Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.
Ceiba) aufmerksam, der mitten in den Pflanzungen der In- Am 29. April. Die Luft war kühler; keine Zancudos,
Ceiba) aufmerkſam, der mitten in den Pflanzungen der In- Am 29. April. Die Luft war kühler; keine Zancudos, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0222" n="214"/> Ceiba</hi>) aufmerkſam, der mitten in den Pflanzungen der In-<lb/> dianer ſtand. Wir ſtiegen aus, um ihn zu meſſen: er war<lb/> gegen 40 <hi rendition="#aq">m</hi> hoch und hatte 4,5 bis 5 <hi rendition="#aq">m</hi> Durchmeſſer. Ein<lb/> ſo außerordentliches Wachstum fiel uns um ſo mehr auf, da<lb/> wir bisher am Atabapo nur kleine Bäume mit dünnem Stamm,<lb/> von weitem jungen Kirſchbäumen ähnlich, geſehen hatten.<lb/> Nach den Ausſagen der Indianer bilden dieſe kleinen Bäume<lb/> eine nur wenig verbreitete Gewächsgruppe. Sie werden durch<lb/> das Austreten des Fluſſes im Wachstum gehemmt; auf den<lb/> trockenen Strichen am Atabapo, Temi und Tuamini wächſt<lb/> dagegen vortreffliches Bauholz. Dieſe Wälder (und dieſer<lb/> Umſtand iſt wichtig, wenn man ſich von den <hi rendition="#g">Ebenen unter<lb/> dem Aequator am Rio Negro und Amazonenſtrom</hi><lb/> eine richtige Vorſtellung machen will), dieſe Wälder erſtrecken<lb/> ſich nicht ohne Unterbrechung oſtwärts und weſtwärts bis zum<lb/> Caſſiquiare und Guaviare; es liegen vielmehr die kahlen Sa-<lb/> vannen von Manuteſo und am Rio Inirida dazwiſchen. Am<lb/> Abend kamen wir nur mit Mühe gegen die Strömung vor-<lb/> wärts, und wir übernachteten in einem Gehölz etwas ober-<lb/> halb Mendaxari. Hier iſt wieder ein Granitfels, durch den<lb/> eine Quarzſchicht läuft; wir fanden eine Gruppe ſchöner,<lb/> ſchwarzer Schörlkriſtalle darin.</p><lb/> <p>Am 29. April. Die Luft war kühler; keine Zancudos,<lb/> aber der Himmel fortwährend bedeckt und ſternlos. Ich fing<lb/> an mich wieder auf den unteren Orinoko zu wünſchen. Bei der<lb/> ſtarken Strömung kamen wir wieder nur langſam vorwärts.<lb/> Einen großen Teil des Tages hielten wir an, um Pflanzen<lb/> zu ſuchen, und es war Nacht, als wir in der Miſſion San<lb/> Baltaſar ankamen, oder, wie die Mönche ſagen (da Baltaſar<lb/> nur der Name eines indianiſchen Häuptlings iſt), in der Miſſion<lb/> La divina Paſtora de Baltaſar de Atabapo. Wir wohnten<lb/> bei einem kataloniſchen Miſſionär, einem munteren, liebens-<lb/> würdigen Mann, der hier in der Wildnis ganz die ſeinem<lb/> Volksſtamm eigentümliche Thätigkeit entwickelte. Er hatte<lb/> einen ſchönen Garten angelegt, wo der europäiſche Feigen-<lb/> baum der Perſea, der Zitronenbaum dem Mamei zur Seite<lb/> ſtand. Das Dorf war nach einem regelmäßigen Plan gebaut,<lb/> wie man es in Norddeutſchland und im proteſtantiſchen Amerika<lb/> bei den Gemeinden der Mähriſchen Brüder ſieht. Die Pflan-<lb/> zungen der Indianer ſchienen beſſer gehalten als anderswo.<lb/> Hier ſahen wir zum erſtenmal den weißen, ſchwammigen Stoff,<lb/> den ich unter dem Namen <hi rendition="#g">Dapicho</hi> und <hi rendition="#g">Zapis</hi> bekannt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0222]
Ceiba) aufmerkſam, der mitten in den Pflanzungen der In-
dianer ſtand. Wir ſtiegen aus, um ihn zu meſſen: er war
gegen 40 m hoch und hatte 4,5 bis 5 m Durchmeſſer. Ein
ſo außerordentliches Wachstum fiel uns um ſo mehr auf, da
wir bisher am Atabapo nur kleine Bäume mit dünnem Stamm,
von weitem jungen Kirſchbäumen ähnlich, geſehen hatten.
Nach den Ausſagen der Indianer bilden dieſe kleinen Bäume
eine nur wenig verbreitete Gewächsgruppe. Sie werden durch
das Austreten des Fluſſes im Wachstum gehemmt; auf den
trockenen Strichen am Atabapo, Temi und Tuamini wächſt
dagegen vortreffliches Bauholz. Dieſe Wälder (und dieſer
Umſtand iſt wichtig, wenn man ſich von den Ebenen unter
dem Aequator am Rio Negro und Amazonenſtrom
eine richtige Vorſtellung machen will), dieſe Wälder erſtrecken
ſich nicht ohne Unterbrechung oſtwärts und weſtwärts bis zum
Caſſiquiare und Guaviare; es liegen vielmehr die kahlen Sa-
vannen von Manuteſo und am Rio Inirida dazwiſchen. Am
Abend kamen wir nur mit Mühe gegen die Strömung vor-
wärts, und wir übernachteten in einem Gehölz etwas ober-
halb Mendaxari. Hier iſt wieder ein Granitfels, durch den
eine Quarzſchicht läuft; wir fanden eine Gruppe ſchöner,
ſchwarzer Schörlkriſtalle darin.
Am 29. April. Die Luft war kühler; keine Zancudos,
aber der Himmel fortwährend bedeckt und ſternlos. Ich fing
an mich wieder auf den unteren Orinoko zu wünſchen. Bei der
ſtarken Strömung kamen wir wieder nur langſam vorwärts.
Einen großen Teil des Tages hielten wir an, um Pflanzen
zu ſuchen, und es war Nacht, als wir in der Miſſion San
Baltaſar ankamen, oder, wie die Mönche ſagen (da Baltaſar
nur der Name eines indianiſchen Häuptlings iſt), in der Miſſion
La divina Paſtora de Baltaſar de Atabapo. Wir wohnten
bei einem kataloniſchen Miſſionär, einem munteren, liebens-
würdigen Mann, der hier in der Wildnis ganz die ſeinem
Volksſtamm eigentümliche Thätigkeit entwickelte. Er hatte
einen ſchönen Garten angelegt, wo der europäiſche Feigen-
baum der Perſea, der Zitronenbaum dem Mamei zur Seite
ſtand. Das Dorf war nach einem regelmäßigen Plan gebaut,
wie man es in Norddeutſchland und im proteſtantiſchen Amerika
bei den Gemeinden der Mähriſchen Brüder ſieht. Die Pflan-
zungen der Indianer ſchienen beſſer gehalten als anderswo.
Hier ſahen wir zum erſtenmal den weißen, ſchwammigen Stoff,
den ich unter dem Namen Dapicho und Zapis bekannt
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