meinen Beobach-<lb/> tungen zum großen Teil die Llanos von Venezuela und das<lb/> Becken des Amazonenſtromes bedeckt, ſchließt ohne Zweifel<lb/> Trümmer der Urgebirgsbildungen ein, aus denen die benach-<lb/> barten Berge beſtehen; aber die Umwälzungen, von denen<lb/> dieſe Gebirge ſo deutliche Spuren aufzuweiſen haben, ſcheinen<lb/> nicht von den Umſtänden begleitet geweſen zu ſein, durch<lb/> welche die Wegführung dieſer Blöcke in weite Ferne begün-<lb/> ſtigt wurde. Dieſe geognoſtiſche Erſcheinung iſt um ſo uner-<lb/> warteter, da ſonſt nirgends in der Welt eine Erdfläche vor-<lb/> kommt, die ſo eben wäre und ſich ſo ohne alle Unterbrechung<lb/> bis zum ſteilen Abhang einer ganz aus Granit aufgebauten<lb/> Kordillere fortzöge. Bereits vor meinem Abgang von Europa<lb/> war mir aufgefallen, daß die Urgebirgsblöcke weder in der<lb/> Lombardei vorkommen noch auf der großen bayeriſchen Ebene,<lb/> die ein alter, 490 <hi rendition="#aq">m</hi> über dem Meeresſpiegel liegender See-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [266/0274]
La Condamine hatte verſichert, vom Pongo de Manſeriche bis
zum Engpaſſe der Pauxis ſei auch nicht der kleinſte Stein zu
finden. Das Becken des Rio Negro und des Amazonen-
ſtromes iſt aber auch nichts als ein Llano, eine Ebene wie
die in Venezuela und Buenos Ayres, und der Unterſchied
beſteht allein in der Art des Pflanzenwuchſes. Die beiden
Llanos am Nord- und am Südende von Südamerika ſind
mit Gras bewachſen, es ſind baumloſe Grasfluren; das da-
zwiſchenliegende Llano, das am Amazonenſtrom, welches im
Striche der faſt unaufhörlichen Aequatorialregen liegt, iſt ein
dichter Wald. Ich erinnere mich nicht gehört zu haben, daß
auf den Pampas von Buenos Ayres oder auf den Savannen
am Miſſouri 1 und in Neumexiko Granitblöcke vorkommen.
Die Erſcheinung ſcheint in der Neuen Welt überhaupt ganz zu
fehlen, und wahrſcheinlich auch in der afrikaniſchen Sahara;
denn die Geſteinmaſſen, welche mitten in der Wüſte zu Tage
kommen und deren die Reiſenden häufig erwähnen, ſind nicht
mit bloßen zerſtreuten Bruchſtücken zu verwechſeln. Aus
dieſen Beobachtungen ſcheint hervorzugehen, daß die ſkandi-
naviſchen Granitblöcke, welche die ſandigen Ebenen im Süden
des Baltiſchen Meeres, in Weſtfalen und Holland bedecken,
von einer beſonderen, von Norden her ausgebrochenen Waſſer-
flut, von einem rein örtlichen Vorgang herrühren. Das alte
Konglomerat (der rote Sandſtein), das nach meinen Beobach-
tungen zum großen Teil die Llanos von Venezuela und das
Becken des Amazonenſtromes bedeckt, ſchließt ohne Zweifel
Trümmer der Urgebirgsbildungen ein, aus denen die benach-
barten Berge beſtehen; aber die Umwälzungen, von denen
dieſe Gebirge ſo deutliche Spuren aufzuweiſen haben, ſcheinen
nicht von den Umſtänden begleitet geweſen zu ſein, durch
welche die Wegführung dieſer Blöcke in weite Ferne begün-
ſtigt wurde. Dieſe geognoſtiſche Erſcheinung iſt um ſo uner-
warteter, da ſonſt nirgends in der Welt eine Erdfläche vor-
kommt, die ſo eben wäre und ſich ſo ohne alle Unterbrechung
bis zum ſteilen Abhang einer ganz aus Granit aufgebauten
Kordillere fortzöge. Bereits vor meinem Abgang von Europa
war mir aufgefallen, daß die Urgebirgsblöcke weder in der
Lombardei vorkommen noch auf der großen bayeriſchen Ebene,
die ein alter, 490 m über dem Meeresſpiegel liegender See-
1 Kommen in Nordamerika nordwärts von den großen Seen
Blöcke vor?
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