Abrede, was sie nicht der Mühe wert gefunden zu untersuchen. Wenn unsere Fragen sie langweilten, so machten sie ihrerseits uns ärgerlich.
Wir haben schon oben die Bemerkung gemacht, daß zu- weilen dieselben chemischen Eigenschaften denselben Organen in verschiedenen Pflanzenfamilien zukommen, so daß diese Familien in verschiedenen Klimaten einander ersetzen. Die Einwohner des tropischen Amerika und Afrika gewinnen von mehreren Palmenarten das Oel, das uns der Olivenbaum gibt. Was die Nadelhölzer für die gemäßigte Zone, das sind die Terebinthaceen und Guttiferen für die heiße. In diesen Wäldern des heißen Erdstriches, wo es keine Fichte, keine Thuia, kein Taxodium, nicht einmal einen Podocarpus gibt, kommen Harze, Balsame, aromatisches Gummi von den Mo- ronobea-, Icica-, Amyrisarten. Das Einsammeln dieser Gummi und Harze ist ein Erwerbszweig für das Dorf Javita. Das berühmteste Harz heißt Mani; wir sahen mehrere Zentner schwere Klumpen desselben, die Kolophonium oder Mastix glichen. Der Baum, den die Paraginisindianer Mani nennen und den Bonpland für die Moronobea coccinea hält, liefert nur einen sehr kleinen Teil der Masse, die in den Handel von Angostura kommt. Das meiste kommt vom Mararo oder Caragna, der eine Amyris ist. Es ist ziemlich auf- fallend, daß der Name Mani, den Aublet aus dem Munde der Galibisindianer in Cayenne gehört hat, uns in Javita, 1300 km von französisch Guyana, wieder begegnete. Die Moronobea oder Symphonia bei Javita gibt ein gelbes Harz, der Caragna ein stark riechendes, schneeweißes Harz, das gelb wird, wo es innen an alter Rinde sitzt.
Wir gingen jeden Tag in den Wald, um zu sehen, ob es mit dem Transport unseres Fahrzeuges zu Land vorwärts ging. Dreiundzwanzig Indianer waren angestellt, dasselbe zu schleppen, wobei sie nacheinander Baumäste als Walzen unterlegten. Ein kleines Kanoe gelangt in einem oder andert- halb Tagen aus dem Tuamini in den Canno Pimichin, der in den Rio Negro fällt; aber unsere Piroge war sehr groß, und da sie noch einmal durch die Katarakte mußte, bedurfte es besonderer Vorsichtsmaßregeln, um die Reibung am Boden zu vermindern. Der Transport währte auch über vier Tage. Erst seit dem Jahre 1795 ist ein Weg durch den Wald an- gelegt. Die Indianer in Javita haben denselben zur Hälfte vollendet, die andere Hälfte haben die Indianer in Maroa,
Abrede, was ſie nicht der Mühe wert gefunden zu unterſuchen. Wenn unſere Fragen ſie langweilten, ſo machten ſie ihrerſeits uns ärgerlich.
Wir haben ſchon oben die Bemerkung gemacht, daß zu- weilen dieſelben chemiſchen Eigenſchaften denſelben Organen in verſchiedenen Pflanzenfamilien zukommen, ſo daß dieſe Familien in verſchiedenen Klimaten einander erſetzen. Die Einwohner des tropiſchen Amerika und Afrika gewinnen von mehreren Palmenarten das Oel, das uns der Olivenbaum gibt. Was die Nadelhölzer für die gemäßigte Zone, das ſind die Terebinthaceen und Guttiferen für die heiße. In dieſen Wäldern des heißen Erdſtriches, wo es keine Fichte, keine Thuia, kein Taxodium, nicht einmal einen Podocarpus gibt, kommen Harze, Balſame, aromatiſches Gummi von den Mo- ronobea-, Icica-, Amyrisarten. Das Einſammeln dieſer Gummi und Harze iſt ein Erwerbszweig für das Dorf Javita. Das berühmteſte Harz heißt Mani; wir ſahen mehrere Zentner ſchwere Klumpen desſelben, die Kolophonium oder Maſtix glichen. Der Baum, den die Paraginisindianer Mani nennen und den Bonpland für die Moronobea coccinea hält, liefert nur einen ſehr kleinen Teil der Maſſe, die in den Handel von Angoſtura kommt. Das meiſte kommt vom Mararo oder Caragna, der eine Amyris iſt. Es iſt ziemlich auf- fallend, daß der Name Mani, den Aublet aus dem Munde der Galibisindianer in Cayenne gehört hat, uns in Javita, 1300 km von franzöſiſch Guyana, wieder begegnete. Die Moronobea oder Symphonia bei Javita gibt ein gelbes Harz, der Caragna ein ſtark riechendes, ſchneeweißes Harz, das gelb wird, wo es innen an alter Rinde ſitzt.
Wir gingen jeden Tag in den Wald, um zu ſehen, ob es mit dem Transport unſeres Fahrzeuges zu Land vorwärts ging. Dreiundzwanzig Indianer waren angeſtellt, dasſelbe zu ſchleppen, wobei ſie nacheinander Baumäſte als Walzen unterlegten. Ein kleines Kanoe gelangt in einem oder andert- halb Tagen aus dem Tuamini in den Caño Pimichin, der in den Rio Negro fällt; aber unſere Piroge war ſehr groß, und da ſie noch einmal durch die Katarakte mußte, bedurfte es beſonderer Vorſichtsmaßregeln, um die Reibung am Boden zu vermindern. Der Transport währte auch über vier Tage. Erſt ſeit dem Jahre 1795 iſt ein Weg durch den Wald an- gelegt. Die Indianer in Javita haben denſelben zur Hälfte vollendet, die andere Hälfte haben die Indianer in Maroa,
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Abrede, was ſie nicht der Mühe wert gefunden zu unterſuchen.
Wenn unſere Fragen ſie langweilten, ſo machten ſie ihrerſeits
uns ärgerlich.
Wir haben ſchon oben die Bemerkung gemacht, daß zu-
weilen dieſelben chemiſchen Eigenſchaften denſelben Organen
in verſchiedenen Pflanzenfamilien zukommen, ſo daß dieſe
Familien in verſchiedenen Klimaten einander erſetzen. Die
Einwohner des tropiſchen Amerika und Afrika gewinnen von
mehreren Palmenarten das Oel, das uns der Olivenbaum
gibt. Was die Nadelhölzer für die gemäßigte Zone, das ſind
die Terebinthaceen und Guttiferen für die heiße. In dieſen
Wäldern des heißen Erdſtriches, wo es keine Fichte, keine
Thuia, kein Taxodium, nicht einmal einen Podocarpus gibt,
kommen Harze, Balſame, aromatiſches Gummi von den Mo-
ronobea-, Icica-, Amyrisarten. Das Einſammeln dieſer Gummi
und Harze iſt ein Erwerbszweig für das Dorf Javita. Das
berühmteſte Harz heißt Mani; wir ſahen mehrere Zentner
ſchwere Klumpen desſelben, die Kolophonium oder Maſtix
glichen. Der Baum, den die Paraginisindianer Mani nennen
und den Bonpland für die Moronobea coccinea hält, liefert
nur einen ſehr kleinen Teil der Maſſe, die in den Handel
von Angoſtura kommt. Das meiſte kommt vom Mararo
oder Caragna, der eine Amyris iſt. Es iſt ziemlich auf-
fallend, daß der Name Mani, den Aublet aus dem Munde
der Galibisindianer in Cayenne gehört hat, uns in Javita,
1300 km von franzöſiſch Guyana, wieder begegnete. Die
Moronobea oder Symphonia bei Javita gibt ein gelbes Harz,
der Caragna ein ſtark riechendes, ſchneeweißes Harz, das
gelb wird, wo es innen an alter Rinde ſitzt.
Wir gingen jeden Tag in den Wald, um zu ſehen, ob
es mit dem Transport unſeres Fahrzeuges zu Land vorwärts
ging. Dreiundzwanzig Indianer waren angeſtellt, dasſelbe
zu ſchleppen, wobei ſie nacheinander Baumäſte als Walzen
unterlegten. Ein kleines Kanoe gelangt in einem oder andert-
halb Tagen aus dem Tuamini in den Caño Pimichin, der in
den Rio Negro fällt; aber unſere Piroge war ſehr groß, und
da ſie noch einmal durch die Katarakte mußte, bedurfte es
beſonderer Vorſichtsmaßregeln, um die Reibung am Boden zu
vermindern. Der Transport währte auch über vier Tage.
Erſt ſeit dem Jahre 1795 iſt ein Weg durch den Wald an-
gelegt. Die Indianer in Javita haben denſelben zur Hälfte
vollendet, die andere Hälfte haben die Indianer in Maroa,
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/237>, abgerufen am 15.08.2024.
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