auseinandergesetzt, wie wichtig die vier Flüsse sind, die von den Gebirgen der Parime in den Orinoko gehen. In der Nähe der Mündung des Caura, zwischen den Dörfern San Pedro de Alcantara und San Francisco de Aripao, bildete sich im Jahre 1792 durch einen Erdfall und infolge eines Erdbebens ein kleiner See von 580 m Durchmesser. Ein Stück Wald bei Aripao senkte sich 26 bis 32 m unter das Niveau des anstoßenden Bodens. Die Bäume blieben mehrere Monate grün; man glaubte sogar, manche haben unter Wasser Blätter getrieben. Diese Erscheinung verdient um so mehr Beachtung, da der Boden dort wahrscheinlich Granit ist. Ich bezweifle, daß die sekundären Formationen der Llanos sich südwärts bis zum Thale des Caura erstrecken.
Am 11. Juni landeten wir, um Sonnenhöhen aufzu- nehmen, am rechten Orinokoufer beim Puerto de los Frailes, 13,5 km oberhalb Ciudad de la Piedra. Der Punkt liegt unter 67° 26' 20" der Länge oder 1° 41' ost- wärts vom Einfluß des Apure. Weiterhin zwischen den Villas de la Piedra und Muitaco oder Real Corona kommt der Torno und der Höllenschlund, zwei Punkte, die früher von den Schiffern gefürchtet wurden. Der Orinoko ändert auf einmal seine Richtung; er fließt anfangs nach Ost, dann nach Nord-Nord-West und endlich wieder nach Ost. Etwas oberhalb des Canno Marapiche, der am nördlichen Ufer her- einkommt, teilt eine sehr lange Insel den Fluß in zwei Arme. Wir fuhren ohne Schwierigkeit südwärts an derselben vorbei; gegen Norden bildet eine Reihe kleiner, bei hohem Wasser halb bedeckter Felsen Wirbel und Stromschnellen. Dies heißt nun Boca del Infierno und der Raudal von Camiseta. Durch Diego de Ordaz' (1531) und Alonzo de Herreras (1535) erste Expeditionen wurde diese Stromsperre vielberufen. Die großen Katarakte von Atures und Maypures kannte man nicht und mit den plumpen Fahrzeugen (Vergantines), mit denen man eigensinnig den Strom hinauf wollte, war sehr schwer über die Stromschnellen zu kommen. Gegenwärtig fährt man den Orinoko zu jeder Jahreszeit von der Mün- dung bis zum Einflusse des Apure und des Meta ohne Be- sorgnis auf und ab. Die einzigen Fälle auf dieser Strecke sind die beim Torno oder Camiseta, bei Marimara und bei Cariven oder Carichana Vieja. Keines dieser drei Hinder- nisse ist zu fürchten, wenn man erfahrene indianische Steuer- leute hat. Ich gehe auf diese hydrographischen Angaben darum
auseinandergeſetzt, wie wichtig die vier Flüſſe ſind, die von den Gebirgen der Parime in den Orinoko gehen. In der Nähe der Mündung des Caura, zwiſchen den Dörfern San Pedro de Alcantara und San Francisco de Aripao, bildete ſich im Jahre 1792 durch einen Erdfall und infolge eines Erdbebens ein kleiner See von 580 m Durchmeſſer. Ein Stück Wald bei Aripao ſenkte ſich 26 bis 32 m unter das Niveau des anſtoßenden Bodens. Die Bäume blieben mehrere Monate grün; man glaubte ſogar, manche haben unter Waſſer Blätter getrieben. Dieſe Erſcheinung verdient um ſo mehr Beachtung, da der Boden dort wahrſcheinlich Granit iſt. Ich bezweifle, daß die ſekundären Formationen der Llanos ſich ſüdwärts bis zum Thale des Caura erſtrecken.
Am 11. Juni landeten wir, um Sonnenhöhen aufzu- nehmen, am rechten Orinokoufer beim Puerto de los Frailes, 13,5 km oberhalb Ciudad de la Piedra. Der Punkt liegt unter 67° 26′ 20″ der Länge oder 1° 41′ oſt- wärts vom Einfluß des Apure. Weiterhin zwiſchen den Villas de la Piedra und Muitaco oder Real Corona kommt der Torno und der Höllenſchlund, zwei Punkte, die früher von den Schiffern gefürchtet wurden. Der Orinoko ändert auf einmal ſeine Richtung; er fließt anfangs nach Oſt, dann nach Nord-Nord-Weſt und endlich wieder nach Oſt. Etwas oberhalb des Caño Marapiche, der am nördlichen Ufer her- einkommt, teilt eine ſehr lange Inſel den Fluß in zwei Arme. Wir fuhren ohne Schwierigkeit ſüdwärts an derſelben vorbei; gegen Norden bildet eine Reihe kleiner, bei hohem Waſſer halb bedeckter Felſen Wirbel und Stromſchnellen. Dies heißt nun Boca del Infierno und der Raudal von Camiſeta. Durch Diego de Ordaz’ (1531) und Alonzo de Herreras (1535) erſte Expeditionen wurde dieſe Stromſperre vielberufen. Die großen Katarakte von Atures und Maypures kannte man nicht und mit den plumpen Fahrzeugen (Vergantines), mit denen man eigenſinnig den Strom hinauf wollte, war ſehr ſchwer über die Stromſchnellen zu kommen. Gegenwärtig fährt man den Orinoko zu jeder Jahreszeit von der Mün- dung bis zum Einfluſſe des Apure und des Meta ohne Be- ſorgnis auf und ab. Die einzigen Fälle auf dieſer Strecke ſind die beim Torno oder Camiſeta, bei Marimara und bei Cariven oder Carichana Vieja. Keines dieſer drei Hinder- niſſe iſt zu fürchten, wenn man erfahrene indianiſche Steuer- leute hat. Ich gehe auf dieſe hydrographiſchen Angaben darum
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auseinandergeſetzt, wie wichtig die vier Flüſſe ſind, die von
den Gebirgen der Parime in den Orinoko gehen. In der
Nähe der Mündung des Caura, zwiſchen den Dörfern San
Pedro de Alcantara und San Francisco de Aripao, bildete
ſich im Jahre 1792 durch einen Erdfall und infolge eines
Erdbebens ein kleiner See von 580 m Durchmeſſer. Ein
Stück Wald bei Aripao ſenkte ſich 26 bis 32 m unter das
Niveau des anſtoßenden Bodens. Die Bäume blieben mehrere
Monate grün; man glaubte ſogar, manche haben unter Waſſer
Blätter getrieben. Dieſe Erſcheinung verdient um ſo mehr
Beachtung, da der Boden dort wahrſcheinlich Granit iſt. Ich
bezweifle, daß die ſekundären Formationen der Llanos ſich
ſüdwärts bis zum Thale des Caura erſtrecken.
Am 11. Juni landeten wir, um Sonnenhöhen aufzu-
nehmen, am rechten Orinokoufer beim Puerto de los
Frailes, 13,5 km oberhalb Ciudad de la Piedra. Der
Punkt liegt unter 67° 26′ 20″ der Länge oder 1° 41′ oſt-
wärts vom Einfluß des Apure. Weiterhin zwiſchen den
Villas de la Piedra und Muitaco oder Real Corona kommt
der Torno und der Höllenſchlund, zwei Punkte, die früher
von den Schiffern gefürchtet wurden. Der Orinoko ändert
auf einmal ſeine Richtung; er fließt anfangs nach Oſt, dann
nach Nord-Nord-Weſt und endlich wieder nach Oſt. Etwas
oberhalb des Caño Marapiche, der am nördlichen Ufer her-
einkommt, teilt eine ſehr lange Inſel den Fluß in zwei Arme.
Wir fuhren ohne Schwierigkeit ſüdwärts an derſelben vorbei;
gegen Norden bildet eine Reihe kleiner, bei hohem Waſſer
halb bedeckter Felſen Wirbel und Stromſchnellen. Dies heißt
nun Boca del Infierno und der Raudal von Camiſeta.
Durch Diego de Ordaz’ (1531) und Alonzo de Herreras (1535)
erſte Expeditionen wurde dieſe Stromſperre vielberufen. Die
großen Katarakte von Atures und Maypures kannte man
nicht und mit den plumpen Fahrzeugen (Vergantines), mit
denen man eigenſinnig den Strom hinauf wollte, war ſehr
ſchwer über die Stromſchnellen zu kommen. Gegenwärtig
fährt man den Orinoko zu jeder Jahreszeit von der Mün-
dung bis zum Einfluſſe des Apure und des Meta ohne Be-
ſorgnis auf und ab. Die einzigen Fälle auf dieſer Strecke
ſind die beim Torno oder Camiſeta, bei Marimara und bei
Cariven oder Carichana Vieja. Keines dieſer drei Hinder-
niſſe iſt zu fürchten, wenn man erfahrene indianiſche Steuer-
leute hat. Ich gehe auf dieſe hydrographiſchen Angaben darum
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/154>, abgerufen am 16.02.2025.
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