Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.und Gewürznelkenöl. Der kräftige Körper des Wilden, in Zu den eben bezeichneten Ursachen kommen andere wesent- Der Pater Guardian der Franziskaner sah mit Schrecken, und Gewürznelkenöl. Der kräftige Körper des Wilden, in Zu den eben bezeichneten Urſachen kommen andere weſent- Der Pater Guardian der Franziskaner ſah mit Schrecken, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0124" n="116"/> und Gewürznelkenöl. Der kräftige Körper des Wilden, in<lb/> dem die verſchiedenen organiſchen Syſteme unabhängiger von-<lb/> einander ſind, widerſteht beſſer und länger übermäßigen Reizen<lb/> und dem Gebrauch dem Leben feindlicher Subſtanzen, als die<lb/> ſchwache Konſtitution des civiliſierten Menſchen. Ich glaubte<lb/> mich in dieſe nicht ſehr erfreulichen pathologiſchen Betrach-<lb/> tungen einlaſſen zu müſſen, weil ſie auf eine der Urſachen<lb/> hinweiſen, aus denen im verſunkenſten Zuſtande unſeres Ge-<lb/> ſchlechtes, wie auf der höchſten Stufe der Kultur, die Be-<lb/> völkerung kaum merklich zunimmt.</p><lb/> <p>Zu den eben bezeichneten Urſachen kommen andere weſent-<lb/> lich verſchiedene. Im Kollegium für die Miſſionen von Piritu<lb/> zu Nueva Barcelona hat man die Bemerkung gemacht, daß<lb/> in den an ſehr trockenen Orten gelegenen Indianerdörfern<lb/> immer auffallend mehr Kinder geboren werden als an den<lb/> Dörfern an Flußufern. Die Sitte der indianiſchen Weiber,<lb/> mehreremal am Tage, bei Sonnenaufgang und nach Sonnen-<lb/> untergang, alſo wenn die Luft am kühlſten iſt, zu baden,<lb/> ſcheint die Konſtitution zu ſchwächen.</p><lb/> <p>Der Pater Guardian der Franziskaner ſah mit Schrecken,<lb/> wie raſch die Bevölkerung in den beiden Dörfern an den Ka-<lb/> tarakten abnahm und ſchlug daher vor einigen Jahren dem<lb/> Statthalter der Provinz in Angoſtura vor, die Indianer durch<lb/> Neger zu erſetzen. Bekanntlich dauert die afrikaniſche Raſſe<lb/> in heißem und feuchtem Klima vortrefflich aus. Eine Nieder-<lb/> laſſung freier Neger am ungeſunden Ufer des Caura in der<lb/> Miſſion San Luis Guaraguaraico gedeiht ganz gut, und ſie<lb/> bekommen ausnehmend reiche Maisernten. Der Pater Guardian<lb/> beabſichtigte einen Teil dieſer ſchwarzen Koloniſten an die Ka-<lb/> tarakte des Orinoko zu verpflanzen, oder aber Sklaven auf<lb/> den Antillen zu kaufen und ſie, wie man am Caura gethan,<lb/> mit Negern, die aus Eſſequibo entlaufen, anzuſiedeln. Wahr-<lb/> ſcheinlich wäre der Plan ganz gut gelungen. Derſelbe er-<lb/> innerte im kleinen an die Niederlaſſungen in Sierra Leone;<lb/> es war Ausſicht vorhanden, daß der Zuſtand der Schwarzen<lb/> ſich damit verbeſſerte und ſo das Chriſtentum zu ſeinem ur-<lb/> ſprünglichen Ziele, Förderung des Glückes und der Freiheit<lb/> der unterſten Volksklaſſen, wieder hingeführt wurde. Ein<lb/> kleines Mißverſtändnis vereitelte die Sache. Der Statthalter<lb/> erwiderte den Mönchen: „Da man für das Leben der Neger<lb/> ſo wenig bürgen könne als für das der Indianer, ſo erſcheine<lb/> es nicht als gerecht, jene zur Niederlaſſung in den Dörfern<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0124]
und Gewürznelkenöl. Der kräftige Körper des Wilden, in
dem die verſchiedenen organiſchen Syſteme unabhängiger von-
einander ſind, widerſteht beſſer und länger übermäßigen Reizen
und dem Gebrauch dem Leben feindlicher Subſtanzen, als die
ſchwache Konſtitution des civiliſierten Menſchen. Ich glaubte
mich in dieſe nicht ſehr erfreulichen pathologiſchen Betrach-
tungen einlaſſen zu müſſen, weil ſie auf eine der Urſachen
hinweiſen, aus denen im verſunkenſten Zuſtande unſeres Ge-
ſchlechtes, wie auf der höchſten Stufe der Kultur, die Be-
völkerung kaum merklich zunimmt.
Zu den eben bezeichneten Urſachen kommen andere weſent-
lich verſchiedene. Im Kollegium für die Miſſionen von Piritu
zu Nueva Barcelona hat man die Bemerkung gemacht, daß
in den an ſehr trockenen Orten gelegenen Indianerdörfern
immer auffallend mehr Kinder geboren werden als an den
Dörfern an Flußufern. Die Sitte der indianiſchen Weiber,
mehreremal am Tage, bei Sonnenaufgang und nach Sonnen-
untergang, alſo wenn die Luft am kühlſten iſt, zu baden,
ſcheint die Konſtitution zu ſchwächen.
Der Pater Guardian der Franziskaner ſah mit Schrecken,
wie raſch die Bevölkerung in den beiden Dörfern an den Ka-
tarakten abnahm und ſchlug daher vor einigen Jahren dem
Statthalter der Provinz in Angoſtura vor, die Indianer durch
Neger zu erſetzen. Bekanntlich dauert die afrikaniſche Raſſe
in heißem und feuchtem Klima vortrefflich aus. Eine Nieder-
laſſung freier Neger am ungeſunden Ufer des Caura in der
Miſſion San Luis Guaraguaraico gedeiht ganz gut, und ſie
bekommen ausnehmend reiche Maisernten. Der Pater Guardian
beabſichtigte einen Teil dieſer ſchwarzen Koloniſten an die Ka-
tarakte des Orinoko zu verpflanzen, oder aber Sklaven auf
den Antillen zu kaufen und ſie, wie man am Caura gethan,
mit Negern, die aus Eſſequibo entlaufen, anzuſiedeln. Wahr-
ſcheinlich wäre der Plan ganz gut gelungen. Derſelbe er-
innerte im kleinen an die Niederlaſſungen in Sierra Leone;
es war Ausſicht vorhanden, daß der Zuſtand der Schwarzen
ſich damit verbeſſerte und ſo das Chriſtentum zu ſeinem ur-
ſprünglichen Ziele, Förderung des Glückes und der Freiheit
der unterſten Volksklaſſen, wieder hingeführt wurde. Ein
kleines Mißverſtändnis vereitelte die Sache. Der Statthalter
erwiderte den Mönchen: „Da man für das Leben der Neger
ſo wenig bürgen könne als für das der Indianer, ſo erſcheine
es nicht als gerecht, jene zur Niederlaſſung in den Dörfern
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