Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.Zweiundzwanzigstes Kapitel. San Fernando de Atabapo. -- San Baltasar. -- Die Flüsse Temi Wir hatten in der Nacht fast unvermerkt die Gewässer Zweiundzwanzigſtes Kapitel. San Fernando de Atabapo. — San Baltaſar. — Die Flüſſe Temi Wir hatten in der Nacht faſt unvermerkt die Gewäſſer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0205" n="[197]"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zweiundzwanzigſtes Kapitel.</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#c">San Fernando de Atabapo. — San Baltaſar. — Die Flüſſe Temi<lb/> und Tuamini. — Javita. — Trageplatz zwiſchen dem Tuamini und<lb/> dem Rio Negro.</hi> </p> </argument><lb/> <p>Wir hatten in der Nacht faſt unvermerkt die Gewäſſer<lb/> des Orinoko verlaſſen und ſahen uns bei Sonnenaufgang wie<lb/> in ein anderes Land verſetzt, am Ufer eines Fluſſes, deſſen<lb/> Namen wir faſt noch nie hatten ausſprechen hören, und auf<lb/> dem wir über den Trageplatz am Pimichin zum Rio Negro<lb/> an der Grenze Braſiliens gelangen ſollten. „Sie müſſen,“<lb/> ſagte uns der Präſident der Miſſionen, der in San Fernando<lb/> ſeinen Sitz hat, „zuerſt den Atabapo, dann den Temi, endlich<lb/> den Tuamini hinauffahren. Können Sie bei der ſtarken<lb/> Strömung der <hi rendition="#g">ſchwarzen Waſſer</hi> nicht mehr weiter kommen,<lb/> ſo führt man Sie vom Flußbett weg durch die Wälder, die<lb/> Sie unter Waſſer finden werden. Auf dieſem wüſten Land-<lb/> ſtrich zwiſchen Orinoko und Rio Negro leben nur zwei Mönche,<lb/> aber in Javita finden Sie die Mittel, um Ihre Piroge vier<lb/> Tagereiſen weit über Land zum Caño Pimichin ziehen zu<lb/> laſſen. Zerbricht ſie nicht, ſo fahren Sie ohne Anſtand den<lb/> Rio Negro (von Nordweſt nach Südoſt) hinunter bis zur<lb/> Schanze San Carlos, ſodann den Caſſiquiare (von Süd nach<lb/> Nord) herauf und kommen in Monatsfriſt über den oberen<lb/> Orinoko (von Oſt nach Weſt) wieder nach San Fernando.“<lb/> Dieſen Plan entwarf man uns für unſere Flußfahrt, und<lb/> wir führten ihn nicht ohne Beſchwerden, aber immer leicht<lb/> und ohne Gefahr in 33 Tagen aus. Die Krümmungen in<lb/> dieſem Flußlabyrinth ſind ſo ſtark, daß man ſich ohne die<lb/> Reiſekarte, die ich entworfen, vom Wege, auf dem wir von<lb/> der Küſte von Caracas durch das innere Land an die Grenzen<lb/> der Capitania General von Gran-Para gelangt ſind, ſo gut<lb/> als keine Vorſtellung machen könnte. Für diejenigen, welche<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[197]/0205]
Zweiundzwanzigſtes Kapitel.
San Fernando de Atabapo. — San Baltaſar. — Die Flüſſe Temi
und Tuamini. — Javita. — Trageplatz zwiſchen dem Tuamini und
dem Rio Negro.
Wir hatten in der Nacht faſt unvermerkt die Gewäſſer
des Orinoko verlaſſen und ſahen uns bei Sonnenaufgang wie
in ein anderes Land verſetzt, am Ufer eines Fluſſes, deſſen
Namen wir faſt noch nie hatten ausſprechen hören, und auf
dem wir über den Trageplatz am Pimichin zum Rio Negro
an der Grenze Braſiliens gelangen ſollten. „Sie müſſen,“
ſagte uns der Präſident der Miſſionen, der in San Fernando
ſeinen Sitz hat, „zuerſt den Atabapo, dann den Temi, endlich
den Tuamini hinauffahren. Können Sie bei der ſtarken
Strömung der ſchwarzen Waſſer nicht mehr weiter kommen,
ſo führt man Sie vom Flußbett weg durch die Wälder, die
Sie unter Waſſer finden werden. Auf dieſem wüſten Land-
ſtrich zwiſchen Orinoko und Rio Negro leben nur zwei Mönche,
aber in Javita finden Sie die Mittel, um Ihre Piroge vier
Tagereiſen weit über Land zum Caño Pimichin ziehen zu
laſſen. Zerbricht ſie nicht, ſo fahren Sie ohne Anſtand den
Rio Negro (von Nordweſt nach Südoſt) hinunter bis zur
Schanze San Carlos, ſodann den Caſſiquiare (von Süd nach
Nord) herauf und kommen in Monatsfriſt über den oberen
Orinoko (von Oſt nach Weſt) wieder nach San Fernando.“
Dieſen Plan entwarf man uns für unſere Flußfahrt, und
wir führten ihn nicht ohne Beſchwerden, aber immer leicht
und ohne Gefahr in 33 Tagen aus. Die Krümmungen in
dieſem Flußlabyrinth ſind ſo ſtark, daß man ſich ohne die
Reiſekarte, die ich entworfen, vom Wege, auf dem wir von
der Küſte von Caracas durch das innere Land an die Grenzen
der Capitania General von Gran-Para gelangt ſind, ſo gut
als keine Vorſtellung machen könnte. Für diejenigen, welche
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