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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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denen des Tomo auf den Ebenen südwärts von Casimena.
Wenigstens ist wohl nicht zweifelhaft, daß die frühesten Mis-
sionen an den Ufern des Vichada von Jesuiten aus den Mis-
sionen am Casanare gegründet worden sind. Noch in neuester
Zeit sah man flüchtige Indianer von Santa Rosalia de Caba-
puna, einem Dorfe am Meta, über den Rio Vichada an
den Katarakt von Maypures kommen, was darauf hinweist,
daß die Quellen desselben nicht sehr weit vom Meta sein
können. Pater Gumilla hat uns die Namen mehrerer deutscher
und spanischer Jesuiten aufbewahrt, die im Jahre 1734 an
den jetzt öden Ufern des Vichada von der Hand der Kariben
als Opfer ihres religiösen Eifers fielen.

Nachdem wir zuerst gegen Ost am Canno Pirajavi, sodann
gegen West an einem kleinen Fluß vorübergekommen, der nach
der Aussage der Indianer aus einem See Namens Nao ent-
springt, übernachteten wir am Ufer des Orinoko, beim Einfluß
des Zama, eines sehr ansehnlichen Flusses, der so unbekannt
ist als der Rio Vichada. Trotz des schwarzen Wassers des
Zama hatten wir viel von den Insekten auszustehen. Die
Nacht war schön; in den niederen Luftregionen wehte kein
Lüftchen, aber gegen 2 Uhr sahen wir dicke Wolken rasch von
Ost nach West durch den Zenith gehen. Als sie beim Nieder-
gehen gegen den Horizont vor die großen Nebelflecken im
Schützen oder im Schiff traten, erschienen sie schwarzblau.
Die Nebelflecken sind nie lichtstärker, als wenn sie zum Teil
von Wolkenstreifen bedeckt sind. Wir beobachten in Europa
dieselbe Erscheinung an der Milchstraße, beim Nordlicht, wenn
es im Silberlicht strahlt, endlich bei Sonnenauf- und Untergang
an dem Stück des Himmels, das weiß wird aus Ursachen,
welche die Physik noch nicht gehörig ermittelt hat.

Kein Mensch kennt den weiten Landstrich zwischen Meta,
Vichada und Guaviare weiter als auf 4 bis 5 km vom Ufer.
Man glaubt, daß hier wilde Indianer vom Stamme der Chi-
ricoas hausen, die glücklicherweise keine Kanoen bauen. Früher,
als noch die Kariben und ihre Feinde, die Cabres, mit ihren
Geschwadern von Flößen und Pirogen hier umherzogen,
wäre es unvorsichtig gewesen, an der Mündung eines Flusses
zu übernachten, der aus Westen kommt. Gegenwärtig, da
die kleinen Niederlassungen der Europäer die unabhängigen
Indianer von den Ufern des oberen Orinoko verdrängt haben,
ist dieser Landstrich so öde, daß uns von Carichana bis Ja-
vita und von Esmeralda bis San Fernando de Atabapo,

denen des Tomo auf den Ebenen ſüdwärts von Caſimena.
Wenigſtens iſt wohl nicht zweifelhaft, daß die früheſten Miſ-
ſionen an den Ufern des Vichada von Jeſuiten aus den Miſ-
ſionen am Caſanare gegründet worden ſind. Noch in neueſter
Zeit ſah man flüchtige Indianer von Santa Roſalia de Caba-
puna, einem Dorfe am Meta, über den Rio Vichada an
den Katarakt von Maypures kommen, was darauf hinweiſt,
daß die Quellen desſelben nicht ſehr weit vom Meta ſein
können. Pater Gumilla hat uns die Namen mehrerer deutſcher
und ſpaniſcher Jeſuiten aufbewahrt, die im Jahre 1734 an
den jetzt öden Ufern des Vichada von der Hand der Kariben
als Opfer ihres religiöſen Eifers fielen.

Nachdem wir zuerſt gegen Oſt am Caño Pirajavi, ſodann
gegen Weſt an einem kleinen Fluß vorübergekommen, der nach
der Ausſage der Indianer aus einem See Namens Nao ent-
ſpringt, übernachteten wir am Ufer des Orinoko, beim Einfluß
des Zama, eines ſehr anſehnlichen Fluſſes, der ſo unbekannt
iſt als der Rio Vichada. Trotz des ſchwarzen Waſſers des
Zama hatten wir viel von den Inſekten auszuſtehen. Die
Nacht war ſchön; in den niederen Luftregionen wehte kein
Lüftchen, aber gegen 2 Uhr ſahen wir dicke Wolken raſch von
Oſt nach Weſt durch den Zenith gehen. Als ſie beim Nieder-
gehen gegen den Horizont vor die großen Nebelflecken im
Schützen oder im Schiff traten, erſchienen ſie ſchwarzblau.
Die Nebelflecken ſind nie lichtſtärker, als wenn ſie zum Teil
von Wolkenſtreifen bedeckt ſind. Wir beobachten in Europa
dieſelbe Erſcheinung an der Milchſtraße, beim Nordlicht, wenn
es im Silberlicht ſtrahlt, endlich bei Sonnenauf- und Untergang
an dem Stück des Himmels, das weiß wird aus Urſachen,
welche die Phyſik noch nicht gehörig ermittelt hat.

Kein Menſch kennt den weiten Landſtrich zwiſchen Meta,
Vichada und Guaviare weiter als auf 4 bis 5 km vom Ufer.
Man glaubt, daß hier wilde Indianer vom Stamme der Chi-
ricoas hauſen, die glücklicherweiſe keine Kanoen bauen. Früher,
als noch die Kariben und ihre Feinde, die Cabres, mit ihren
Geſchwadern von Flößen und Pirogen hier umherzogen,
wäre es unvorſichtig geweſen, an der Mündung eines Fluſſes
zu übernachten, der aus Weſten kommt. Gegenwärtig, da
die kleinen Niederlaſſungen der Europäer die unabhängigen
Indianer von den Ufern des oberen Orinoko verdrängt haben,
iſt dieſer Landſtrich ſo öde, daß uns von Carichana bis Ja-
vita und von Esmeralda bis San Fernando de Atabapo,

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[191/0199] denen des Tomo auf den Ebenen ſüdwärts von Caſimena. Wenigſtens iſt wohl nicht zweifelhaft, daß die früheſten Miſ- ſionen an den Ufern des Vichada von Jeſuiten aus den Miſ- ſionen am Caſanare gegründet worden ſind. Noch in neueſter Zeit ſah man flüchtige Indianer von Santa Roſalia de Caba- puna, einem Dorfe am Meta, über den Rio Vichada an den Katarakt von Maypures kommen, was darauf hinweiſt, daß die Quellen desſelben nicht ſehr weit vom Meta ſein können. Pater Gumilla hat uns die Namen mehrerer deutſcher und ſpaniſcher Jeſuiten aufbewahrt, die im Jahre 1734 an den jetzt öden Ufern des Vichada von der Hand der Kariben als Opfer ihres religiöſen Eifers fielen. Nachdem wir zuerſt gegen Oſt am Caño Pirajavi, ſodann gegen Weſt an einem kleinen Fluß vorübergekommen, der nach der Ausſage der Indianer aus einem See Namens Nao ent- ſpringt, übernachteten wir am Ufer des Orinoko, beim Einfluß des Zama, eines ſehr anſehnlichen Fluſſes, der ſo unbekannt iſt als der Rio Vichada. Trotz des ſchwarzen Waſſers des Zama hatten wir viel von den Inſekten auszuſtehen. Die Nacht war ſchön; in den niederen Luftregionen wehte kein Lüftchen, aber gegen 2 Uhr ſahen wir dicke Wolken raſch von Oſt nach Weſt durch den Zenith gehen. Als ſie beim Nieder- gehen gegen den Horizont vor die großen Nebelflecken im Schützen oder im Schiff traten, erſchienen ſie ſchwarzblau. Die Nebelflecken ſind nie lichtſtärker, als wenn ſie zum Teil von Wolkenſtreifen bedeckt ſind. Wir beobachten in Europa dieſelbe Erſcheinung an der Milchſtraße, beim Nordlicht, wenn es im Silberlicht ſtrahlt, endlich bei Sonnenauf- und Untergang an dem Stück des Himmels, das weiß wird aus Urſachen, welche die Phyſik noch nicht gehörig ermittelt hat. Kein Menſch kennt den weiten Landſtrich zwiſchen Meta, Vichada und Guaviare weiter als auf 4 bis 5 km vom Ufer. Man glaubt, daß hier wilde Indianer vom Stamme der Chi- ricoas hauſen, die glücklicherweiſe keine Kanoen bauen. Früher, als noch die Kariben und ihre Feinde, die Cabres, mit ihren Geſchwadern von Flößen und Pirogen hier umherzogen, wäre es unvorſichtig geweſen, an der Mündung eines Fluſſes zu übernachten, der aus Weſten kommt. Gegenwärtig, da die kleinen Niederlaſſungen der Europäer die unabhängigen Indianer von den Ufern des oberen Orinoko verdrängt haben, iſt dieſer Landſtrich ſo öde, daß uns von Carichana bis Ja- vita und von Esmeralda bis San Fernando de Atabapo,

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/199>, abgerufen am 23.11.2024.