Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.der Kariben auf dem Festlande ist dieselbe von den Quellen Als wir von der Mission Cari aufbrechen wollten, ge- Eidechsen und Krokodile." (Description generale de l'Amerique par Pierre d'Avity, Seigneur de Montmartin, 1660.) 1 Mithridates, Bd. III, Seite 685. 2 Epistolae, Lib. VIII, 8. Clitumnus non loci declivitate,
sed ipsa sui copia et quasi pondere impellitur. der Kariben auf dem Feſtlande iſt dieſelbe von den Quellen Als wir von der Miſſion Cari aufbrechen wollten, ge- Eidechſen und Krokodile.“ (Description générale de l’Amérique par Pierre d’Avity, Seigneur de Montmartin, 1660.) 1 Mithridates, Bd. III, Seite 685. 2 Epistolae, Lib. VIII, 8. Clitumnus non loci declivitate,
sed ipsa sui copia et quasi pondere impellitur. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0257" n="249"/> der Kariben auf dem Feſtlande iſt dieſelbe von den Quellen<lb/> des Rio Branco bis zu den Steppen von Cumana. Ich war<lb/> ſo glücklich, in Beſitz einer Handſchrift zu gelangen, die einen<lb/> Auszug des Paters Sebaſtian Garcia aus der <hi rendition="#aq">„Gramatica<lb/> de la lengua Caribe del P. Fernando Ximenez“</hi> enthielt.<lb/> Dieſe wertvolle Handſchrift wurde bei Vaters<note place="foot" n="1">Mithridates, Bd. <hi rendition="#aq">III</hi>, Seite 685.</note> und meines<lb/> Bruders, Wilhelm von Humboldt, nach noch weit umfaſſen-<lb/> derem Plane angelegten Unterſuchungen über den Bau der<lb/> amerikaniſchen Sprachen benützt.</p><lb/> <p>Als wir von der Miſſion Cari aufbrechen wollten, ge-<lb/> rieten wir in einen Wortwechſel mit unſeren indianiſchen<lb/> Maultiertreibern. Sie hatten, zu unſerer nicht geringen Ver-<lb/> wunderung, ausfindig gemacht, daß wir Skelette aus der<lb/> Höhle von Ataruipe mit uns führten, und ſie waren feſt<lb/> überzeugt, daß das Laſttier, das „die Körper ihrer alten Ver-<lb/> wandten“ trug, auf dem Wege zu Grunde gehen müſſe. Alle<lb/> unſere Vorſichtsmaßregeln, um die Skelette zu verbergen,<lb/> waren vergeblich; nichts entgeht dem Scharfſinn und dem<lb/> Geruch eines Kariben, und es brauchte das ganze Anſehen<lb/> des Miſſionärs, um unſer Gepäck in Gang zu bringen. Ueber<lb/> den Rio Cari mußten wir im Boote fahren, über den Rio<lb/> de agua clara waten, faſt könnte ich ſagen ſchwimmen.<lb/> Wegen des Triebſands am Boden iſt letzterer Uebergang bei<lb/> Hochwaſſer ſehr beſchwerlich. Man wundert ſich, daß in einem<lb/> ſo ebenen Lande die Strömung ſo ſtark iſt; die Steppen-<lb/> flüſſe drängen aber auch, um mich eines ganz richtigen Aus-<lb/> drucks des jüngeren Plinius zu bedienen, „nicht ſowohl wegen<lb/> des Bodenfalls, als wegen ihrer Fülle und wie durch ihr<lb/> eigenes Gewicht vorwärts“.<note place="foot" n="2"><hi rendition="#aq">Epistolae, Lib. VIII, 8. Clitumnus non loci declivitate,<lb/> sed ipsa sui copia et quasi pondere impellitur.</hi></note> Wir hatten, ehe wir in die<lb/> kleine Stadt Pao kamen, zwei ſchlechte Nachtlager in Mata-<lb/> gorda und Los Riecietos. Ueberall dasſelbe: kleine Rohrhütten<lb/> mit Leder gedeckt, berittene Leute mit Lanzen, die das Vieh<lb/> hüten, halb wilde Hornviehherden von auffallend gleicher<lb/> Färbung, die den Pferden und Maultieren die Weide ſtreitig<lb/> machen. Keine Schafe, keine Ziegen auf dieſen unermeßlichen<lb/> Steppen! Die Schafe pflanzen ſich in Amerika nur auf<lb/><note xml:id="seg2pn_10_2" prev="#seg2pn_10_1" place="foot" n="2">Eidechſen und Krokodile.“ (<hi rendition="#aq">Description générale de l’Amérique<lb/> par Pierre d’Avity, Seigneur de Montmartin,</hi> 1660.)</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [249/0257]
der Kariben auf dem Feſtlande iſt dieſelbe von den Quellen
des Rio Branco bis zu den Steppen von Cumana. Ich war
ſo glücklich, in Beſitz einer Handſchrift zu gelangen, die einen
Auszug des Paters Sebaſtian Garcia aus der „Gramatica
de la lengua Caribe del P. Fernando Ximenez“ enthielt.
Dieſe wertvolle Handſchrift wurde bei Vaters 1 und meines
Bruders, Wilhelm von Humboldt, nach noch weit umfaſſen-
derem Plane angelegten Unterſuchungen über den Bau der
amerikaniſchen Sprachen benützt.
Als wir von der Miſſion Cari aufbrechen wollten, ge-
rieten wir in einen Wortwechſel mit unſeren indianiſchen
Maultiertreibern. Sie hatten, zu unſerer nicht geringen Ver-
wunderung, ausfindig gemacht, daß wir Skelette aus der
Höhle von Ataruipe mit uns führten, und ſie waren feſt
überzeugt, daß das Laſttier, das „die Körper ihrer alten Ver-
wandten“ trug, auf dem Wege zu Grunde gehen müſſe. Alle
unſere Vorſichtsmaßregeln, um die Skelette zu verbergen,
waren vergeblich; nichts entgeht dem Scharfſinn und dem
Geruch eines Kariben, und es brauchte das ganze Anſehen
des Miſſionärs, um unſer Gepäck in Gang zu bringen. Ueber
den Rio Cari mußten wir im Boote fahren, über den Rio
de agua clara waten, faſt könnte ich ſagen ſchwimmen.
Wegen des Triebſands am Boden iſt letzterer Uebergang bei
Hochwaſſer ſehr beſchwerlich. Man wundert ſich, daß in einem
ſo ebenen Lande die Strömung ſo ſtark iſt; die Steppen-
flüſſe drängen aber auch, um mich eines ganz richtigen Aus-
drucks des jüngeren Plinius zu bedienen, „nicht ſowohl wegen
des Bodenfalls, als wegen ihrer Fülle und wie durch ihr
eigenes Gewicht vorwärts“. 2 Wir hatten, ehe wir in die
kleine Stadt Pao kamen, zwei ſchlechte Nachtlager in Mata-
gorda und Los Riecietos. Ueberall dasſelbe: kleine Rohrhütten
mit Leder gedeckt, berittene Leute mit Lanzen, die das Vieh
hüten, halb wilde Hornviehherden von auffallend gleicher
Färbung, die den Pferden und Maultieren die Weide ſtreitig
machen. Keine Schafe, keine Ziegen auf dieſen unermeßlichen
Steppen! Die Schafe pflanzen ſich in Amerika nur auf
2
1 Mithridates, Bd. III, Seite 685.
2 Epistolae, Lib. VIII, 8. Clitumnus non loci declivitate,
sed ipsa sui copia et quasi pondere impellitur.
2 Eidechſen und Krokodile.“ (Description générale de l’Amérique
par Pierre d’Avity, Seigneur de Montmartin, 1660.)
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