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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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mündung des Orinoko (Boca de Navios) so verschieden ge-
schätzt wird. Die große Insel Cangrejos ist nur durch einen
schmalen Kanal von dem unter Wasser stehenden Boden ge-
trennt, der zwischen den Bocas Nuina und Mariusas liegt,
so daß 37 oder 25 km herauskommen, je nachdem man (in
einer der Strömung entgegengesetzten Richtung) von der Punta
Barima zum nächsten gegenüberliegenden Ufer, oder von der-
selben Punta zum östlichen Teile der Insel Cangrejos mißt.
Ueber die Wasserstraße läuft eine Sandbank, eine Barre, in
5,5 m Tiefe; man gibt derselben eine Breite von 4870 bis
5450 m. Wie beim Amazonenstrome, beim Nil und allen
Flüssen, die sich in mehrere Arme teilen, ist auch beim Ori-
noko die Mündung nicht so groß, als man nach der Länge
seines Laufes und nach der Breite, die er noch mehrere hun-
dert Kilometer weit im Lande hat, vermuten sollte. Man
weiß nach Malaspinas Aufnahme, daß der Rio de la Plata
von Punta del Este bei Maldonado bis zum Cabo San An-
tonio über 187 km breit ist; fährt man aber nach Buenos
Ayres hinauf, so nimmt die Breite so rasch ab, daß sie
Colonia del Sacramento gegenüber nur noch 39 km beträgt.
Was man gemeiniglich die Mündung des Rio de la Plata
heißt, ist eben ein Meerbusen, in den sich der Uruguay und
der Parana ergießen, zwei Flüsse, die nicht so breit sind wie
der Orinoko. Um die Größe der Mündung des Amazonen-
stromes zu übertreiben, rechnet man die Inseln Marajo und
Caviana dazu, so daß von Punta Tigioca bis zu Cabo del
Norte die ungeheure Breite von 3 1/2° oder 315 km heraus-
kommt; betrachtet man aber näher das hydraulische System
des Kanals Tagypuru, des Rio Tocantins, des Amazonen-
stromes und des Araguari, die ihre ungeheuren Wassermassen
vereinigen, so sieht man, daß diese Schätzung rein aus der
Luft gegriffen ist. Zwischen Macapa und dem westlichen
Ufer der Insel Marajo (Ilha de Joanes) ist der eigentliche
Amazonenstrom in zwei Arme geteilt, die zusammen nur
49,5 km breit sind. Weiter unten läuft das Nordufer der
Insel Marajo in der Richtung eines Parallels fort, während
die Küste von portugiesisch Guyana zwischen Macapa und
Cabo del Norte von Süd nach Nord streicht. So kommt
es, daß der Amazonenstrom bei den Inseln Maxiana und
Caviana, da wo die Gewässer des Stromes und die des
Atlantischen Ozeans zuerst aufeinander stoßen, einen gegen
74 km breiten Meerbusen bildet. Der Orinoko steht noch

mündung des Orinoko (Boca de Navios) ſo verſchieden ge-
ſchätzt wird. Die große Inſel Cangrejos iſt nur durch einen
ſchmalen Kanal von dem unter Waſſer ſtehenden Boden ge-
trennt, der zwiſchen den Bocas Nuina und Mariuſas liegt,
ſo daß 37 oder 25 km herauskommen, je nachdem man (in
einer der Strömung entgegengeſetzten Richtung) von der Punta
Barima zum nächſten gegenüberliegenden Ufer, oder von der-
ſelben Punta zum öſtlichen Teile der Inſel Cangrejos mißt.
Ueber die Waſſerſtraße läuft eine Sandbank, eine Barre, in
5,5 m Tiefe; man gibt derſelben eine Breite von 4870 bis
5450 m. Wie beim Amazonenſtrome, beim Nil und allen
Flüſſen, die ſich in mehrere Arme teilen, iſt auch beim Ori-
noko die Mündung nicht ſo groß, als man nach der Länge
ſeines Laufes und nach der Breite, die er noch mehrere hun-
dert Kilometer weit im Lande hat, vermuten ſollte. Man
weiß nach Malaſpinas Aufnahme, daß der Rio de la Plata
von Punta del Eſte bei Maldonado bis zum Cabo San An-
tonio über 187 km breit iſt; fährt man aber nach Buenos
Ayres hinauf, ſo nimmt die Breite ſo raſch ab, daß ſie
Colonia del Sacramento gegenüber nur noch 39 km beträgt.
Was man gemeiniglich die Mündung des Rio de la Plata
heißt, iſt eben ein Meerbuſen, in den ſich der Uruguay und
der Parana ergießen, zwei Flüſſe, die nicht ſo breit ſind wie
der Orinoko. Um die Größe der Mündung des Amazonen-
ſtromes zu übertreiben, rechnet man die Inſeln Marajo und
Caviana dazu, ſo daß von Punta Tigioca bis zu Cabo del
Norte die ungeheure Breite von 3 ½° oder 315 km heraus-
kommt; betrachtet man aber näher das hydrauliſche Syſtem
des Kanals Tagypuru, des Rio Tocantins, des Amazonen-
ſtromes und des Araguari, die ihre ungeheuren Waſſermaſſen
vereinigen, ſo ſieht man, daß dieſe Schätzung rein aus der
Luft gegriffen iſt. Zwiſchen Macapa und dem weſtlichen
Ufer der Inſel Marajo (Ilha de Joanes) iſt der eigentliche
Amazonenſtrom in zwei Arme geteilt, die zuſammen nur
49,5 km breit ſind. Weiter unten läuft das Nordufer der
Inſel Marajo in der Richtung eines Parallels fort, während
die Küſte von portugieſiſch Guyana zwiſchen Macapa und
Cabo del Norte von Süd nach Nord ſtreicht. So kommt
es, daß der Amazonenſtrom bei den Inſeln Maxiana und
Caviana, da wo die Gewäſſer des Stromes und die des
Atlantiſchen Ozeans zuerſt aufeinander ſtoßen, einen gegen
74 km breiten Meerbuſen bildet. Der Orinoko ſteht noch

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[167/0175] mündung des Orinoko (Boca de Navios) ſo verſchieden ge- ſchätzt wird. Die große Inſel Cangrejos iſt nur durch einen ſchmalen Kanal von dem unter Waſſer ſtehenden Boden ge- trennt, der zwiſchen den Bocas Nuina und Mariuſas liegt, ſo daß 37 oder 25 km herauskommen, je nachdem man (in einer der Strömung entgegengeſetzten Richtung) von der Punta Barima zum nächſten gegenüberliegenden Ufer, oder von der- ſelben Punta zum öſtlichen Teile der Inſel Cangrejos mißt. Ueber die Waſſerſtraße läuft eine Sandbank, eine Barre, in 5,5 m Tiefe; man gibt derſelben eine Breite von 4870 bis 5450 m. Wie beim Amazonenſtrome, beim Nil und allen Flüſſen, die ſich in mehrere Arme teilen, iſt auch beim Ori- noko die Mündung nicht ſo groß, als man nach der Länge ſeines Laufes und nach der Breite, die er noch mehrere hun- dert Kilometer weit im Lande hat, vermuten ſollte. Man weiß nach Malaſpinas Aufnahme, daß der Rio de la Plata von Punta del Eſte bei Maldonado bis zum Cabo San An- tonio über 187 km breit iſt; fährt man aber nach Buenos Ayres hinauf, ſo nimmt die Breite ſo raſch ab, daß ſie Colonia del Sacramento gegenüber nur noch 39 km beträgt. Was man gemeiniglich die Mündung des Rio de la Plata heißt, iſt eben ein Meerbuſen, in den ſich der Uruguay und der Parana ergießen, zwei Flüſſe, die nicht ſo breit ſind wie der Orinoko. Um die Größe der Mündung des Amazonen- ſtromes zu übertreiben, rechnet man die Inſeln Marajo und Caviana dazu, ſo daß von Punta Tigioca bis zu Cabo del Norte die ungeheure Breite von 3 ½° oder 315 km heraus- kommt; betrachtet man aber näher das hydrauliſche Syſtem des Kanals Tagypuru, des Rio Tocantins, des Amazonen- ſtromes und des Araguari, die ihre ungeheuren Waſſermaſſen vereinigen, ſo ſieht man, daß dieſe Schätzung rein aus der Luft gegriffen iſt. Zwiſchen Macapa und dem weſtlichen Ufer der Inſel Marajo (Ilha de Joanes) iſt der eigentliche Amazonenſtrom in zwei Arme geteilt, die zuſammen nur 49,5 km breit ſind. Weiter unten läuft das Nordufer der Inſel Marajo in der Richtung eines Parallels fort, während die Küſte von portugieſiſch Guyana zwiſchen Macapa und Cabo del Norte von Süd nach Nord ſtreicht. So kommt es, daß der Amazonenſtrom bei den Inſeln Maxiana und Caviana, da wo die Gewäſſer des Stromes und die des Atlantiſchen Ozeans zuerſt aufeinander ſtoßen, einen gegen 74 km breiten Meerbuſen bildet. Der Orinoko ſteht noch

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/175>, abgerufen am 22.11.2024.