Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.liches Nahrungsmittel abgibt. So essen denn die Eingeborenen Sobald wir aus dem Pimichin in den Rio Negro ge- liches Nahrungsmittel abgibt. So eſſen denn die Eingeborenen Sobald wir aus dem Pimichin in den Rio Negro ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0280" n="272"/> liches Nahrungsmittel abgibt. So eſſen denn die Eingeborenen<lb/> im März Enten, im September Reiher. Sie konnten uns<lb/> nicht ſagen, was aus den <hi rendition="#g">Gavanes</hi> wird, wenn der Orinoko<lb/> ausgetreten iſt, und warum ſie die <hi rendition="#aq">Patos carateros</hi> auf<lb/> ihrer Wanderung vom Orinoko an den Rio Branco nicht be-<lb/> gleiten. Dieſes regelmäßige Ziehen der Vögel aus einem<lb/> Striche der Tropen in den anderen, in einer Zone, die das<lb/> ganze Jahr über dieſelbe Temperatur hat, iſt eine ziemlich<lb/> auffallende Erſcheinung. So kommen auch jedes Jahr, wenn<lb/> in Terra Firma die großen Flüſſe austreten, viele Schwärme<lb/> von Waſſervögeln vom Orinoko und ſeinen Nebenflüſſen an<lb/> die Südküſten der Antillen. Man muß annehmen, daß unter<lb/> den Tropen der Wechſel von Trockenheit und Näſſe auf die<lb/> Sitten der Tiere denſelben Einfluß hat, wie in unſerem<lb/> Himmelsſtriche bedeutende Temperaturwechſel. Die Sonnen-<lb/> wärme und die Inſektenjagd locken in den nördlichen Ländern<lb/> der Vereinigten Staaten und in Kanada die Kolibri bis zur<lb/> Breite von Paris und Berlin herauf; gleicherweiſe zieht der leich-<lb/> tere Fiſchfang die Schwimmvögel und die Stelzenläufer von<lb/> Nord nach Süd, vom Orinoko zum Amazonenſtrom. Nichts iſt<lb/> wunderbarer, und in geographiſcher Beziehung noch ſo dunkel<lb/> als die Wanderungen der Vögel nach ihrer Richtung, ihrer<lb/> Ausdehnung und ihrem Endziel.</p><lb/> <p>Sobald wir aus dem Pimichin in den Rio Negro ge-<lb/> langt und durch den kleinen Katarakt am Zuſammenfluß ge-<lb/> gangen waren, lag auf etwa 1 <hi rendition="#aq">km</hi> die Miſſion Maroa vor<lb/> uns. Dieſes Dorf mit 150 Indianern ſieht ſo ſauber und<lb/> wohlhabend aus, daß es angenehm auffällt. Wir kauften<lb/> daſelbſt ſchöne lebende Exemplare einiger Tucanarten (<hi rendition="#aq">Pia-<lb/> poco</hi>), mutiger Vögel, bei denen ſich die Intelligenz wie bei<lb/> unſeren zahmen Raben entwickelt. Oberhalb Maroa kamen<lb/> wir zuerſt rechts am Einfluſſe des Aquio, dann an dem des<lb/> Tomo vorbei; an letzterem Fluſſe wohnen die Cheruvichahenas-<lb/> indianer, von denen ich in San Francisco Solano ein paar<lb/> Familien geſehen habe. Derſelbe iſt ferner dadurch intereſſant,<lb/> daß er den heimlichen Verkehr mit den portugieſiſchen Be-<lb/> ſitzungen vermitteln hilft. Der Tomo kommt auf ſeinem<lb/> Laufe dem Rio Guaicia (Xie) ſehr nahe, und auf dieſem Wege<lb/> gelangen zuweilen flüchtige Indianer vom unteren Rio Negro<lb/> in die Miſſion Tomo. Wir betraten die Miſſion nicht, Pater<lb/> Zea erzählte uns aber lächelnd, die Indianer in Tomo und<lb/> in Maroa ſeien einmal in vollem Aufruhr geweſen, weil man<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [272/0280]
liches Nahrungsmittel abgibt. So eſſen denn die Eingeborenen
im März Enten, im September Reiher. Sie konnten uns
nicht ſagen, was aus den Gavanes wird, wenn der Orinoko
ausgetreten iſt, und warum ſie die Patos carateros auf
ihrer Wanderung vom Orinoko an den Rio Branco nicht be-
gleiten. Dieſes regelmäßige Ziehen der Vögel aus einem
Striche der Tropen in den anderen, in einer Zone, die das
ganze Jahr über dieſelbe Temperatur hat, iſt eine ziemlich
auffallende Erſcheinung. So kommen auch jedes Jahr, wenn
in Terra Firma die großen Flüſſe austreten, viele Schwärme
von Waſſervögeln vom Orinoko und ſeinen Nebenflüſſen an
die Südküſten der Antillen. Man muß annehmen, daß unter
den Tropen der Wechſel von Trockenheit und Näſſe auf die
Sitten der Tiere denſelben Einfluß hat, wie in unſerem
Himmelsſtriche bedeutende Temperaturwechſel. Die Sonnen-
wärme und die Inſektenjagd locken in den nördlichen Ländern
der Vereinigten Staaten und in Kanada die Kolibri bis zur
Breite von Paris und Berlin herauf; gleicherweiſe zieht der leich-
tere Fiſchfang die Schwimmvögel und die Stelzenläufer von
Nord nach Süd, vom Orinoko zum Amazonenſtrom. Nichts iſt
wunderbarer, und in geographiſcher Beziehung noch ſo dunkel
als die Wanderungen der Vögel nach ihrer Richtung, ihrer
Ausdehnung und ihrem Endziel.
Sobald wir aus dem Pimichin in den Rio Negro ge-
langt und durch den kleinen Katarakt am Zuſammenfluß ge-
gangen waren, lag auf etwa 1 km die Miſſion Maroa vor
uns. Dieſes Dorf mit 150 Indianern ſieht ſo ſauber und
wohlhabend aus, daß es angenehm auffällt. Wir kauften
daſelbſt ſchöne lebende Exemplare einiger Tucanarten (Pia-
poco), mutiger Vögel, bei denen ſich die Intelligenz wie bei
unſeren zahmen Raben entwickelt. Oberhalb Maroa kamen
wir zuerſt rechts am Einfluſſe des Aquio, dann an dem des
Tomo vorbei; an letzterem Fluſſe wohnen die Cheruvichahenas-
indianer, von denen ich in San Francisco Solano ein paar
Familien geſehen habe. Derſelbe iſt ferner dadurch intereſſant,
daß er den heimlichen Verkehr mit den portugieſiſchen Be-
ſitzungen vermitteln hilft. Der Tomo kommt auf ſeinem
Laufe dem Rio Guaicia (Xie) ſehr nahe, und auf dieſem Wege
gelangen zuweilen flüchtige Indianer vom unteren Rio Negro
in die Miſſion Tomo. Wir betraten die Miſſion nicht, Pater
Zea erzählte uns aber lächelnd, die Indianer in Tomo und
in Maroa ſeien einmal in vollem Aufruhr geweſen, weil man
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