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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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schien also keinen merklichen Einfluß geäußert zu haben. Die
Jaguare ließen sich die ganze Nacht hören. 1 Sie sind in
dieser Gegend zwischen dem Cerro Maraguaca, dem Unturan
und den Ufern des Pamoni ungemein häufig. Hier kommt
auch der schwarze Tiger 2 vor, von dem ich in Esmeralda
schöne Felle gesehen. Dieses Tier ist wegen seiner Stärke
und Wildheit vielberufen und es scheint noch größer zu sein
als der gemeine Jaguar. Die schwarzen Flecken sind auf
dem schwarzbraunen Grunde seines Felles kaum sichtbar. Nach
der Angabe der Indianer sind die schwarzen Tiger sehr selten,
vermischen sich nie mit den gemeinen Jaguaren und "sind eine
andere Rasse". Ich glaube, Prinz Maximilian von Neuwied,
der die Zoologie von Amerika mit so vielen wichtigen Beob-
achtungen bereichert hat, ist weiter nach Süd, im heißen
Landstriche von Brasilien ebenso berichtet worden. In Para-
guay sind Albinos von Jaguaren vorgekommen; denn diese
Tiere, die man den schönen amerikanischen Panther nennen
könnte, haben zuweilen so blasse Flecken, daß man sie auf
dem ganz weißen Grunde kaum bemerkt. Beim schwarzen
Jaguar werden im Gegenteile die Flecken unsichtbar, weil
der Grund dunkel ist. Man müßte lange in dieser Gegend
leben und die Indianer in Esmeralda auf der gefährlichen
Tigerjagd begleiten, um sich bestimmt darüber aussprechen
zu können, was bei ihnen Art und was nur Spielart ist.
Bei allen Säugetieren, besonders aber bei der großen Familie
der Affen, hat man, glaube ich, weniger auf die Farbenüber-
gänge bei einzelnen Exemplaren sein Augenmerk zu richten,
als auf den Trieb der Tiere, sich abzusondern und Rudel für
sich zu bilden.


1 Daß die großen Jaguare in einem Lande, wo es kein Vieh
gibt, so häufig sind, ist ziemlich auffallend. Die Tiger am oberen
Orinoko führen ein elendes Leben gegenüber denen in den Pampas
von Buenos Ayres, in den Lanos von Caracas und auf anderen
mit Herden von Hornvieh bedeckten Ebenen. In den spanischen
Kolonieen werden jährlich über 4000 Jaguare erlegt, von denen
manche die mittlere Größe des asiatischen Königstigers erreichen.
Buenos Ayres führte früher 2000 Jaguarhäute jährlich aus, die
bei den Pelzhändlern in Europa "große Pantherfelle" heißen.
2 Gmelin zählt dieses Tier unter dem Namen Felis discolor
auf. Es ist nicht zu verwechseln mit dem großen amerikanischen
Löwen, Felis concolor, der vom kleinen Löwen (Puma) der Anden
von Quito sehr verschieden ist.
A. v. Humboldt, Reise. IV. 7

ſchien alſo keinen merklichen Einfluß geäußert zu haben. Die
Jaguare ließen ſich die ganze Nacht hören. 1 Sie ſind in
dieſer Gegend zwiſchen dem Cerro Maraguaca, dem Unturan
und den Ufern des Pamoni ungemein häufig. Hier kommt
auch der ſchwarze Tiger 2 vor, von dem ich in Esmeralda
ſchöne Felle geſehen. Dieſes Tier iſt wegen ſeiner Stärke
und Wildheit vielberufen und es ſcheint noch größer zu ſein
als der gemeine Jaguar. Die ſchwarzen Flecken ſind auf
dem ſchwarzbraunen Grunde ſeines Felles kaum ſichtbar. Nach
der Angabe der Indianer ſind die ſchwarzen Tiger ſehr ſelten,
vermiſchen ſich nie mit den gemeinen Jaguaren und „ſind eine
andere Raſſe“. Ich glaube, Prinz Maximilian von Neuwied,
der die Zoologie von Amerika mit ſo vielen wichtigen Beob-
achtungen bereichert hat, iſt weiter nach Süd, im heißen
Landſtriche von Braſilien ebenſo berichtet worden. In Para-
guay ſind Albinos von Jaguaren vorgekommen; denn dieſe
Tiere, die man den ſchönen amerikaniſchen Panther nennen
könnte, haben zuweilen ſo blaſſe Flecken, daß man ſie auf
dem ganz weißen Grunde kaum bemerkt. Beim ſchwarzen
Jaguar werden im Gegenteile die Flecken unſichtbar, weil
der Grund dunkel iſt. Man müßte lange in dieſer Gegend
leben und die Indianer in Esmeralda auf der gefährlichen
Tigerjagd begleiten, um ſich beſtimmt darüber ausſprechen
zu können, was bei ihnen Art und was nur Spielart iſt.
Bei allen Säugetieren, beſonders aber bei der großen Familie
der Affen, hat man, glaube ich, weniger auf die Farbenüber-
gänge bei einzelnen Exemplaren ſein Augenmerk zu richten,
als auf den Trieb der Tiere, ſich abzuſondern und Rudel für
ſich zu bilden.


1 Daß die großen Jaguare in einem Lande, wo es kein Vieh
gibt, ſo häufig ſind, iſt ziemlich auffallend. Die Tiger am oberen
Orinoko führen ein elendes Leben gegenüber denen in den Pampas
von Buenos Ayres, in den Lanos von Caracas und auf anderen
mit Herden von Hornvieh bedeckten Ebenen. In den ſpaniſchen
Kolonieen werden jährlich über 4000 Jaguare erlegt, von denen
manche die mittlere Größe des aſiatiſchen Königstigers erreichen.
Buenos Ayres führte früher 2000 Jaguarhäute jährlich aus, die
bei den Pelzhändlern in Europa „große Pantherfelle“ heißen.
2 Gmelin zählt dieſes Tier unter dem Namen Felis discolor
auf. Es iſt nicht zu verwechſeln mit dem großen amerikaniſchen
Löwen, Felis concolor, der vom kleinen Löwen (Puma) der Anden
von Quito ſehr verſchieden iſt.
A. v. Humboldt, Reiſe. IV. 7
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[97/0105] ſchien alſo keinen merklichen Einfluß geäußert zu haben. Die Jaguare ließen ſich die ganze Nacht hören. 1 Sie ſind in dieſer Gegend zwiſchen dem Cerro Maraguaca, dem Unturan und den Ufern des Pamoni ungemein häufig. Hier kommt auch der ſchwarze Tiger 2 vor, von dem ich in Esmeralda ſchöne Felle geſehen. Dieſes Tier iſt wegen ſeiner Stärke und Wildheit vielberufen und es ſcheint noch größer zu ſein als der gemeine Jaguar. Die ſchwarzen Flecken ſind auf dem ſchwarzbraunen Grunde ſeines Felles kaum ſichtbar. Nach der Angabe der Indianer ſind die ſchwarzen Tiger ſehr ſelten, vermiſchen ſich nie mit den gemeinen Jaguaren und „ſind eine andere Raſſe“. Ich glaube, Prinz Maximilian von Neuwied, der die Zoologie von Amerika mit ſo vielen wichtigen Beob- achtungen bereichert hat, iſt weiter nach Süd, im heißen Landſtriche von Braſilien ebenſo berichtet worden. In Para- guay ſind Albinos von Jaguaren vorgekommen; denn dieſe Tiere, die man den ſchönen amerikaniſchen Panther nennen könnte, haben zuweilen ſo blaſſe Flecken, daß man ſie auf dem ganz weißen Grunde kaum bemerkt. Beim ſchwarzen Jaguar werden im Gegenteile die Flecken unſichtbar, weil der Grund dunkel iſt. Man müßte lange in dieſer Gegend leben und die Indianer in Esmeralda auf der gefährlichen Tigerjagd begleiten, um ſich beſtimmt darüber ausſprechen zu können, was bei ihnen Art und was nur Spielart iſt. Bei allen Säugetieren, beſonders aber bei der großen Familie der Affen, hat man, glaube ich, weniger auf die Farbenüber- gänge bei einzelnen Exemplaren ſein Augenmerk zu richten, als auf den Trieb der Tiere, ſich abzuſondern und Rudel für ſich zu bilden. 1 Daß die großen Jaguare in einem Lande, wo es kein Vieh gibt, ſo häufig ſind, iſt ziemlich auffallend. Die Tiger am oberen Orinoko führen ein elendes Leben gegenüber denen in den Pampas von Buenos Ayres, in den Lanos von Caracas und auf anderen mit Herden von Hornvieh bedeckten Ebenen. In den ſpaniſchen Kolonieen werden jährlich über 4000 Jaguare erlegt, von denen manche die mittlere Größe des aſiatiſchen Königstigers erreichen. Buenos Ayres führte früher 2000 Jaguarhäute jährlich aus, die bei den Pelzhändlern in Europa „große Pantherfelle“ heißen. 2 Gmelin zählt dieſes Tier unter dem Namen Felis discolor auf. Es iſt nicht zu verwechſeln mit dem großen amerikaniſchen Löwen, Felis concolor, der vom kleinen Löwen (Puma) der Anden von Quito ſehr verſchieden iſt. A. v. Humboldt, Reiſe. IV. 7

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/105>, abgerufen am 24.11.2024.