Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.Nebenflüsse zur Hand sind, wie man auf dem kürzesten Wege Am Rio Negro waren die Stämme der Marepizanas und Nebenflüſſe zur Hand ſind, wie man auf dem kürzeſten Wege Am Rio Negro waren die Stämme der Marepizanas und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0210" n="202"/> Nebenflüſſe zur Hand ſind, wie man auf dem kürzeſten Wege<lb/> ans Ziel kommt. Die Kariben hatten die Cabres geſchlagen<lb/> und beinahe ausgerottet; waren ſie jetzt aber Herren am<lb/> unteren Orinoko, ſo ſtießen ſie auf Wiederſtand bei den Guay-<lb/> punabis, die ſich am oberen Orinoko die Herrſchaft errungen<lb/> hatten und neben den Cabres, Manitivitanos und Parenis<lb/> die ärgſten Anthropophagen in dieſem Landſtrich ſind. Sie<lb/> waren urſprünglich am großen Fluſſe Inirida bei ſeiner Ver-<lb/> einigung mit dem Chamochiquini und im Gebirgslande von<lb/> Mabicore zu Hauſe. Um das Jahr 1744 hieß ihr Häupt-<lb/> ling oder, wie die Eingeborenen ſagen, ihr <hi rendition="#g">Apoto</hi> (König),<lb/> Macapu, ein Mann, durch Geiſteskraft und Mut gleich aus-<lb/> gezeichnet. Er war mit einem Teile ſeiner Nation an den<lb/> Atabapo gekommen, und als der Jeſuit Roman ſeinen merk-<lb/> würdigen Zug vom Orinoko an den Rio Negro machte, ge-<lb/> ſtattete Macapu, daß der Miſſionär einige Familien Guay-<lb/> punabis mitnahm, um ſie in Uriana und beim Katarakt von<lb/> Maypures anzuſiedeln. Dieſe Nation gehört der Sprache nach<lb/> dem großen Volksſtamme der Maypures an; ſie iſt gewerb-<lb/> fleißiger, man könnte beinahe ſagen civiliſierter als die anderen<lb/> Völker am oberen Orinoko. Nach dem Berichte der Miſſionäre<lb/> waren die Guaypunabis, als ſie in dieſen Ländern die Herren<lb/> ſpielten, faſt alle bekleidet und beſaßen anſehnliche Dörfer.<lb/> Nach Macapus Tode ging das Regiment auf einen anderen<lb/> Krieger über, auf Cuſeru, von den Spaniern Kapitän Cru-<lb/> zero genannt. Er hatte am Inirida Verteidigungslinien und<lb/> eine Art Fort aus Erde und Holz angelegt. Die Pfähle<lb/> waren über 5 <hi rendition="#aq">m</hi> hoch und umgaben das Haus des <hi rendition="#g">Apoto</hi>,<lb/> ſowie eine Niederlage von Bogen und Pfeilen. Pater Forneri<lb/> beſchreibt dieſe in einem ſonſt ſo wilden Lande merkwürdigen<lb/> Anlagen.</p><lb/> <p>Am Rio Negro waren die Stämme der Marepizanas und<lb/> Manitivitanos die mächtigſten. Die Häuptlinge der erſteren<lb/> waren ums Jahr 1750 zwei Krieger Namens Imu und Ca-<lb/> jamu; der König der Manitivitanos war Cocuy, vielberufen<lb/> wegen ſeiner Grauſamkeit und ſeiner raffinierten Schwelgerei.<lb/> Zu meiner Zeit lebte noch ſeine Schweſter in der Nähe der<lb/> Miſſion Maypure. Man lächelt, wenn man hört, daß Männer<lb/> wie Cuſeru, Imu und Cocuy hierzulande ſo berühmt ſind<lb/> wie in Indien die Holkar, Tippo und die mächtigſten Fürſten.<lb/> Die Häuptlinge der Guaypunabis und Manitivitanos fochten<lb/> mit kleinen Haufen von 200 bis 300 Mann; aber in der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [202/0210]
Nebenflüſſe zur Hand ſind, wie man auf dem kürzeſten Wege
ans Ziel kommt. Die Kariben hatten die Cabres geſchlagen
und beinahe ausgerottet; waren ſie jetzt aber Herren am
unteren Orinoko, ſo ſtießen ſie auf Wiederſtand bei den Guay-
punabis, die ſich am oberen Orinoko die Herrſchaft errungen
hatten und neben den Cabres, Manitivitanos und Parenis
die ärgſten Anthropophagen in dieſem Landſtrich ſind. Sie
waren urſprünglich am großen Fluſſe Inirida bei ſeiner Ver-
einigung mit dem Chamochiquini und im Gebirgslande von
Mabicore zu Hauſe. Um das Jahr 1744 hieß ihr Häupt-
ling oder, wie die Eingeborenen ſagen, ihr Apoto (König),
Macapu, ein Mann, durch Geiſteskraft und Mut gleich aus-
gezeichnet. Er war mit einem Teile ſeiner Nation an den
Atabapo gekommen, und als der Jeſuit Roman ſeinen merk-
würdigen Zug vom Orinoko an den Rio Negro machte, ge-
ſtattete Macapu, daß der Miſſionär einige Familien Guay-
punabis mitnahm, um ſie in Uriana und beim Katarakt von
Maypures anzuſiedeln. Dieſe Nation gehört der Sprache nach
dem großen Volksſtamme der Maypures an; ſie iſt gewerb-
fleißiger, man könnte beinahe ſagen civiliſierter als die anderen
Völker am oberen Orinoko. Nach dem Berichte der Miſſionäre
waren die Guaypunabis, als ſie in dieſen Ländern die Herren
ſpielten, faſt alle bekleidet und beſaßen anſehnliche Dörfer.
Nach Macapus Tode ging das Regiment auf einen anderen
Krieger über, auf Cuſeru, von den Spaniern Kapitän Cru-
zero genannt. Er hatte am Inirida Verteidigungslinien und
eine Art Fort aus Erde und Holz angelegt. Die Pfähle
waren über 5 m hoch und umgaben das Haus des Apoto,
ſowie eine Niederlage von Bogen und Pfeilen. Pater Forneri
beſchreibt dieſe in einem ſonſt ſo wilden Lande merkwürdigen
Anlagen.
Am Rio Negro waren die Stämme der Marepizanas und
Manitivitanos die mächtigſten. Die Häuptlinge der erſteren
waren ums Jahr 1750 zwei Krieger Namens Imu und Ca-
jamu; der König der Manitivitanos war Cocuy, vielberufen
wegen ſeiner Grauſamkeit und ſeiner raffinierten Schwelgerei.
Zu meiner Zeit lebte noch ſeine Schweſter in der Nähe der
Miſſion Maypure. Man lächelt, wenn man hört, daß Männer
wie Cuſeru, Imu und Cocuy hierzulande ſo berühmt ſind
wie in Indien die Holkar, Tippo und die mächtigſten Fürſten.
Die Häuptlinge der Guaypunabis und Manitivitanos fochten
mit kleinen Haufen von 200 bis 300 Mann; aber in der
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